Michael Schäfer (HYDRA): „Comics sind ein unterschätztes Medium“

Der rechte Comic-Verlag HYDRA sorgt in der Szene regelmäßig für Aufruhr. Wir haben den letzten Skandal rund um die künstlerische Verarbeitung des „Massakers von Nemmersdorf“ zum Anlass genommen, um mit Gründer Michael Schäfer über linke Gegnerschaft als PR, die Fallstricke beim Thema Zeitgeschichte („Der Nemmersdorf-Comic war der erste Comic, den wir vor der Veröffentlichung einem Anwalt gezeigt haben) sowie die Bedeutung und Vorzüge rechter Comics zu sprechen.

Es ist ein Comic, der in den Schulen behandelt werden sollte – das schrieb ein renommiertes Comic-Magazin kürzlich über das Machwerk “Das Massaker von Nemmersdorf” des rechten HYDRA-Verlags. Bei den linken Meinungswächtern der Szene sorgte das sogleich für Schnappatmung – und handfeste Zensur-Maßnahmen. Darüber und mehr haben wir kürzlich mit HYDRA-Chef Michael Schäfer gesprochen.

Heimatkurier: Lieber Michael! Seit Beginn sorgt dein Verlag für erheblichen Aufruhr in der Comic-Szene. Kürzlich ließ etwa das Münchner „Comicfestival“ 800 Exemplare der Szene-Zeitschrift „comics info“ ‚verschwinden‘, weil dort eine differenzierte Rezension eines von dir herausgegebenen Werkes erschienen ist. Kurz gefragt: Was ist da los?

Michael Schäfer: Es nimmt immer absurdere Züge an. Beim Comicfestival am letzten Wochenende wurde regelrecht Jagd auf die „comics info“Nr. 95 gemacht – sie musste verschwinden. Der Grund: In der Fachzeitschrift befindet sich ein Artikel, der sich mit unserem Comic „Die Befreiung von Nemmersdorf“ und den wachsenden Einschränkungen der Meinungsfreiheit in der deutschsprachigen Comic-Szene beschäftigt. Diese selbstverständliche Nutzung der Pressefreiheit reicht anscheinend heute aus, um bei einigen Schreihälsen im Mainstream für Schnappatmung zu sorgen. Diese linksliberalen Inquisitoren merken, dass sich die Gesellschaft in großen Teilen und aus guten Gründen in unsere Richtung bewegt, zumindest hier in Ostdeutschland. Das macht ihnen Angst und führt zu solchen irrationalen Hexenjagden.

Für den – mutmaßlich großen – Teil unserer Leser, die mit der Comic-Szene nicht vertraut sind: Wie kann man sich ihre Zusammensetzung vorstellen? Gibt es hier eine linke Dominanz oder zwingt eine kleine Minderheit einer untätigen Mehrheit schlicht ihre Tyrannei auf?

Die großen Comicverlage sind selbst nur kleine, unbedeutende Teile von multinationalen Großkonzernen. Marvel Comics gehört bspw. Disney, die selbst mit bekannten Comiccharakteren weltweit unterwegs sind. Aktuell bedeutet rigorose politische Korrektheit noch mehr Profit, deswegen ist es wie in der Film- oder Videospielindustrie: Der Mainstream ist „woke“. In den USA, Frankreich oder Belgien können es sich bekannte Autoren und Zeichner mittlerweile erlauben, auszuscheren und trotzdem wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Im deutschsprachigen Raum ist das nicht der Fall. Hier gibt es nur wenige Künstler, die von ihrer Comic-Kunst leben können. Dementsprechend gibt es kaum Möglichkeiten, die enger werdenden Meinungskorridore zu verlassen, ohne Kunden zu verlieren. Dieser innere Zwiespalt und die immer aggressiver werdende laute Minderheit an Gesinnungswächtern war für einige Künstler die ausschlaggebende Motivation für die Gründung von HYDRA COMICS. Wir wollten gemeinsam einen Ort schaffen, wo Kreative ihre Geschichten erzählen können, die sonst nirgendwo mehr einen Platz finden. Das Konzept geht bisher gut auf.

Ihr selbst bleibt angesichts der Aufregung entspannt und schreibt, eure Gegner wären zugleich eure „besten PR-Leute“ – wieso? 

Als wir das Projekt gestartet haben, hat ein anderes Fachmagazin, die Comixene, ganz neutral über unsere ersten Comics berichtet. Das führte dazu, dass sich ein Autor und Blogger vom Magazin lossagte und das überall kundtat. Diese in spießbürgerlichen Kreisen übliche linientreue Selbstdarstellung war die beste Werbung, weil sie uns Reichweite verschaffte. Vor allem ist diese Art von „Political Correctness“ vorhersehbar. Ich folge besagtem Blogger immer noch auf Twitter. Egal ob Gender, Musk, Corona, Ukraine, Klima oder Selbsthass. Man weiß vorher, was kommt. Probiert es hier aus. Zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk. Damit kann man arbeiten.

Lass uns kurz über das besagte Werk sprechen, das sich mit dem „Massaker von Nemmersdorf“ beschäftigt. Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Idee, ein Kriegsverbrechen in Form eines Comics darzustellen? 

Der Autor und Historiker Markus Pruss ist mit der Idee an uns herangetreten. Er hat zu den Vorgängen in Nemmersdorf geforscht, neue Quellen in Archiven gefunden, Originaldokumente erworben und die wohl letzten Interviews mit Zeitzeugen geführt. Diese Arbeit von Jahren hat er, weil er Comicfan ist, zuerst in ein Comicskript gepackt und uns angeboten. Er hat sogar eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne organisiert, die 5.938 Euro für den Zeichner eingespielt hat. Wie wir im Vorwort zum Comic beschreiben, hatten auch wir sofort die übliche Schere im Kopf. Sollen ausgerechnet wir einen Comic über den Zweiten Weltkrieg veröffentlichen? Aber genau das war ja die Gründungsidee von HYDRA. Der Erfolg gibt Pruss und dem Zeichner Paul Freytag recht. Sie haben etwas Großartiges geschaffen, das es in der weiten Comiclandschaft so noch nicht gab. Im nächsten Monat erscheint die englische Version der Geschichte, weil wir verschiedene Anfragen aus dem Ausland erhalten haben. Wer das Projekt unterstützen möchte, der weist bitte Freunde, Bekannte oder Buchläden auf die deutsche oder englische Version hin.

Das Thema ist aufgrund des vorherrschenden Schuldkults quasi ein Minenfeld. Worauf muss man bei der Erstellung und Herausgabe eines solchen Werks also achten? 

Der Nemmersdorf-Comic war der erste Comic, den wir vor der Veröffentlichung einem Anwalt gezeigt haben. Unsere Mannschaft besteht aus Leuten, die schon ein paar Jahre in nonkonformen Kreisen unterwegs sind und dennoch waren wir von den Einschränkungen überrascht. Es ist wirklich Wahnsinn, mit wie vielen Gesetzen über die Geschichte „gewacht“ wird. Was uns hilft, ist der ausführliche Redaktionsteil mit den vielen Quellen und die wissenschaftliche Begleitung durch einen Historiker. Aber solch ein Projekt ist immer ein Risiko. Man gewinnt den Eindruck, als ob das Leid der deutschen Opfer mit aller Kraft in Vergessenheit geraten soll.

Viele verbinden Comics mit Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugendzeit. Worin liegt aus deiner Sicht die Bedeutung „rechter Comics“? Kann man hier eine relevante Zielgruppe erreichen? Oder geht es hier einfach um eine authentische Leidenschaft? 

Comics sind eine einzigartige Kunstform, die ich schon früh lieben gelernt habe. Für mich als politischen Menschen sind sie die beste Möglichkeit, um auch mal abzuschalten und in eine andere Welt einzutauchen. Dieses gute Gefühl ging mit der „woken“ Gleichschaltung der Großkonzerne verloren. Die Bedeutung von „rechten“ Comics ist die, dass langjährige Leser eine Anlaufstelle in der Szene haben und sich um das Projekt sammeln. Denn Comics haben eine kulturelle Relevanz, dafür muss man nur in die Kinos, Kinderzimmer oder Fußgängerzonen schauen. Schon die Kleinsten wachsen mit den Figuren aus den bunten Bildgeschichten auf. Da ist es hilfreich, wenn es Comics gibt, die ganz bewusst nicht angepasst und durchgegendert sind, um dem Enkel, der Nichte oder den Kommilitonen Geschichten zu präsentieren, die die Kunst noch über die herrschende Ideologie stellen.

Zudem bieten unsere Comics zu „Nemmersdorf“ oder „Yukio Mishima“ die Möglichkeit, sich an einem Abend mit einem von der Geschichte vergessenen Thema zu beschäftigen. Im Idealfall ist man durch den Comic so neugierig geworden, dass man zu einem Geschichtsbuch, einer Doku oder, im Fall von Mishima, zu einem Gedichtband greift.

Und ja, nonkonforme Comics macht man aus Leidenschaft. Wir produzieren Kunst für die Nische (Comicfans) in der Nische (Patrioten). Bei uns ist niemand fest angestellt. Für unsere Künstler, die nur einen Bruchteil der üblichen Honorare bekommen, Autoren, Setzer, Lektoren und Packhelfer ist die Arbeit an HYDRA COMICS ihr idealistischer Beitrag an einer lebendigen Gegenkultur. Dafür möchte ich mich nochmal bei den vielen Köpfen unserer HYDRA bedanken. Ihr alle seid das Herz von HYDRA COMICS!

Abschließend: Warum lohnt sich die Lektüre eurer Comics auch für Menschen, die mit dem Format normalerweise nichts zu tun haben? Und auf welche Projekte kann sich eurer Interessentenkreis in Zukunft freuen?

Comics sind ein unterschätztes Medium. Es gibt mittlerweile Werke zu fast jedem Thema, in den unterschiedlichen Stilen für fast alle Zielgruppen. Du kannst den Aufstieg von Fidel Castro miterleben oder einen einmaligen Einblick ins abgeschottete Nordkorea erhalten. Du kannst erkunden, wie die bösen Jungs (wie Correctiv oder die Amadeu Antonio Stiftung) auf Bildgeschichten setzen oder bei Comicliteratur von Weltrang, wie „Watchmen“, über die Mechanismen der Welt nachdenken. Comics sind für viele Menschen ein wichtiges Kulturgut. Man muss nur die eigenen Vorurteile überwinden, die richtigen Geschichten und Künstler für sich finden und sich einfach darauf einlassen. 

Exklusiv für den Heimatkurier: Einblick in den entstehenden Comic über den „Roten Baron“

Wir werden unseren kleinen Teil leisten und haben uns für die nächste Zeit einiges vorgenommen – was wir konkret planen, kann man hier nachlesen. Ein Schwerpunkt wird weiterhin die vergessene Geschichte sein. Konkret werden wir den Freistaat Fiume (ab 1920) und die Belagerung des Alcázars von Toledo (1936) einer neuen Generation an Lesern präsentieren. Mit „Richthofen“ und „Wolja“ in alternative Zeitlinien abtauchen und in „Hydra Comics“ unsere eigenen irren Geschichten erzählen. Wie großartig Comic-Kunst aus dem Hause HYDRA aussehen kann, seht ihr an der hier erstmals veröffentlichten Seite aus unserem Richthofen-Comic. Wann welche Geschichte erscheint, erfahrt ihr auf unseren Kanälen.

Lieber Michael, herzlichen Dank für das Gespräch!

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