Österreichs Innenpolitik ist so chaotisch und wechselhaft wie schon seit langem nicht mehr. Die Krone setzt dem Ganzen die Posse um die Mitgliederbefragung zur Parteiführung der SPÖ auf. Eine Ermahnung, sich den Sirenengesängen der SPÖ in keinem Fall hinzugeben.
Ein Kommentar von Josef Jetzinger
Wenn man auf die beiden traditionellen, alten Großparteien ÖVP und SPÖ schaut, weiß man, dass es hier schon länger im Gebälk kracht – die „Schwarzen“ werden von einem Korruptionsskandal nach dem anderen gejagt, die „Roten“ bekommen seit Jahren bundespolitisch keinen Fuß mehr auf den Boden. Was unter Kreisky langsam begann (Abwendung vom Sozialismus hin zu einer „Sozialdemokratie“, Aussöhnung mit dem Klassenfeind, Grundsteinlegung für den Aufstieg des Medienimperiums der Brüder Fellner) und sich schleichend fortsetzte, findet nun langsam den nächsten großen Höhepunkt.
Eine weibliche Trendwende?
Als Sebastian Kurz die SPÖ als Kanzlerpartei in wenigen Monaten komplett abgemeldet hatte und man mit dem sprichwörtlichen Nadelstreifensozialisten Christian Kern (dessen unrühmliche Rolle als ÖBB-Chef während der „Flüchtlingswelle“ 2015 bis heute nicht aufgearbeitet wurde) versuchte, das Ruder herumzureißen, wollte das nicht so recht gelingen – so schnell, wie er da war, ist er auch wieder verschwunden, trotz vollmundiger Ansagen, ein „Oppositionsführer“ gegen Schwarz-Blau sein zu wollen. Da holte man die ehemalige Kurzzeitgesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner aus der zweiten Reihe; mit einer dynamischen, relativ jungen Frau wird die Trendwende schon gelingen, völlig ignorierend, dass mit dieser Art von Symbolpolitik die Grünen bei der selben Wahl aus dem Parlament geflogen sind.
Harte Realität
Die Realität war natürlich eine andere. Gegen Kurz hatte sie nie eine Chance, einem Herbert Kickl ist sie rhetorisch heillos unterlegen. Ihre öffentlichen Auftritte wurden zunehmender bizarr, ihr Auftreten aggressiver, ohne dass sie echte Autorität erzeugen konnte. Da nutzte es auch nichts, dass sie sich beim letzten regulären Parteitag von roten Altkanzlern umzingeln ließ – die Umfragewerte zeigen nach einem kurzen Hoch während der Coronatage wieder kontinuierlich nach unten – aktuell Platz drei hinter der ÖVP.
Burgenländische Parallelgesellschaft
Zwischenzeitlich konstituierte sich im Burgenland eine sozialdemokratische Parallelgesellschaft, wo Hans Peter Doskozil entgegen der parteiinternen Doktrin, „niemals“ mit der FPÖ zu paktieren eine Koalition mit ebenjener einging, was als Aufbruchssignal der „Realo“-Fraktion in der Partei gewertet wurde, welcher bewusst war, dass die klassische Kernwählerschaft schon seit längerem in Richtung FPÖ abwanderte. Auch in der FPÖ ließ diese Koalition aufhorchen, schien es ein möglicher Prototyp als Gegenstück zu den klassischen Koalitionsformen FPÖ-ÖVP, SPÖ-ÖVP und SPÖ/ÖVP-Grüne zu sein. Doskozil war auch sonst ein eher bodenständiger Politiker, weswegen er seit der letzten Wahl auch wieder ohne FPÖ regieren kann.
Desaströse Wahlergebnisse
In den letzten Jahren war er auch immer einer der lautesten Kritiker von Rendi-Wagner und stellte öfter wenig subtil den Führungsanspruch. Das brachte ihm viel parteiinterne Kritik aus der urbanen Blase rund um die aktuelle Chefin ein: Er sei ein „Populist“, der aus Machtkalkül sogar mit der FPÖ ins Bett steigen würde. Währenddessen raste die SPÖ von einer Wahlniederlage zur nächsten – eben war es noch Kärnten, wo man beinahe 10 Prozent verlor, die anstehende Wahl in Salzburg verspricht nicht viel besser zu werden. In Niederösterreich ist man gnadenlos untergegangen und hat dann sogar in selbstherrlicher Arroganz die Verhandlungen mit der ÖVP an die Wand gefahren. Die FPÖ hingegen darf wieder auf Wahlergebnisse aus den Tagen von vor „Ibiza“ hoffen und führt aktuell die Umfragen an. In Niederösterreich stellen sie jetzt den Koalitionspartner. Die SPÖ kam deshalb zur Übereinkunft, dass man eine Mitgliederbefragung abhalten wird, wer denn zukünftig auf Bundesebene vorstehen soll.
Chaos rund um Mitgliederbefragung
Hier brach das Chaos dann endgültig aus: nicht nur, dass sich jeder zur Wahl aufstellen lassen konnte, der ein Parteibuch besitzt, es darf auch jeder, der mit Stichtag 22.3. in die Partei eingetreten ist, an dieser Abstimmung teilnehmen! In sozialen Medien schreibt man schon, dass bereits „mehrere hundert“ Parteieintritte festgehalten wurden und auch ein Wildwuchs an Kandidaten ist zu verzeichnen – Andi Babler, der bisherige Bürgermeister der an das Asylquartier Traiskirchen angehängten, gleichnamigen Ortschaft, Nikolaus Kowall von der SPÖ Alsergrund (dessen einziges Programm „FPÖ raus, Ausländer rein“ zu sein scheint), natürlich Hans Peter Doskozil und Pamela Rendi-Wagner – dafür, dass die Partei sich der Führungsfrage lange Zeit nicht stellen wollte und an Rendi-Wagner „nicht gerüttelt“ wurde, versuchen nun verdächtig viele Kandidaten Rendi-Wagner links zu überholen – denn nichts würde größere Erfolge für die Sozialdemokratie bedeuten als eine Parteispitze aus Politikern, die noch progressiver aus dem Elfenbeinturm herunterrufen als die bisherige Quereinsteigerin.
Sirenengesänge der SPÖ
Wie auch immer diese Wahl ausgeht: man darf sich den Sirenengesängen der SPÖ in keinem Fall hingeben! Selbst wenn Doskozil als neuer SPÖ-Chef herauskommt und womöglich ein paar bodenständige Ansagen macht – er ist und bleibt ein „Sozialdemokrat“ und wird weiterhin Politik unter dem Regenbogen machen, Österreichs Grenzen weiter aufweichen und sich unterwürfig in Richtung Brüssel verbeugen. Die SPÖ wird auch weiterhin keine Politik für „den kleinen Mann“ machen, sondern nach wie vor für alles einstehen, was unser Land schon so lange zu zersetzen sucht.
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