Die Berlin-Wahl und das Phänomen der ethnischen Wahl

„Muslime wählen am häufigsten die CDU“– Diese Schlagzeile machte nach der Wiederholung der Berlin-Wahl und des Wahlsieges der Christdemokraten die Runde. Ist das ein Zeichen für Assimilation? Wird dadurch die These der ethnischen Wahl widerlegt? Bedeutet das gar, dass die AfD eine „Charmeoffensive“ in Richtung Migranten starten muss? Unser Gastautor ordnet die Wahlergebnisse in Berlin umfassend ein und erläutert die Zusammenhänge zum Phänomen der ethnischen Wahl.

Ein Strategiebeitrag von Robert Wagner

„Moslems wählen am häufigsten die CDU“: Diese Schlagzeile machte nach der wiederholten Berlinwahl die Runde. Vor allem konservativ-liberale Plattformen wie Tichys Einblick sahen darin einen Beleg für einen zivilen Verfassungspatriotismus: „Etablierte, steuerzahlende muslimische Bürger haben eben nicht unbedingt ein Interesse an zusätzlicher Armutszuwanderung, die die öffentlichen Kassen, also auch sie belastet“, so die Analyse.

Ethnische Wahl widerlegt?

Stimmen in der AfD, die eine „Charmeoffensive“ für Migranten fordern, um bessere Wahlergebnisse in urbanen Räumen zu erzielen, sehen sich durch diese Schlagzeilen ebenfalls bestätigt. So mancher betrachtete damit gar die These der ethnischen Wahl, wonach mehr nicht-europäische Migranten automatisch weniger Stimmen für die AfD bedeuten, als widerlegt. Tatsächlich sitzt man hier einem gefährlichen Irrtum auf. Dass Moslems in Berlin nun auch CDU wählen, bestätigt die Analyse der ethnischen Wahl sogar. Wir werden in diesem Text Schritt für Schritt erklären, wie diese Zahlen zustande kommen und warum sie den tribalistischen, antidemokratischen und tendenziell antideutschen Charakter der ethnischen Wahl unterstreichen.

Klare Präferenz für SPD

Gehen wir zuerst auf die Quelle dieser Schlagzeilen ein. Eine Nachwahlbefragung der „Forschungsgruppe Wahlen“ ergab, dass 27.7 Prozent der Moslems in Berlin CDU, 24.9 Prozent SPD, 15.3 Prozent die Linke, 8.3 Prozent die Grünen und 4.4 Prozent die AfD gewählt hätten. Vergleicht man das mit dem amtlichen Wahlergebnis, so zeigt sich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung immer noch eine klare Präferenz für die SPD. Bei Moslems erzielten die Sozialdemokraten um fast 7 Prozent mehr (verglichen mit dem Gesamtergebnis von 18,4 Prozent). Dazu relativiert das Meinungsforschungsinstitut selbst die Ergebnisse, da es sich bei den Moslems um nur 3 Prozent von den insgesamt 17.002 Befragten handelt: „Aus diesen Daten ließen sich keine Schlüsse auf die Parteipräferenzen aller Muslime in Berlin ziehen, sondern nur auf Bürger, die auch zur Wahl gegangen seien und zusätzlich ihre Religionszugehörigkeit angekreuzt hätten.

CDU profitiert von Moslems

Doch auch andere Studien zeigen, dass sich die Parteipräferenz von Moslems, insbesondere von Türken, in den letzten Jahren zugunsten der CDU gewandelt hat. Die Konrad Adenauer Stiftung präsentierte 2019 stolz eine Umfrage, aus der sich ergab, dass türkische Migranten 2015 nur zu 17 Prozent, aber 2019 bereits zu 53 Prozent CDU wählen würden. Das ginge nach dieser Studie zulasten der SPD, die von 50 auf 13 Prozent gerasselt sei. Die Berlin-Wahl spricht hier zwar eine andere Sprache, doch der Trend ist klar: Der CDU ist es (teilweise) gelungen, nicht-europäische, nicht-assimilierte Migranten als Wähler zu gewinnen. Wenn man verstehen will, warum, muss man sich wissenschaftlich mit der ethnischen Wahl befassen.

Wahlverhalten ist nicht loyal

Migrantische, nicht-assimilierte Enklaven identifizieren sich nicht mit dem Gastvolk, seiner Geschichte und seinem Gemeinwohl, sondern wählen die Partei, die ihrem Clan auf lokaler Ebene das beste Angebot macht. Dabei ist ihnen das Logo und der Name der Partei herzlich egal. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung im Jahr 2021 ergab, dass Migranten um ganze 15 Prozent weniger zu Parteibindungen neigen als Einheimische. Die Forscherin Rafaela Dancygier erklärt das in ihrem grundlegenden Buch „Dilemmas of Inclusion“ präzise:

„[migrantische] Wähler können ihre Unterstützung für Kandidaten auf der Grundlage von Verwandtschaft und Clan von einer Wahl zur anderen wechseln. In den vergangenen Jahren gab es ein solches Verhalten vor allem innerhalb der Labour-Partei. Infolgedessen erzielten religiös vielfältige Arbeiterbezirke große und konstante Mehrheiten für die Labour-Partei, was den Anschein erweckte, dass die muslimischen Wähler sicher von der Partei vereinnahmt wurden, obwohl stattdessen beträchtliche Teile der muslimischen Wählerschaft clanbasierte Blockstimmen abgaben. Die Tatsache, dass sich die lokalen Labour-Parteien auf die Effizienz von Verwandtschaftsnetzwerken verlassen haben, um sich Ratssitze zu sichern, und damit die clanbasierte Politik und die von ihr hervorgebrachten Vertreter legitimiert haben, hat zu einem höheren Maß an Wahlunsicherheit für die Linke geführt, sobald diese verwandtschaftlichen Bindungen anderswo eingesetzt werden.“ (Dilemmas of Inclusion S.127ff)

CDU buhlt um Clanstimmen

Was wie eine stabile Präferenz der Moslems für „Labour“ wirkte, war tatsächlich nur eine effektive Serie an gezielter Bestechung und Umwerbung der muslimischen Clans in ihren Vierteln. Doch als die Clans durch Ersetzungsmigration und Ersetzungsgeburten wahlentscheidend wurden, begannen auch die „Tories“ sie zu umwerben. Die CDU tat in Deutschland dasselbe. Eine kurze Google-Suche mit den Begriffen „CDU“ und „Graue Wölfe“ zeigt, wie intensiv man um die ethnische Wahl buhlte. Kleiner Exkurs: Auch Manfred Haimbuchner, FPÖ-Landeschef von Oberösterreich, empfing unlängst Vertreter der türkischen Mili-Görus Bewegung in seinem Büro.

Migranten als Kandidaten

Die sicherste Variante, um Stimmen der ethnischen Enklave zu erhalten, ist, einen Kandidaten aus ihrer Mitte auf die Liste zu setzen. Die CDU stellte in Berlin beispielsweise in den Bezirken Mitte, Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg bereits Migranten auf. Zudem sendet sie – spätestens seit der Ära Merkel – klare Signale, dass sie nichts gegen Ersetzungsmigration und den Bevölkerungsaustausch per se einzuwenden hat. Sofern er „geordnet“ abläuft und dem Wirtschaftsstandort nicht schadet, will man ihn lediglich „gestalten“. Kurz gesagt: Wenn die CDU den Clans, die bisher SPD wählten, ein „besseres Angebot“ macht oder ein Clanmitglied aufstellt, kann die ethnische Wahl blitzartig umschlagen. Damit kann man diese Viertel und ethnischen Wählergruppen leichter gewinnen als es zum Beispiel bei den traditionellen, sozioökonomischen Milieus (zum Beispiel den Arbeitern) der Fall ist.

Je mehr Migranten, desto treuloser

Dancygier weist dazu ein hochinteressantes Phänomen nach. Die ethnische Wahl ist umso „treuloser“, je mehr Migranten es gibt: „Kurzum, die Wahlbezirke wurden für die Labour-Partei unsicherer, nachdem muslimische Wähler und Politiker einen großen Wählereinfluss gewonnen hatten.“ Insgesamt führt ein Anstieg der Moslems derzeit noch zu einem Anstieg der Wähler für Labour, doch in den Enklaven wird die Clan-Wahl zunehmend volatil: „In Bezirken, in denen Muslime zwischen 20 und 35 Prozent der Bevölkerung ausmachen, gehören 73 Prozent der Wahlsieger der Labour-Partei an, aber in Bezirken mit einem muslimischen Bevölkerungsanteil von mehr als 35 Prozent sinkt dieser Anteil auf 64 Prozent.

Betteln um Stimmen

Es spricht viel dafür, dass in Berlin dasselbe geschieht. Der ethnische Wahlblock ist in bestimmten Bezirken bereits so entscheidend, dass keine Partei mehr an ihm „vorbeikommt“. Politiker aller Parteien müssen also Kotau bei den Clanältesten und Mullahs machen, um überhaupt eine Chance zu haben. Die Clans wiederum sind gerne bereit, jede Partei zu wählen, wenn sie konkret staatliche Geldmittel und kulturelle Autonomie (etwa in Form von Moscheebauten, Halal-Industrie, Scharia-Gerichtsbarkeit, et cetera) in Aussicht stellt. Ebenfalls unverhandelbar ist für die Clans eine Politik der offenen Grenze – für das jeweilige Heimatland.

Clans als Migrationskritiker

Türkische Clans könnten so möglichweise Kritiker einer afrikanischen Massenmigration sein, die ihnen tatsächlich Sozialtöpfe und kriminelle Reviere streitig macht. Niemals würden sie jedoch eine Partei unterstützen, die gegen türkische Doppel-Staatsbürgerschaften, Visafreiheit und Einwanderung auftritt. Nur 4,4 Prozent der Berliner Türken und unter 1 Prozent auf Bundesebene wählen AfD. Bei dieser Minderheit kann man tatsächlich von einer gewissen Identifikation mit Deutschland ausgehen. Ihre Wahl einer Partei, die keine „Charmeoffensive“ betreibt und symbolische Inklusion von Fremden ablehnt, bestätigt, dass sie nicht im Interesse ihres Clans votieren. Sie wählen eine Partei, deren Politik das Wachstum und die Macht ihrer ursprünglichen Ethno-Enklave einschränken würde.

Volatile Wahlergebnisse

Doch diese „ethnische Wahl für die AfD“ ist ebenso verschwindend gering wie die Fälle echter Assimilation. Man muss davon ausgehen, dass 27,7 Prozent der Moslems in Berlin nicht die CDU wählen, weil sie sich plötzlich mit Deutschland identifizieren, sondern weil diese Partei ihnen schlicht das bessere Angebot gemacht hat. Wie Englands Muslime in Dancygiers Studie, sind sie sich ihres Stimmgewichts bewusst geworden und werden nun von allen Parteien umworben. Da sie, anders als Deutsche, kaum ideologische Parteibindungen haben, wird es hier weiter zu volatilen Ergebnissen für die Alt- und „Volksaustausch-Parteien“ kommen.

Kein Weg für die AfD

Die Forschungs- und Faktenlage zur ethnischen Wahl legt nahe: Will die AfD, ähnlich wie die CDU, von den Stimmen nicht-assimilierter, muslimischer Clans profitieren, müsste sie der Union folgen. Sie müsste die Kritik an der Islamisierung sowie die Forderung nach Remigration aufgeben, in überfremdeten Bezirken Migranten als Kandidaten aufstellen und bei Grauen Wölfen, Imamen und Clanchefs Klinken putzen. Nur – wozu bräuchte es dann noch diese AfD?

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