Die Südtiroler Landtagswahl ist geschlagen und lieferte einige Überraschungen. Während die Regierungsparteien starke Verluste hinnehmen müssen, geht die Süd-Tiroler Freiheit unter der Führung von Sven Knoll als klarer Wahlsieger hervor. Die Abgeordnete zum Tiroler Landtag, Gudrun Kofler (FPÖ), analysiert für den Heimatkurier das Ergebnis und zieht folgendes Fazit: Kompromisslose Identitätspolitik und das Eintreten gegen Überfremdung machen sich bezahlt.
Ein Beitrag von Gudrun Kofler (FPÖ), Abgeordnete zum Tiroler Landtag
Die Südtiroler Landtagswahl ist geschlagen und lieferte einige Überraschungen: Am gestrigen Wahlsonntag haben 290.299 Wahlberechtigte ihre Stimme abgegeben, davon 277.124 in den Südtiroler Wahllokalen und 13.175 per Briefwahl. Das sind 71,5 Prozent der Südtiroler Wahlberechtigten und somit um 2,4 Prozent weniger als noch bei der letzten Landtagswahl 2018. In der kommenden Legislaturperiode werden zwölf Parteien im Südtiroler Landtag vertreten sein.
Wahlergebnis der Parteien
Die Südtiroler Volkspartei (SVP) bleibt, trotz herber Verluste, mit 34,5 Prozent und 13 Sitzen größte Fraktion. Auf die SVP folgen das Team K mit 11,1 Prozent, die Süd-Tiroler Freiheit (STF) mit 10,9 Prozent – die größte Überraschung dieser Landtagswahl – und die Grünen mit 9 Prozent. Die folgenden Plätze nehmen Fratelli d’Italia (6,0 Prozent), JWA – Wirth Anderlan (5,9 Prozent), Die Freiheitlichen (4,9 Prozent), Partito Democratico (PD) (3,5 Prozent), Für Südtirol mit Widmann (3,4 Prozent) und Lega – Uniti per l’Alto Adige (3,0 Prozent) ein. Weniger als drei Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnten die Listen La Civica (2,6 Prozent), Vita (2,6 Prozent), Movimento 5 Stelle (0,7 Prozent), Enzian (0,7 Prozent), Forza Italia (0,6 Prozent) und Centro Destra (0,6 Prozent).
Sitzverteilung
Die 35 Sitze im neuen Südtiroler Landtag werden künftig folgendermaßen verteilt sein: 13 Mandate für die SVP, gefolgt von Team K und Süd-Tiroler Freiheit mit je vier und den Grünen mit drei Sitzen. Auf jeweils zwei Sitze kommen Fratelli d’Italia, JWA – Wirth Anderlan und Die Freiheitlichen. Mit jeweils einem Sitz werden PD, Für Südtirol mit Widmann, Lega – Uniti per l’Alto Adige, La Civica und Vita vertreten sein. Movimento 5 Stelle, Enzian, Forza Italia und Centro Destra haben den Einzug in den Südtiroler Landtag nicht geschafft.
Vergleich zu 2018
Bei der letzten Landtagswahl gestaltete sich die Stimmenverteilung noch deutlich anders. Damals kam die SVP auf 41,9 Prozent (15 Sitze), gefolgt vom Team K mit 15,2 Prozent (6 Sitze) und der Lega Nord mit 11,1 Prozent (4 Sitze). Die weiteren Parteien fanden sich alle unter sieben Prozent wieder: Die Grünen mit 6,8 Prozent (3 Sitze), die Freiheitlichen mit 6,2 Prozent (2 Sitze), Süd-Tiroler Freiheit mit 6 Prozent (2 Sitze), PD mit 3,8 Prozent (1 Sitz), Movimento 5 Stelle mit 2,4 Prozent (1 Sitz) und L’Alto Adige nel Cuore/FdI mit 1,7 Prozent und 1 Sitz.
Analyse
Diese Landtagswahlen waren so spannend wie schon lange nicht und haben durchaus einige Überraschungen mit sich gebracht. Die Südtiroler Volkspartei (SVP) erlitt mit einem Ergebnis von 34,5 Prozent ein dickes Minus von 7,4 Prozent bei den Wählerstimmen. Somit ist es wohl sogar schlimmer gekommen, als ohnehin befürchtet. Denn das Führungsduo der SVP – LH Arno Kompatscher und Landesrat und Parteiobmann Philipp Achammer – müssen vor allem bei den Vorzugsstimmen herbe Verluste hinnehmen: Kompatscher kommt auf 58.771 Vorzugsstimmen (minus 9.439) und Achammer halbiert seine Vorzugsstimmen auf 16.812. Nun bleibt es spannend, wie der SVP-Obmann und der amtierende Landeshauptmann mit diesem Ergebnis umgehen. Es wird mit solchen Verlusten wohl auch mit dem Ruf nach Rücktritt zu rechnen sein, auch deshalb, weil im Unterschied zur Spitze, so mancher Neuling auf der Liste verhältnismäßig starke Vorzugsstimmenergebnisse vorzuweisen hat.
STF: Ergebnis fast verdoppelt
Überraschend und erfreulich stark abgeschnitten hat die Süd-Tiroler Freiheit. Hatte die Bewegung in den Umfragen bei 2 bis 3 Mandaten gelegen, wird sie nun 4 mit Mandaten in den Landtag einziehen. 10,9 Prozent der Wähler machten ihr Kreuz bei der STF – das sind 4,9 Prozentpunkte mehr als noch im Jahr 2018. Spitzenkandidat Sven Knoll war bei der Landtagswahl als Landeshauptmannkandidat angetreten und konnte persönlich das drittstärkste Vorzugsstimmenergebnis des Landes mit 25.290 Vorzugsstimmen einfahren.
Identitätspolitische Analyse
Diese Wahl ist aus vielerlei Hinsicht ein überaus erfreuliches Ergebnis. Während die SVP abgestraft wurde und die Grünen weit hinter den Erwartungen blieben, konnte das deutsche, patriotische Lager insgesamt sensationelle Zuwächse verzeichnen. Die Parteien Süd-Tiroler Freiheit, JWA und Die Freiheitlichen kommen gemeinsam auf 21,7 Prozent. Hinsichtlich der Tatsache, dass es in Südtirol drei Sprachgruppen gibt und auch die Parteienlandschaft dementsprechend geprägt ist – es standen bei dieser Wahl 7 deutsche, 7 italienische und 2 „interethnische“ Parteien zur Wahl – ein wirklich herausragendes Ergebnis mit sehr viel Aussagekraft.
Während sich die Freiheitlichen in diesem Wahlkampf sehr ruhig verhielten, ihre Themen nicht richtig an den Mann bringen konnten und deshalb wohl auch Stimmen einbüßen mussten, trat die neugegründete Protestpartei rund um Jürgen Wirth Anderlan (JWA) umso lauter und entschlossener auf. Ihre Kernthemen sind der Einsatz für Grund- und Freiheitsrechte, die sie während der Coronapandemie sehr entschieden und lautstark vertraten, die Selbstbestimmung des Volkes sowie die Bekämpfung des Systems. Die Themenlage und vor allem das unkonventionelle Auftreten des Spitzenkandidaten, verschaffte der Partei auf Anhieb 2 Sitze im Südtiroler Landtag.
Süd-Tiroler Freiheit als Wahlsieger
Der Wahlsieger – nicht nur im patriotischen Lager, sondern bei dieser Wahl ganz allgemein – ist die Süd-Tiroler Freiheit (STF) rund um den Spitzenkandidaten Sven Knoll. Die STF macht seit ihrer Gründung 2007 kompromisslose Identitäts- und Volkstumspolitik für die deutsch- und ladinischsprachige Bevölkerung. Sie setzt sich für die Selbstbestimmung und eine Loslösung Südtirols von Italien ein, für den Schutz der deutschen Muttersprache, Vorrang für deutsche Kinder an Kindergärten und Schulen, Abschaffung der italienischen, faschistischen Ortsnamendekrete sowie die Pflege und Schutz der Tiroler Kultur und des deutschen Volkstums. Hinzu kam in den letzten Jahren auch eine intensiv betriebene restriktive Ausländer- und Migrationspolitik, da durch den Bevölkerungsaustausch und die Überfremdung – neben der Sicherheit im Land – ethnische Minderheiten, wie die deutsche und ladinische Volksgruppe in Südtirol – besonders betroffen sind. Während der Zeit der Coronapandemie setzte sie sich wie die FPÖ außerdem stark für die Einhaltung der Grund- und Freiheitsrechte sowie einen Ausbau der regionalen Beziehungen innerhalb Tirols ein. Gerade die überbordenden Maßnahmen während der Pandemie an den Tiroler Unrechtsgrenzen zwischen den Landesteilen waren ein hartes Los für die Tiroler, die die Menschen erneut auseinanderdividierten und den familiären und beruflichen Kontakt ohne Not erschwerten oder gar über lange Zeit ganz verhinderten.
Identitätspolitik lohnt sich
Dies waren und sind wohl auch die Gründe, die jetzt zu diesem Erfolg der Süd-Tiroler Freiheit geführt haben und zeigen, dass sich kompromisslose Identitätspolitik lohnt und es notwendig und lohnenswert ist – allen Widerständen zum Trotz – Kante zu zeigen. Gerade im Hinblick darauf, dass die STF eine erklärte separatistische Bewegung ist, die die Loslösung Südtirols von Italien als erklärtes Ziel hat, eine noch bemerkenswertere Entwicklung. Volkstumspolitisch außerdem bedeutend ist die Tatsache, dass künftig von 35 Abgeordneten nur noch 5 Italiener im Südtiroler Landtag sitzen werden und die erste italienische Partei mit 6 Prozent erst an fünfter Stelle gewählt wurde.
Diese Entwicklungen sind für eine ethnische Minderheit in einem fremden Staat, wie es die deutsch- und ladinischsprachige Minderheit in Südtirol ist, von unschätzbarem Wert. Sie zeigen, dass es zu jeder Zeit lohnenswert ist, für Volk und Heimat einzutreten, sie zeigen, dass der unverrückbare Einsatz für Sprache und Kultur dafür sorgen, dass man sich auch einer gewaltsamen Assimilation durch den fremden Staat – auch nach über 100 Jahren Besetzung – und der Kräfte von außen erfolgreich widersetzen kann. Und sie zeigen, dass die Zeit gekommen ist, dass auch die breitere Bevölkerung erkennt, dass es notwendig ist, einer Überfremdung unserer Heimat entschieden entgegenzutreten. Wenn ein Volk will und stark ist, kann es bestehen! Zu jeder Zeit!
Das alles und die Bereitschaft der Menschen, diesen Einsatz auch an der Wahlurne zu belohnen, macht sehr viel Hoffnung für die Zukunft und die anstehenden wichtigen Wahlen auf Bundes- und Europa-Ebene im kommenden Jahr.