Der Freispruch für Prof. Sucharit Bhakdi vom Vorwurf der Volksverhetzung durch das Amtsgericht Plön ist ein Anlass zum Aufatmen, aber kein Grund zur Beruhigung. Vielmehr zeigt selbst noch dieser Freispruch in seiner Begründung, wie prekär die Lage der Meinungsfreiheit in Deutschland geworden und wie sehr die deutsche Gesellschaft durch Dogmen und Tabus geprägt ist. Allerdings in anderer Weise, als dies die Querdenker-Szene wahrnimmt.
Ein Beitrag von Gerhard Vierfuß
Denn Bakhdi stand nicht wegen seiner Kritik am herrschenden Corona-Narrativ vor Gericht, sondern wegen zweier Äußerungen über Israel, das jüdische Volk und den Holocaust. Diese Äußerungen waren tatsächlich höchst befremdlich (man kann sie im Netz nachlesen). Aber nicht alles Befremdliche oder Anstößige ist zugleich strafbar, auch nicht, wenn es sich auf Juden oder den Holocaust bezieht. Jedenfalls nicht nach dem geschriebenen Gesetz, das in einem Rechtsstaat stets die Grundlage einer Strafbarkeit ist.
Der Straftatbestand der Volksverhetzung, der hier von der Generalstaatsanwaltschaft ins Feld geführt wurde (die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft hatte die Anklageerhebung abgelehnt), ist zwar in den letzten Jahren immer weiter und immer vager ausgedehnt worden, aber er stellt doch ein paar erkennbare Mindestvoraussetzungen der Strafbarkeit auf: Täter kann nur sein, wer zum Hass gegen eine bestimmte Gruppe aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder eine Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet und dadurch ihre Menschenwürde angreift.
Bakhdi hat ganz eindeutig nichts davon getan. Was er getan hat, war, dem Volk der Juden eine spezifische Eigenschaft zuzusprechen: außerordentliche Lernfähigkeit, und dies in einen Zusammenhang zu bringen mit dem außerordentlich effizienten Impfprogramm in Israel. Diese Zuschreibung einer spezifischen, für sich genommen positiven Eigenschaft an das jüdische Volk, verbunden mit einem negativ bewerteten Kontext reichte der Generalstaatsanwaltschaft aus, über alle Tatbestandserfordernisse hinwegzugehen und Anklage wegen Volksverhetzung zu erheben. Der bereits nach politischen Vorgaben aufgeblähte Tatbestand ist ihr nicht genug; sie will selbst Politik machen und diese auch vollstrecken.
Was nun selbst an dem erstinstanzlichen Freispruch bedenklich ist – soweit man das nach den bisherigen öffentlichen Informationen beurteilen kann – ist, dass das Amtsgericht sich anscheinend mit dieser Problematik nicht befasst, sondern seinen Freispruch vor allem damit begründet hat, die betreffende Äußerung Bakhdis könne sich auch nur auf die israelische Regierung bezogen haben, nicht auf das jüdische Volk. Das ist, jedenfalls in dieser Verkürzung, eine sehr kontraintuitive Interpretation. Wenn dies tatsächlich der tragende Teil der Urteilsbegründung sein sollte, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass das Urteil von der nächsten Instanz aufgehoben werden wird. Denn die Generalstaatsanwaltschaft hat inzwischen Rechtsmittel eingelegt.
Sie will weiter versuchen, ihr Programm einer extralegalen Kriminalisierung des Redens über Völker als Essenzen durchzusetzen. Dieses Programm ist eine Ausprägung der eigentlichen Gefahr, an die wir durch dieses Verfahren erinnert werden; einer Gefahr, die jedoch von vielen „Querdenkern“ und Kritikern der Coronamaßnahmen nicht gesehen wird, weil sie zu sehr auf ihr Thema fixiert sind: Der drohenden Zerstörung alles sinnhaft Gefügten, alles natürlich Gewachsenen und jeder Form von Gemeinschaft durch den liberalen Extremismus.
Der Verfasser Gerhard Vierfuß vertrat als Rechtsanwalt von 2017 bis 2022 die Identitäre Bewegung Deutschland in ihrem Rechtsstreit mit der Bundesrepublik Deutschland wegen der Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Auf Twitter ist er unter @DerRechteAnwalt zu finden.
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