Der fünfte Debattenbeitrag zum aktuellen Ukraine-Konflikt. Der Autor stellt darin die Ansicht, dass rechte Kräfte in der Ukraine lediglich als „nützliche Idioten“ des Westens agieren würden, in Frage und zieht dazu eine historische Parallele zu den deutschen Freikorps der 1920er Jahre.
Im Rahmen des Ukraine-Konfliktes hat Facebook unlängst angekündigt, die Zensur des nationalistischen Freiwilligen-Bataillons „Azov“ zu beenden. Für viele Anhänger alternativer Medien ein Zeichen, dass es sich bei den freiwilligen Kämpfern auf der ukrainischen Seite lediglich um „nützliche Idioten“ des Westens handelt. Doch eine historische Parallele mit den deutschen Freikorps zeigt: auch eine andere Interpretation ist möglich.
Das Scheitern der Freikorps
Als nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in Deutschland Kommunisten Aufstände probten und die deutsche Grenze im Osten brannte, war die Zeit der Freikorps gekommen. Diese rekrutierten sich einerseits aus heimgekehrten Frontsoldaten und andererseits aus jungen Idealisten, denen der Kriegseinsatz verwehrt blieb und deren junges Blut nun nach Taten dürstete. Eine nüchterne Bestandsaufnahme zeigt: die sozialdemokratische Regierung der Weimarer Republik nutzte sie zum Kampf gegen die kommunistischen Aufständischen und Großbritannien zur Bekämpfung der vordringenden Sowjets im Osten. Nach getaner Arbeit wurden sie fallen gelassen und 1921 verboten. Viele wurden verfolgt und in den politischen Untergrund gedrängt.
Alles umsonst?
War also alles umsonst gewesen? Haben die Freikorps damit lediglich die Rolle des „nützlichen Idioten“ des Westens (= der Sozialdemokratie und Großbritanniens) gespielt und damit nichts erreicht? Keineswegs. Durch den Einsatz in den Freikorps hat eine ganze Generation junger Männer elementare Erfahrungen gewonnen und eine entscheidende politische Prägung erhalten. Die Zeit in den Freikorps war für viele der Beginn einer politischen und aktivistischen Karriere im Milieu der Konservativen Revolution, die das künftige politische Geschehen Deutschlands entscheidend prägen sollte. Der politische Gärprozess der 20er-Jahre geht maßgeblich auf ihre Kappe. Zudem haben diese Kräfte durch ihren handfesten Einsatz in der leidgeplagten deutschen Bevölkerung nachhaltig an Legitimität und Ansehen gewonnen. Der Dienst in den Freikorps wurde so zum politischen „Lackmustest“.
Legitimität durch die Krise
Zieht man diese historische Parallele und überträgt sie auf den aktuellen Ukraine-Konflikt, so ist auch eine andere Interpretation der Facebook-Affäre rund um „Azov“ möglich. Sie zeigt nämlich, dass das liberale System in Zeiten der Krise und Bedrohung von außen nicht auf idealistische Kräfte von rechts verzichten kann und diese zunächst zum Erhalt der eigenen Herrschaft benötigt. Doch dieselben Kräfte sind es, die – wenn sie die Krise zur effizienten Organisation und Aneignung von Ressourcen nutzen – dem System anschließend auch gefährlich werden können und theoretisch die Möglichkeit haben, einen „dritten Weg“ zwischen eigenem Regime und fremder Bedrohung zu gehen.
Blick in die eigene Geschichte
Diese Entwicklung ist keineswegs zwangsläufig und hängt wesentlich vom politischen und organisatorischen Geschick dieser Kräfte ab. Doch diese historische Parallele kann zeigen: die zahlreichen Ukrainer, die aktuell freiwillig zu den Waffen greifen, um für die Freiheit ihres Vaterlandes zu kämpfen, sind keineswegs bloß „nützliche Idioten“ des Westens. Der Konflikt ist kein geopolitisches „Schwarz-Weiß“, sondern eine differenzierte Gemengelage unterschiedlicher Interessen. Ein Blick in unsere eigene Geschichte zeigt: als deutscher Rechter sollte man keinem falschen Dualismus anheimfallen und sich die Fähigkeit zur differenzierten Betrachtung erhalten.
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