Herbert Reul gilt vielen als Hardliner im Kampf gegen die grassierende Clankriminalität in NRW – dennoch kann er dabei kaum Erfolge vorweisen. Das Ausmaß der Verbrechen wächst rasant, Razzien und einzelne Nadelstiche bleiben folgenlos. Am vergangenen Montag lud Reul daher zu einem internationalen Kongress zur Clankriminalität ein – mit ernüchternden Ergebnissen.
Seit mehr als sechs Jahren führt Herbert Reul (CDU) das nordrhein-westfälische Innenministerium. Nach der katastrophalen Amtszeit seines Vorgängers Ralf Jäger (SPD), der insbesondere während der Kölner Silvesternacht 2015/16 eine schlechte Figur abgab, waren die Erwartungen groß. Neben einer Personalaufstockung bei der Polizei kündigte Reul vor allem ein deutlich härteres Vorgehen gegen die organisierte Kriminalität an. Eine „Null-Toleranz-Strategie“ sollte den El-Zayns, Remmos und Miris endlich das Handwerk legen. Fast anderthalb Amtszeiten später ist davon jedoch nichts zu sehen. Der „Clan-Jäger der Republik“ hat versagt.
Deutlicher Anstieg
Im Jahr 2018, also ein Jahr nach Reuls Amtsantritt, wurden NRW-weit 4.595 Straftaten mit Clanbezug begangen, an denen 2.832 Tatverdächtige beteiligt waren. Schon 2019 schnellte die Zahl um ein Drittel auf mehr 6.100 Straftaten hoch. In den Folgejahren wurden angesichts kurzzeitig sinkender Zahlen immer wieder Erfolgsmeldungen ausgegeben. Langfristig gesehen erfolgten die Freudenschreie jedoch übereilt. Denn 2022 ist die Zahl der Clandelikte auf dem höchsten Niveau seit Reuls Amtsantritt. 6.573 Straftaten und 4.035 Verdächtigten wurden im vergangenen Jahr registriert. Ein tatsächlicher Hardliner könnte an dieser Stelle gewiss andere Zahlen vorweisen.
„Das ist nur der Anfang“
Zu den nüchternen Zahlen gesellen sich ebenso erschreckende wie hässliche Bilder, die das Versagen der NRW-Landesregierung sinnbildlich manifestieren. Beinahe jeden Sommer kommt es in NRWs Städten zu Massenschlägereien zwischen konkurrierenden Migrantengruppen, wie etwa Mitte Juni in Essen. Herbert Reul sah sich deshalb gezwungen, am vergangenen Montag einen internationalen Kongress zur Clankriminalität einzuberufen. Von großen Interesse waren dabei die Aussagen des Clanexperten Mahmoud Jaraba. Er prophezeite, dass die Ereignisse des vergangenen Sommers nur der Anfang einer größeren Gewaltwelle waren. Besonders eindringlich war seine Warnung vor kriegsähnlichen Auseinandersetzungen: „Die Gefahr von Straßenkriegen mit Toten ist sehr hoch!“
Gespräche mit Kriminellen statt Remigration
Trotz richtiger Feststellungen und eines realistischen Lagebildes brachte die Konferenz keine klaren Ergebnisse hervor. Schlimmer noch – schwedische Gastreferenten empfahlen ihren Kollegen sogar, mit den Clanbossen ins Gespräch zu kommen. Angeblich hätte sich diese Strategie im hohen Norden bereits bewährt. Auch Reul zeigte sich von diesen Maßnahmen beeindruckt. Ein bei den Clanbossen selbst gefürchtetes Wort kam jedoch nicht auf: Abschiebungen. Ohnehin macht das Land NRW durch eine lächerlich niedrige Abschiebequote von Ausreisepflichtigen deutlich, welche untergeordnete Rolle diese existenziell wichtigen Maßnahmen spielen. Zahlen zu abgeschobenen Clanmitglieder liegen dem Innenministerium zudem nicht einmal vor.
Herbert Reul wird daher gemeinsam mit zahlreichen weiteren Parteikollegen als blutleerer Phrasendrescher in die Geschichte eingehen. NRW hat nach zwei rabenschwarzen Amtszeiten ein blaues Wunder bitter nötig.