Die AfD auf dem Weg zur Europawahl 2024: Mit Partnern für ein neues Europa

Die Kandidaten sowie das Programm der AfD für die Europawahlen 2024 stehen fest. Ein wichtiges Augenmerk wird auf dem Ausbau der Kooperation mit anderen Rechtsparteien in Europa liegen. Doch welche Partner stehen überhaupt zur Verfügung? Marvin Mergard stellt einige davon vor.

Ein Beitrag von Marvin Mergard

Aktuell läuft es rund für die AfD. Die Umfragewerte sind seit langer Zeit nicht nur außerordentlich gut, sondern auch ausgesprochen stabil. Der jetzige Bestwert liegt bei 22 Prozenten und die Partei strotzt daher vor Energie und Selbstbewusstsein. An den vergangenen beiden Wochenenden kamen die Delegierten sowohl für einen eintägigen Bundesparteitag als auch anschließend für die Europawahlversammlung zusammen, die am gestrigen Sonntag erfolgreich beendet wurde.

Die AfD und bisherige rechte Verbündete in Europa

2019 zog die AfD mit elf Abgeordneten in das Europäische Parlament ein, jedoch verloren sie im Laufe der Legislaturperiode zwei Abgeordnete (einer davon der bekannte ehemalige AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen). Die neun verbliebenen Abgeordneten sind Teil der Rechtsfraktion „Identität & Demokratie“, welcher unter anderem der Rassemblement National aus Frankreich, die Lega aus Italien oder auch die FPÖ aus Österreich angehören.

Isolation in Europa?

Der AfD wurde in der Vergangenheit jedoch nachgesagt, dass ihre harte Position gegen die Europäische Union, welche einen Austritt aus der EU als ultima ratio in ihr Programm schrieb, zu radikal sei und sich daher die AfD auf europäischer Ebene in die Selbstisolation begeben hätte. Diese Annahme scheint nicht ganz abwegig zu sein. Anfang Juli 2021 unterzeichneten 16 Rechtsparteien in der EU gemeinsam eine „Erklärung zur Zukunft Europas“. Darunter viele Parteien der ID-Fraktion, einige von der rechtskonservativen EKR-Fraktion und darüber hinaus die ungarische Fidesz. Dies wurde als Startsignal für eine geeinte rechte Großfraktion aufgefaßt, allerdings scheiterten die Bemühungen. Nichtsdestotrotz wurden damit Signale gesetzt, die in der internationalen Medien- und Politikwelt wahrgenommen wurden. Es zeigte, daß die europäische Rechte vital und zu mehr bereit ist – jedoch wurde damals die AfD-Delegation außen vorgelassen.

Altparteien nutzen ihre Macht

Diese Außenseiterposition konnte die AfD bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ablegen. Das aktuellste, größere Ereignis war die CPAC-Konferenz Anfang Mai in Ungarn. Auf dieser an die internationale Rechte orientierte Konferenz trat für Deutschland keine AfD-Politiker auf, sondern der Christdemokrat Hans-Georg Maaßen. Allerdings bekräftigte der rechtskonservative ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán in einem Interview mit der Budapester Zeitung, daß die ausbleibende öffentliche Zusammenarbeit zwischen seiner Fidesz und der AfD nicht mit inhaltlichen Problematiken zusammenhängen würden, sondern mit daraus einhergehenden Beeinträchtigungen auf bilateraler Ebene. Die Altparteien wissen um ihre Macht und nutzen sie, um eine geeinte Rechte zu unterbinden, wenn es ihnen möglich ist. Dies spricht Orbán nicht derart klar aus, aber seine Ausführungen lassen nur diesen Schluß zu.

Die AfD und perspektivische rechte Verbündete in Europa

Umso wichtiger ist es für die AfD, dass sie nicht der Paria der europäischen Rechten bleibt, sondern ihr aktuelle Stärke nutzt, um sich auf gleicher Augenhöhe mit anderen Partnern zu begeben. Hierfür gibt es mehrere wichtige Faktoren, die auf dem Bundesparteitag am vorletzten Freitag thematisiert wurden.

Beitritt zur ID-Partei

Einer der Grundpfeiler soll laut Beschluss der Delegierten ein Beitrittsgesuch an die ID-Partei sein. Während die AfD der dazugehörigen Fraktion angehört, hatte sie bisher nicht den Schritt gewagt darüber hinaus Teil der Partei zu werden, wie dies RN, Lega oder FPÖ bereits sind. Die Kritiker befürchteten Kompetenzverluste der eigenen Partei zugunsten der Europapartei oder eine Anerkennung der Institution EU, wenn sich in die vorgesehene Arbeitsweise eingegliedert würde. Dem ist jedoch nicht so. Die AfD kann nach dem erfolgten Beitritt zu jedem Zeitpunkt selbst darüber entscheiden, ob sie die ID-Partei wieder verlassen möchte, wenn sie diese Entscheidung für richtig erachtet.

Persönlicher Austausch

Ein weiterer Faktor ist der persönliche Austausch mit derzeitigen oder potentiellen europäischen Partnern. Sowohl die AfD als auch ihre Jugendorganisation, die Junge Alternative, zeichnen sich in den vergangenen Jahren durch stetige Kontakt ins europäische Ausland aus und knüpfen damit Bande, welche auch in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein werden. Hierfür ist es wichtig nicht nur den Blick auf die ID oder die EKR zu richten, sondern die Augen offen zu halten. Auch außerhalb dieses Rahmens finden sich neue fähige Verbündete und manch einer davon wird im nächsten Jahr nicht nur mit einem, sondern möglicherweise mit mehreren Abgeordneten in das Europaparlament einziehen.

Programmatische Unklarheiten

Abschließend muß die AfD an den programmatischen Unklarheiten nachbessern. Beispielsweise die angesprochene Forderung nach einem Austritt aus der Europäischen Union traf bei manchen rechten Parteien in Europa auf wenig Gegenliebe. Selbst bei Parteien, welche früher noch eine ähnliche Position einnahmen. Jedoch hat die AfD bereits hier den Austritt nur als ultima ratio und nicht als ersten gangbaren Weg definiert.

„Bund europäischer Nationen“

Erfrischend war es jedoch, dass die AfD eine klärende Nachjustierung in ihrem Europawahlprogramm vornehmen möchte. Bereits in vielen Vorstellungsreden für die Kandidatenliste und in einigen Interview viel häufig das Schlagwort eines „Bundes europäischer Nationen“ anstelle der Europäischen Union und es wurde deutlich hervorgehoben, daß die EU durch diesen Bund ersetzt werden solle. Der einseitige EU-Austritt Deutschlands, welcher für nicht zielführende Irritationen sorgte, wird somit der AfD nicht mehr im Weg stehen.

Gastredner auf dem Bundesparteitag

Umso überraschender war es, daß bereits auf dem vergangenen Parteitag gleich fünf Gastredner aus Flandern, Portugal, Bulgarien, Rumänien und Österreich auftraten. Dieses umfangreiche Aufgebot stellt für die AfD ein Novum dar und zeigt einerseits wohin sich die AfD entwickeln will und andererseits, daß es Mitstreiter gibt, die von der Wichtigkeit der AfD überzeugt sind.

Gerolf Annemans – Vlaams Belang – Flandern (Belgien)

Den Anfang machte Gerolf Annemans, der Vorsitzende der ID-Partei und seit 2014 Europaabgeordneter für den flämischen Vlaams Belang. Darüber hinaus führte er den Vlaams Belang von 2012 bis 2014 als Vorsitzender an. Da die AfD kurz zuvor ihren Wunsch zum Beitritt zur ID-Partei beschloss, war dieser erste Gastbeitrag von besonderer symbolischer Bedeutung.

Gerolf Annemans blieb in seiner in deutscher Sprache gehaltenen Rede weitestgehend allgemein, lobte die AfD und bekräftigte die Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Parteien. Dennoch bekräftigte er seine Freude über den Beitrittsgesuch der AfD. Bemerkenswert ist weiterhin, dass er sich nicht in verharmlosenden Worthülsen verlor („liberal-konservativ“, „bürgerlich“), sondern den Vlaams Belang dezidiert als rechte Volkspartei charakterisierte.

André Ventura – Chega – Portugal

Als zweiter Redner folgte der Parteivorsitzende der protugiesischen Rechtspartei „Chega“, welche ebenfalls Teil der ID-Partei ist. André Ventura ist darüber hinaus Abgeordneter im portugiesischen Parlament. Dieser hielt seine Rede in englischer Sprache und es gab auf dem Parteitag keine Übersetzung. In dieser fokussierte er sich auf inhaltliche Standpunkte, die zur Grundlage der europäischen Rechten gehören. Seine Rede zeichnet sich darüber hinaus durch deutlich mehr Pathos aus als die des Vorredners.

Er kritisierte Olaf Scholz und grüne Politik, aber auch Massenmigration, den zu freizügigen Sozialstaat für Fremde, bei gleichzeitiger Zurückhaltung für die eigenen Bürger, und Sprech- und Denkverboten. Auf die Beschuldigungen des Establishments, daß die Rechten Radikale seien, nur weil diese ihre Kinder vor Frühsexualisierung und sexuellen Fetischen schützen wollen, entgegnete Ventura: „Wenn es bedeutet radikal zu sein, wenn wir unsere Kinder schützen […], dann sind wir Radikale. Und wir sind stolz Radikale […] zu sein.“ Zum Abschluss stellte er klar, dass die europäische Rechtsparteien die Zukunft Europas seien und dass diese die Macht erobern würden, weil Europa den Rechten gehöre.

Kostadin Kostadinov – Wasraschdane – Bulgarien

Der dritte Redner war der Bulgare Kostadin Kostadinov, welcher Vorsitzender der „Wasraschdane“ und Mitglied der bulgarischen Nationalversammlung ist. Seine Partei ist jedoch weder Teil der ID-Partei noch der Fraktion. Bisher ist seine Partei nicht im EU-Parlament vertreten, jedoch sind die inhaltlichen Übereinstimmungen deutlicher mit der ID als mit der EKR vorhanden. Seine Rede hielt er auf Bulgarisch, welche jedoch mit deutscher Übersetzung unterstützt wurde. Diese war weniger tagespolitisch orientiert wie die Venturas, sondern rekurrierte mehrmals auf die Geschichte Europas und das Verhältnis zwischen den Deutschen und den Bulgaren. Darüber hinaus hob er die essentielle Bedeutung Deutschlands für Europa hervor: „Es ist höchste Zeit, daß ihr Land seinen rechtmäßigen Platz einnimmt – und das nicht nur in Europa. Weil, liebe Freunde, ein starkes Deutschland bedeutet ein starkes Europa.“

Sorin-Titus Muncaciu – Alianta pentru Unirea Românilor – Rumänien

Der erste und einzige Gastredner, welcher nicht gleichzeitig Vorsitzender seiner Partei ist, war der rumänische Parlamentsabgeordnete Sorin-Tutus Muncaciu. Sein Beitrag ist wiederum interessant, da seine Partei der zur ID konkurrierenden EKR-Partei angehört. Seine Rede thematisierte überwiegend die Kritik an den Impfungen und globalistischer Eliten – sowohl in der Europäischen Union, als auch in der Welt. Darüber hinaus freue er sich auf den Einzug seiner Partei in das EU-Parlament, um gemeinsam gegen diese Bedrohungen vorzugehen.

Herbert Kickl – Freiheitliche Partei Österreichs – Österreich

Der Vorsitzende der FPÖ, Herbert Kickl, war der einzige Redner, welcher nicht vor Ort seine Rede vortrug, sondern mit einem Videoeinspieler seine Worte an die Delegierten richtet. Die FPÖ ist, wie bereits zu Beginn des Artikels erwähnt, sowohl Mitglied der ID-Fraktion als auch der ID-Partei. Herbert Kickls Rede kreiste um die Jubiläumsfeier der AfD. Das zehnjährige Bestehen der Partei zeichne sich durch den Erfolg der AfD aus, welche der Bundespolitik ihren Stempel aufdrücken würde. Die Gegner, welche die AfD mit allen möglichen Mitteln bekämpfen, zeichneten die AfD mit ihrem Handeln automatisch aus. Es bestätige, dass die AfD den richtigen Weg sei und zollte seinen Respekt für den Widerstand gegen diese Gegnerschaft.

Über den Symbolcharakter

Nicht alle Reden waren inhaltsschwer, manche waren mehr, manche weniger spannend, aber alle hatten sie gemeinsam, dass sie über einen wichtigen symbolischen Wert verfügen. Die AfD konnte eindrucksvoll aufzeigen, dass sie die Partner, welche sie in Europa braucht, besitzt. Des weiteren wurde ein Ausgleich zwischen den verschiedenen Regionen Europas geschaffen. Von West- und Mittel- bis Osteuropa fanden sich verschiedene Gäste zusammen. Mit Symbolen ist noch kein Sieg errungen, aber es eröffnet zukünftige Möglichkeiten der engeren Zusammenarbeit. Ob dies in einer gemeinsamen ID-Fraktion der Fall sein wird – Maximilian Krah sprach von seinem Wunsch einer „ID-Plus“, also der Erweiterung des Potentials für die ID – oder ob dies über die Fraktionsgrenzen hinweg geschehen wird, ist hierbei sekundär.

In jedem Fall kann die Rechte in Europa froh darüber sein, dass ein weiterer Mitspieler auf dem europäischen politischen Parkett den Ton mit angeben wird, der sich inhaltlich auf einer Wellenlänge mit vielen bereits bestehenden Rechtsparteien in Europa befindet.

Dieser Beitrag ist zunächst auf dem Blog VERA EUROPA erschienen und wurde vom Heimatkurier mit freundlicher Genehmigung und mit leichten Anpassungen übernommen.

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