„Unser Erbe heißt Auschwitz“: Julian Reichelt, der antideutsche Schuldkult-Prediger?

Seit knapp drei Wochen dominiert der Nahost-Konflikt die öffentliche Diskussion. In Deutschland an vorderster Front dabei: Konservative Journalisten, die mit dem Schuldkult im Arsenal für bedingungslose Solidarität mit Israel trommeln. Ein Paradebeispiel ist NIUS-Chef Julian Reichelt, dessen Auschwitz-Ersatzidentität zu unzähligen skurrilen Entgleisungen führt – antideutsche Bomber-Harris-Legitimation inklusive. Heimatkurier-Chefredakteur Philipp Huemer kommentiert.

Ein Kommentar von Philipp Huemer

„Rarely in history has there been such moral clarity in conflict“, raunte NIUS-Chef Julian Reichelt in einem englischsprachigen Video auf X nur drei Tage nach dem überraschenden Angriff der Hamas auf Israel – um im nächsten Atemzug noch eines draufzusetzen: „This is not a war, this is a pogrom. The biggest massacre of jews in a single day since the Holcaust“. Über knapp 9 Minuten entspannt sich der Monolog, der vor gleichermaßen anachronistischen wie neurotischen Analogien nur so trieft. Verfolgt man die Entwicklung Reichelts seither, gewinnt man den Eindruck eines zunehmenden entfesselten Schuldkult-Jüngers, der nun endlich die Zeit zur Erfüllung seiner missionarischen Pflicht gekommen sieht.

Konformistische Rebellion im Zeichen der Schuld

Seit Wochen dreht sich auf dem Account von Reichelt alles um Israel, Palästina, den Gaza-Streifen und – hier liegt die Relevanz seiner Äußerungen – der Auswirkungen des Konfliktes in Deutschland. Wer sich als Politiker und Journalist nicht eindeutig als israelsolidarischer Philosemit positioniert oder es gar wagt, eine differenzierte Interpretation des Konfliktes einzumahnen, wird von Reichelt und Konsorten als Israelhasser und Antisemit diffamiert. Gleichzeitig zeigt er dem israelsolidarischen Establishment unerbittlich seine blinden Flecken in Sachen Einwanderung auf und prangert zurecht den importierten Islamismus an. Zusammengefasst nutzt Reichelt den aktuellen Konflikt, um dem System seine Verfehlungen genüsslich und schonungslos unter die Nase zu reiben – legitimiert durch dessen eigene Ideologie der Schuld. Ein Paradebeispiel der „konformistischen Rebellion“, wollte man ein beliebtes Schlagwort der politischen Linken bemühen.

„Unser Erbe heißt Auschwitz“

Doch woher kommt diese Obsession? Ist sie bloß strategisches Kalkül, um das System mit den eigenen Waffen zu schlagen, oder steckt dahinter eine tiefe Überzeugung? Ein Artikel des 18-Jährigen Reichelt, als Chefredakteur der Schülerzeitung seines Gymnasium Othmarschen, dürfte diese Frage beantworten. Der Titel: „Unser Erbe heißt Auschwitz.“ Inhaltlich geht es um die damals äußerst umstrittene Beteiligung der deutschen Bundeswehr am NATO-Bombardement Serbiens – immerhin die erste deutsche Kriegsbeteiligung seit dem Zweiten Weltkrieg, argumentierten Kritiker. Doch der Gymnasiast Reichelt ist felsenfest überzeugt: Der Krieg macht Sinn! Warum? Lassen wir ihn selbst zu Wort kommen: Er [der Krieg, Anm.] zeigt, dass wir gelernt haben. Gelernt aus den Grauen, die unsere Großeltern dem jüdischen Volk angetan haben. Für Auschwitz tragen wir heute die Verantwortung. Denn Schuld ist vererbbar. Diese Schuld wird niemals verschwinden. […] Wir können der Welt nur eines zeigen: Wir haben uns einmal an der Menschheit versündigt, weil wir für den größten Völkermord der Geschichte verantwortlich sind. Wir werden uns kein zweites Mal versündigen, indem wir einen weiteren geschehen lassen.

Die Grundkoordinaten sind konstant

Hier spricht kein Journalist, sondern ein Prediger. Hier geht es nicht um Politik, sondern um Religion. Kaum ein anderer Text entlarvt mit seiner Offenheit und Naivität den tiefsitzenden Schuldkult bundesdeutscher Eliten so sehr wie dieser Artikel. Das deutsche Volk wird darin als Träger einer „völkischen Schulderinnerung“ (Martin Sellner) zur politischen Verpflichtung gegenüber Israel, Amerika und der Menschheit schlechthin verdammt – ohne Rücksicht auf eigene Interessen. Es ist insofern keineswegs überraschend, dass Reichelt im Jahr 2015 als Chefredakteur der BILD den Kurs von Angela Merkel verteidigte und eine großangelegte Kampagne der „Willkommenskultur“ ins Leben rief. Mag er davon auch abgekommen sein – der Grund dafür ist keine fundamentale Änderung seiner Weltanschauung, sondern lediglich die Realisierung, dass Millionen von importierten Arabern auch bedeuten, dass sich Juden auf deutschen Straßen zunehmend unsicher fühlen. Henryk M. Broder, der vor Jahren noch den Wandel der „demografischen Struktur Europas“ begrüßte, kam zu einem ähnlichen Schluss und äußert sich seither den Deutschen gegenüber wesentlich wohlwollender und respektvoller. Fakt ist: Die Grundkoordinaten des Denkens sind konstant – im Fall von Reichelt seit nunmehr 25 Jahren.

Rechtfertigung des alliierten Bombenterrors

Den Vogel hat er nun am Mittwoch mit einem Kommentar abgeschossen, der zukünftigen Generationen als Dokument der schuldkultgeplagten Seele der Deutschen dienen könnte. Er trägt den zunächst unscheinbaren Titel Baerbocks Blabla ist für Israel lebensgefährlich, fällt im ersten Satz aber sogleich mit der Tür ins Haus: „Der größte Unterschied zwischen der Hamas und der SS ist, dass man die Hamas nur mit einem S schreibt.“ Die in der Beschreibung reichlich mit israelischer Gräuelpropaganda angereicherten Taten der Hamas („Einsatzgruppen„) vom 7. Oktober fänden ihre „Vergleichbarkeit nur im Zivilisationsbruch der Deutschen“. Israel hätte nun jedes Recht, sich mit allen erdenklichen Mitteln zur Wehr zu setzen – so wie die Alliierten im Zweiten Weltkrieg: „Briten und Amerikaner hielten es für geboten und moralisch vertretbar, den Willen der deutschen Zivilbevölkerung durch Flächenbombardements von Städten zu brechen. Sie nahmen den Tod hunderttausender Zivilisten nicht nur in Kauf, sie verursachten ihn ganz bewusst, weil sie der (richtigen) Überzeugung waren, dass es ein befreites und friedliches Europa nur geben könne, wenn Deutschland in jeder Hinsicht gebrochen wäre.“

Bomber Harris, do it again?

Das mag zwar eine erstaunlich offenherzige Beschreibung des Kalküls hinter den alliierten Kriegsverbrechen an der deutschen Zivilbevölkerung sein – natürlich angereichert mit einer deftigen Portion Westpropaganda – wird von Reichelt aber explizit gutgeheißen und als Rechtfertigung für die israelischen Vergeltungsmaßnahmen im Gaza-Streifen angeführt: „Israel steht vor der Aufgabe, vor der auch die Alliierten im Zweiten Weltkrieg standen: Wie kann es gelingen, den Feind ein für allemal zu vernichten? […] Wie kann man durch Gewalt ein Land, ein Volk derart zermürben, dass es für immer einen neuen Weg einschlägt?“ Ja, Sie haben richtig gelesen: „Ein Volk derart zermürben, dass es für immer einen neuen Weg einschlägt.“ Julian Reichelt, einst Chefredakteur der wichtigsten deutschen Tageszeitung, legt damit nicht nur schonungslos offen, was die Siegermächte für die Deutschen nach 1945 vorgesehen haben. Durch die Rechtfertigung dessen entlarvt er sich zugleich als antideutscher Schuldkult-Prediger, der sich von jenen nackten Antifa-Aktivisten, die vor einigen Jahren ausgerechnet in Dresden mit dem Schriftzug „Bomber Harris, do it again!“ posierten, lediglich durch das Tragen eines Anzugs und seines beruflichen Werdegangs unterscheidet.

Schuldkult und Terrorismus

Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass auch die linksterroristische „Hammerbande“ ihre Gewalttaten mit dem „Erbe von Auschwitz“ rechtfertigt. Auf einer entsprechenden Solidaritäts-Kundgebung begründete der Angeklagte Jonathan Philipp M. seine Motivation, bei politisch Andersdenken „massiven und nachhaltigen“ körperlichen Schaden zu verursachen, folgendermaßen: „Auch wenn jeder Staat und jedes sogenannte Volk ein faschistisches Potenzial in sich trägt, hat insbesondere das deutsche Volk eindrucksvoll seine herausragende Unmenschlichkeit unter Beweis gestellt. […] Es scheint paradox, ist aber bezeichnend, dafür verurteilt zu werden, sich gegen diejenigen zu stellen, welche die faschistische Vergangenheit Deutschlands wiederbeleben möchten […] Es ist unsere Pflicht, alles dafür zu tun, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.“ Jonathan M. ist kein Einzelfall: Bachelor-Arbeiten zu den NSU-Morden, Kunstwettbewerbe der „Bildungsstätte Anne Frank“, gutbürgerliche Sozialisation mit Sozialpädagogen, Studienräten und Theologen als Eltern – der bundesdeutsche Schuldkult zieht sich implizit wie ein roter Faden durch die Biographien der Hammerbande-Terroristen.

Das identitätspolitische Labyrinth

Doch zurück zu Julian Reichelt. Ihm soll an dieser Stelle keineswegs eine Nähe zu Terrorismus oder die Legitimation linksextremer Gewalt unterstellt werden. Ebenso wenig möchte dieser Kommentar die Frage, wie und ob eine strategische Kooperation mit Figuren wie Reichelt und Medien wie NIUS – die immerhin eine reichweitenstarke Problematisierung der Folgen des Bevölkerungsaustausches leisten – möglich ist, beantworten. Vielmehr geht es darum, die Wirkmächtigkeit und die mannigfaltigen Ausprägungen der deutschen Schuldneurose darzustellen. Diese reichen eben von linksextremen Terroristen über liberalkonservative Israelfans – die den „Schutz jüdischen Lebens“ am liebsten in der Verfassung verankern würden – bis hin zu jenen, die diesen Schuldkult universalisieren und sich im Rahmen des „Anti-Kolonialismus“ plötzlich auf der anderen Seite wiederfinden. Ein Beispiel dafür ist die linke Journalistin Nicole Schöndorfer aus Österreich. Sie wandelte sich innerhalb weniger Jahre von einer Vorzeigefeministin und linken Zukunftshoffnung zur von der Szene geschmähten Verfechterin des „palästinensischen Freiheitskampfes“ – religiöse Märtyrerrhetorik und zum Kopftuch gebundenes Pali-Tuch inklusive. Ihr Instagram-Account zeigt eindrücklich, dass hinter diesem vordergründig politischen Kampf auch eine Sehnsucht nach Identität, Zugehörigkeit und Erfüllung steckt. Für diejenigen, die sich mit den psychologischen Folgen der Holocausterziehung auseinandersetzen, keineswegs verwunderlich – wozu im gegenteiligen Extremfall sogar die Erfindung beziehungsweise Einbildung einer jüdischen Herkunft gehört.

30.000 Jahre Geschichte und Identität

Doch wo liegt nun der Ausweg aus diesem identitätspolitischen Labyrinth? Martin Lichtmesz beantwortete diese Frage im Interview mit dem Heimatkurier jüngst folgendermaßen: „Unsere Aufgabe wäre es wohl, uns persönlich auch innerlich von ‚Schuldneurosen und Ersatznationalismus‘ abzukoppeln, um somit ein Beispiel zu geben, dass man auch anders denken und leben kann.“ In diesem Sinne sollte uns die von Reichelt und Konsorten neu entdeckte Migrations- und Islamkritik nicht darüber hinwegtäuschen: „Unser Erbe heißt Auschwitz“ – so lange dieser Satz gilt, so lange wird es in Deutschland und Europa keine politische Kehrtwende geben. Nur eine alternative, positive Identitätspolitik kann eine andere Bevölkerungs-und Migrationspolitik schaffen. Nicht Auschwitz, sondern 30.000 Jahre europäische Geschichte und Identität (Dominique Venner) sind unser Erbe, das es wieder zu entdecken und schließlich zu verteidigen gilt. Oder, um es mit Maximilian Krah zu sagen: „Unsere Vorfahren waren keine Verbrecher. Wir haben allen Grund, stolz auf unser Land zu sein und auf die Menschen, die es aufgebaut haben.

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