Frankreich hat gewählt. Das Resultat: Zwei migrationskritische Kandidaten unter den ersten vier. Insgesamt hat Migrationskritik damit mehr Stimmen bekommen als Wahlsieger Macron. Eine rechte Präsidentschaft ist in der Stichwahl in zwei Wochen möglich.
In Frankreich ist der Große Austausch bereits deutlich weiter vorangeschritten als in Österreich – dafür ist Migrationskritik auch mehrheitsfähiger. Für die gestrige Präsidentschaftswahl in Frankreich hatten zwei Kandidaten ihre Kampagne auf Migrationskritik gebaut, die Vorsitzende der etablierten rechten Partei Rassemblement National Marine Le Pen und der neue Kandidat Éric Zemmour. Mit 23,2% und 7,8% belegten sie den zweiten und vierten Platz, hinter Altpräsident Emmanuel Macron mit 27,8% und dem linken Kandidaten Jean-Luc Mélenchon mit 22%.
Rechte gespalten
Le Pens Migrationskritik war immer typisch populistisch – was nicht reicht, wie wir in Österreich und Deutschland sehen. Rechtspopulismus hat keine Ideologie und kann deshalb den Rahmen des Sagbaren nicht verschieben: Er ist darauf angewiesen, dass es Wähler gibt, die die Folgen von Liberalisierung und Überfremdung stören. Eine ideologische Front, wie die Linke sie besitzt, braucht Weltanschauung.
Zemmour trat deshalb bewusst einen metapolitischen Weg an: Seine Kritik der Migration sowie der liberalen Gesellschaftsordnung bezog sich nicht nur mehrheitsfähig auf deren Folgen, sondern ging in den „unaussprechlichen“ Kern der Probleme – immer wieder bediente er sich dafür neurechter Begriffe, vor allem natürlich der „Reconquista“, nach der er seine Partei benannte. In Sachen Migration kritisierte er die Aufnahme kulturfremder Migranten an sich und wich nicht etwa darauf aus, „liberalere“ Moslems zu loben und nur den „Islamismus“ zu verurteilen. Auch heilige Kühe aller Liberalen, wie den Feminismus, griff er an.
Schlacht verloren, Krieg gewonnen
Die radikalen Aussagen, die er während des Wahlkampfs getroffen hatte, sind vielleicht noch nicht mehrheitsfähig, werden aber langfristig zur Normalisierung rechter Weltsicht beitragen. Ein Sieg Zemmours war nie zu erwarten – aber Politik ist ein langes Spiel, und er hat seinen Beitrag geleistet. Le Pen hätte durch Aussagen wie seine wahrscheinlich gemäßigte Wähler und damit den zweiten Platz verloren. Aber alles, was er ausspricht, wird auch für sie sagbarer.
Nur eine Rechte, die Grundlagenkritik leistet, ist zukunftsfähig, denn sie kann überzeugen. Die Aufgabe radikaler Kandidaten wie Zemmour ist es also, durch Sagbarmachung des Unsagbaren mehrheitsfähigeren migrationskritischen Kandidaten das Feld zu bereiten.
Stichwahl in zwei Wochen
Zemmour hat direkt seine Unterstützung für Le Pen im zweiten Wahlgang ausgesprochen – die beiden trenne zwar viel, aber immerhin habe sie das Land nicht mit Millionen Migranten geflutet wie Macron. Erste Umfragen stellen ein Kopf-an-Kopf-Rennen in Aussicht: 51% für Macron, 49% für Le Pen. Aber Umfragen tendieren immer dazu, rechte Kandidaten zu unterschätzen. Vielleicht können wir den ersten dezidiert rechten Präsidenten in Westeuropa erwarten.
Bereits 2017 hatte es eine Stichwahl zwischen diesen beiden Kandidaten gegeben, die aber deutlich weniger eng ausgefallen war als es diese wahrscheinlich wird. Das heißt: Selbst wenn Le Pen wieder unterliegt, wächst die Rechte in Frankreich unaufhörlich.
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