„Feindbild Islam als Sackgasse?“ – Debattenbeitrag #1

Der erste Debattenbeitrag zum Buch “Feindbild Islam als Sackgasse” von Frederic Höfer. Der Autor stimmt der Lage- und Diskursanalyse Höfers zwar zu, bezweifelt aber die Umsetzbarkeit und Wirkmächtigkeit des vorgeschlagenen Vorgehens.

Ein Debattenbeitrag von Moritz

Eine differenzierte, rechte Auseinandersetzung mit dem Islam, abseits von populistischem „Islambashing“ ist nicht neu. Die Intensität und hoffentlich auch ihre Nachhaltigkeit sind es allerdings. Anders als ältere Beiträge Schwarzenbergers, von Waldsteins oder Eichbergers, erscheint Höfers Erstlingswerk in einer Zeit der Ernüchterung und Ratlosigkeit. Grundsatzfragen werden im Widerstandslager neu aufgerollt und bisherige Positionen einem „Realitätscheck“ unterzogen. Buchtitel wie „Was tun?“ oder „Selbstrettung“ stehen dafür sinnbildlich.

Warum flammt die Islamdebatte neu auf?

Eine Neujustierung des Standpunkts zum Islam ist überfällig. Sie ist allerdings nur ein Teilaspekt der Grundsatzfrage: „Was kann die ´außersystemische Opposition´ (Höfer) angesichts der demographischen Lage noch erreichen? Ist die Restsubstanz des deutschen Volkes und dessen ethnokulturelle Kontinuität noch zu retten und wenn ja, wie? Martin Sellner hat in diversen Beiträgen dazu Strategieansätze vorgestellt, u.a. „Reconquista“ bzw. „Remigration“ und „Strategie der Sammlung“. Die Auseinandersetzung mit der Umsetzbarkeit bzw. der Versuch einer Umsetzung einer dieser Strategien ist meiner Meinung nach das Gebot der Stunde. Die Klärung der Position zum Islam hingegen ist vor allem für die Partei interessant, da es hier um Wählerstimmen und Erlangung realpolitischer Macht geht.

Höfers Analyse ist weitestgehend zutreffend

Einem großen Teil seiner Lage- und Diskursanalyse ist zuzustimmen:

  1. Der demographische „Point of no Return“ ist überschritten und eine „Reconquista“ oder Remigration ist unrealistisch, von der Abschiebung Illegaler und Krimineller sowie der Durchsetzung des Grenzschutzes einmal abgesehen.
  2. Die anti-islamische Rhetorik ist unterkomplex, widersprüchlich und von kurzfristigem Mobilisierungspotential abgesehen nicht erfolgsversprechend. Ihre Gründe liegen in der bundesrepublikanisch-transatlantischen Sozialisation ganzer Generationen und dem Festhalten an vermeintlichen „westlichen Werten“. Zum anderen dient der Islam als Vehikel, um die Auswirkungen von Multikulti konform mit der BRD-Diskurslogik zu kritisieren. Begriffskeulen wie „Antisemitismus“, „Homophobie“ oder „mittelalterlich“ ermöglichten hier rhetorische Anknüpfungspunkte.
  3. Der Islam ist weder unser Feind noch der Grund für Massenmigration, sondern ein Symptom. Muslime haben zudem zahlreiche weltanschauliche Schnittmengen mit uns.

Libkons machen es sich zu einfach – Höfer auch

Die obigen Erkenntnisse sind nicht neu. Über die Frage, was wir aus der Existenz konservativer Schnittmengen für Konsequenzen ziehen, herrscht dennoch weiterhin Uneinigkeit. Das Buch plädiert für eine „traditionale Ökumene“ und das Durchsetzen konservativer Projekte, Kontakte und Realpolitik ohne Islamophobie. Auch wenn ich Populismus gegenüber dem Islam mittlerweile selbst leid bin, hege ich Skepsis, was Höfers Vorschläge angeht. Er fragt, was gewonnen sei, wenn ein konservativer Muslim zum linksliberalen Durchschnittsbürger wird. Das ist die falsche Frage, denn es wäre ja bereits ein Fortschritt, wenn der Islam öffentlich nicht so präsent wäre. Ein größeres Problem als der Islam sind für mich außerdem jene – gänzlich unislamisch auftretenden – jungen Männer der dritten Migrantengeneration, die das Straßenbild prägen.  

Die geäußerte Kritik am AfD-Wahlprogramm ist nachvollziehbar. Es ist z.B. rechtlich aussichtslos, Minarette zu verbieten. Für diese Einsicht ist es aber nicht notwendig, ausschweifend zu erklären, warum das Minarett kein Herrschaftssymbol, sondern ein Symbol des Friedens sei. Es ändert nichts daran, dass es hier nicht hingehört. Dass eine Partei solch eine Forderung „erklären“ muss, ist nachvollziehbar. Faktisch werden Minarette außerdem zumindest von ausländischen Akteuren wie z.B. Erdogan eindeutig als Herrschaftssymbol gesehen und dementsprechend islamische Organisationen in der BRD finanziert.

Laut Höfer treibt die AfD die Muslime in die Arme von Linksgrün oder expliziter Migrantenparteien. Hierbei wird das Phänomen der ethnischen Wahl ignoriert. Migranten tendieren per se zu Parteien, die ihnen bzw. dem Islam mehr Geltung verschaffen wollen oder migrantische Kandidaten aufstellen.

Was tun?

Mit dem im vorliegenden Werk vorgeschlagenen Vorgehen könne die deutsche Rechte „als Lenker und Aufrichter in eine epochale Verantwortung gehoben“ werden. Ich halte das für äußerst fraglich. Höfer überschätzt hier nicht nur das Potential des rechten Lagers, sondern auch die Rolle des Islam. Dieser ist in der Theorie universalistisch und somit ethnisch blind. In der Praxis dominieren jedoch ethnokulturelle Prinzipen (Schwarzenberger 2009). Würde das Widerstandslager die migrantische Bevölkerung proaktiv ansprechen und ihnen ein Angebot machen, wären wir weniger Lenker als Bittsteller.

Statt einer „traditionalen Ökumene“ plädiere ich für eine rhetorische Abrüstung gegenüber dem Islam. Die Auswirkungen der Massenmigration sollten in einer Form thematisiert werden, von der sich potenziell auch wahlberechtigte Migranten angesprochen fühlen können. Was das neurechte Lager angeht, so würde ich mir wünschen, wenn hier der Partei mit konkreten Konzepten zugearbeitet wird, statt ermüdende philosophische Grundsatzdiskussionen über das Entstehen von Völkern (vgl. die aktuelle Sellner-Kießling Debatte) zu führen oder sich über den Inhalt des Islams zu streiten. Denn all dies wäre nicht notwendig, wenn wir – um mit Martin Lichtmesz abzuschließen – noch eine Heimat besäßen, in der wir uns nicht erklären müssen.

Das jüngst im Jungeuropa-Verlag erschiene Buch “Feindbild Islam als Sackgasse” des Autors Frederic Höfer sorgt im rechten Lager derzeit für reichlich Gesprächsstoff. Um diese Diskussion zu kanalisieren, haben wir am Heimatkurier zum Thema ein Debattenforum eröffnet. Du willst mitdiskutieren? Sende uns deinen Debattenbeitrag an: [email protected]

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