Am Sonntag wurde in Spanien gewählt – der erhoffte Wahlsieg der VOX blieb jedoch aus. Luca H. von der Jungen Alternative erläutert in seinem Kommentar, wie es nun mit der aufstrebenden Rechtspartei weitergeht, welche Szenarien realistisch sind und warum die Wahlniederlage auch eine Chance bietet.
Ein Kommentar von Luca H. (JA NRW)
Entgegen aller Erwartungen blieb der erhoffte Wahlsieg der spanischen Rechtspartei VOX bei den Parlamentswahlen am Sonntag aus. Durch geschicktes Taktieren und Wählertäuschung gelang es der (pseudo-)konservativen Partido Popular (PP) ihrem potentiellen Koalitionspartner knapp ein Sechstel der Wähler abzuwerben. Nach einer Reihe von Wahlsiegen muss Spaniens Rechte nun wieder beweisen, mit Niederlagen umgehen zu können.
Fehlschlag wird anerkannt
Und dies sollte angesichts der möglichen Szenarien möglichst schnell geschehen. Der erste wichtige Schritt in diese Richtung ist bereits getan. Weder Parteibasis noch Parteispitze üben sich in Beschwichtigungen oder falscher Verklärung, sondern erkennen den Ausgang der Neuwahlen als Fehlschlag an. Das Abrutschen des Wahlergebnisses von 15 auf 12 Prozent der Stimmen ließe auch nichts anderes zu.
Historische Chance verpasst
Santiago Abascal, Parteichef und Galionsfigur, drückt sich deutlich aus: „Heute ist ein Tag der Sorge. Ein Tag der Sorge, da es uns nicht gelungen ist, die Regierung unter Pedro Sanchez aus dem Mocloa-Palast zu vertreiben.“ Ohne Zweifel wurde mit dem Wahlausgang eine historische Chance verpasst, die Dominanz der spanischen Linken auf parlamentarischer Ebene zu beenden. Wie immer sind die Gründe dafür sowohl interner als auch externer Natur.
Scheitern der Appeasement-Politik
Aus der Parteibasis vernimmt man vor allem Stimmen, die eine zu geringe Intensität des Wahlkampfes und vor allem den beschwichtigenden Kurs gegenüber dem PP unter Nuñez Feijóo kritisieren. So mangelte es dem Wahlkampf der VOX an großen Kundgebungen wie noch während der Corona-Zeit oder den Regionalwahlen im Frühjahr. Darunter litt vor allem die regionale Medienpräsenz. Noch schwerwiegender ist allerdings der Vorwurf eines zahnlosen Auftretens gegenüber dem potentiellen Koalitionspartner. Zu früh sei die Koalition als selbstverständlich, als gesichert hingenommen worden. Zu früh hat man das Feuer auf den opportunistischen Kurs der Konservativen eingestellt, in der Hoffnung, so die Koalitionsgespräche nicht zu gefährden. Stattdessen habe man sich zu sehr auf die Linke versteift, obwohl sich auch im Programm der PP ein „Ja zur Migration“ oder die Forderung nach Transrechten wiederfinden.
Taktische Wahl
Ein Angriff auf den heuchlerischen Kurs der PP, ähnlich der CDU in Deutschland, sollte in Zukunft unabhängig von den Folgen dieser Wahl eine Selbstverständlichkeit sein. Denn diese wendete nicht nur programmatische Taschenspielertricks an, sondern auch taktische Manöver, mit denen sie sich letztlich selbst um eine Regierungsbeteiligung gebracht haben könnte. Vonseiten der VOX-Parteispitze vernimmt man immer wieder den Vorwurf des „voto útil“, der taktischen Wahlempfehlung seitens der PP. Demnach führte die PP einen inhaltsleeren Wahlkampf und wies stattdessen immer wieder auf die Sinnlosigkeit einer Wahl der VOX hin. Dadurch erhoffte sich die Volkspartei eine absolute Mehrheit durch die Absorption von Wählerstimmen der spanischen Rechtspartei. Eine ähnliche Taktik fuhr die PP bereits bei den letztjährigen Wahlen zum andalusischen Regionalparlament.
Pakt mit dem vorgeblichen Feind
Damals gelang ihr jedoch das Erreichen der absoluten Mehrheit, im Gegensatz zum aktuellen Wahlausgang. Denn die PP krönte sich zwar zur stärksten Kraft. Doch die Wanderung von 600.000 Wählern der VOX reicht bei weitem nicht aus, um nun allein regieren zu können. Möglicherweise hat sich Feijóo damit ins eigene Fleisch geschnitten. Santiago Abascal wirft dem Spitzenkandidaten der PP außerdem die Kollaboration mit dem immer wieder beschworenen Feind Pedro Sánchez (PSOE) vor. Der PP-Kandidat habe die Sozialisten aufgewertet, indem er ihr einen Pakt angeboten habe: Jeder der beiden großen Parteien solle den Kandidaten mit den meisten Stimmen unterstützen solle. Und tatsächlich gibt es Hinweise, die diesen Vorwurf erhärten. Sowohl Partido Popular (+12,27 Prozent) als auch die sozialistische Arbeiterpartei (+3,70 Prozent) konnten verglichen mit den Wahlen von 2019 Zuwächse verzeichnen und gruben sich nicht gegenseitig das Wasser ab. Fest steht auch, dass es im ganzen Land zu Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung von VOX-Stimmen kam, so zum Beispiel im nordspanischen Navarra. Inwieweit dadurch das Wahlergebnis beeinflusst wurde, wird sich erst später zeigen.
Zwei mögliche Szenarien
Abgesehen von der PP hat jede Partei im Voraus eine Koalition mit der VOX ausgeschlossen. Da eine Regierungskoalition zwischen PP und VOX nur unter Beteiligung regionaler Kleinparteien aus Katalonien, Galizien oder dem Baskenland möglich ist, bleiben nur zwei realistische Optionen. Sollte kein Parteienbündnis eine Koalition auf die Beine stellen, werden Neuwahlen ausgerufen. Ebenso wahrscheinlich ist jedoch die Fortführung der linken Koalition unter Sánchez, der dafür aber kaum einzuhaltende Kompromisse eingehen muss, allen voran mit den katalanischen Separatisten. Für eine Unterstützung von Sánchez stellen sie Forderungen nach mehr Autonomie und der Begnadigung separatistischer Aufwiegler – genau dadurch würde sich der rechten Opposition eine zweite Chance bieten.
Katalonien als Schlüsselfrage
Jedes Entgegenkommen in Richtung separatistischer Forderungen wird dem rechten Lager, wie schon 2017/18, neue Unterstützer in die Arme treiben. Hier wird es darauf ankommen, inwieweit die VOX sich als Verteidiger der spanischen Einheit präsentieren kann, ohne jedoch ihre wachsende katalanische Wählerschaft gänzlich zu verprellen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Landesteilen konnte die Rechtspartei in Katalonien ein Stimmenplus von 30.000 Neuwählern verbuchen. Dort setzt die Partei auf einen sozialpatriotischen Kurs und kritisiert den Pseudopatriotismus der katalanischen Nationalisten, welche zwar für die Unabhängigkeit eintreten, aber zeitgleich die Flutung der Region mit Migranten vorantreiben. Diesen Kurs gilt es auch in Restspanien fortzusetzen, wo das Wählerpotential für sozialpatriotische Alternativen ebenfalls gross ist.
Der Ampel-Effekt
Ein simpler, aber häufig zutreffender Spruch besagt, dass es erst schlimmer werden muss, bevor Besserung eintritt. Eine erneute linkssozialistische Regierung wird das Vertrauen in die PP als gescheiterte Alternative zu Sánchez erschüttern und vielen konservativen Wählern die Notwendigkeit einer rechten Wende vor Augen führen. Ähnlich wie in der BRD nach der Bundestagswahl 2021 könnte eine linke, wenig krisenfeste „Katastrophenkoalition“den Wunsch nach einem endgültigen und konsequenten Wandel unter der VOX aufflammen lassen. Dafür braucht es jedoch auch die Erkenntnis, die spanische Volkspartei nicht mehr als Verbündeten, sondern als heuchlerischen Feind zu betrachten. Einen Feind, der erst dann zum Partner werden kann, wenn er seine antispanischen, linkssympathisierenden Elemente abwirft und sich der Hegemonie der VOX unterordnet. Auch im Falle von erneuten Neuwahlen sollte dies die Maxime sein.
Das Ziel des Juniorpartners 2023 sollte nun endgültig dem Ziel des Seniorpartners 2027 weichen. Spanien ist noch lange nicht verloren. Womöglich war es kein Zufall, dass sich das Wahldebakel genau 87 Jahre nach der zum Mythos gewordenen Belagerung des Alcázar de Toledo ereignete. Es gilt nun, dem Beispiel der Ahnen zu folgen und den scheinbar aussichtslosen Kampf im Moment der Niederlage wieder aufzunehmen.
Luca H. ist Aktivist der Jungen Alternative NRW und hat durch sein Studium sowie mehrere Auslandsaufenthalte aufschlussreiche Einblicke in die politische Landschaft Spaniens und die VOX erhalten.
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