Walter Nowotny zum Gedenken – ein Fliegerwunder aus Österreich

Vor 79 Jahren fiel der niederösterreichische Jagdflieger Walter Nowotny im Zweiten Weltkrieg. Auch nach 1945 wurde dem hochdekorierten Soldaten, der 258 Abschüsse erzielen konnte, jahrzehntelang von offizieller Seite gedacht. Heute jedoch werden jene, die an ihn erinnern, verfemt. Diese Entwicklung hat metapolitische Ursachen und offenbart, wie linke Bilderstürmer die Gedenkkultur im deutschen Sprachraum vergiftet haben.

Ein Gastkommentar

„[…] Er rannte hinaus, sprang in seinen Wagen und rief: Herr General, so schwer es mir wird, ich fliege und zeige Ihnen, dass man auch noch Erfolge erzielen kann. Alle Rufe: ’Nowotny, kommen Sie doch zurück’, waren vergebens. Mit seinem Auto fegte Nowy über den Platz. Gleich darauf jagte er in seiner Me 262 mit dem alten Traditionszeichen des 54. Geschwaders, dem grünen Herz und der weißen Acht, in den Himmel. Durch die aufgerissene Wolkendecke sahen wir ganz in der Nähe des Platzes einen Pulk viermotoriger Bomber. Schon donnerten feindliche Jäger im Tiefangriff über den Platz. Nowotny steuerte auf die Bomber zu…“

Fluch und Segen der Geburt

Diese Zeilen entstammen einer Biografie über den Kampfpiloten Walter Nowotny, geschrieben von seinem Bruder und veröffentlicht im Jahre 1975. Die Szene beschreibt die letzten Augenblicke im Leben des 23-jährigen Soldaten. Entgegen des Befehls, am Boden zu bleiben, um sich zu schonen, schwang sich der junge Soldat beim Anflug starker feindlicher Bomberverbände am 8. November 1944 in Achmer, Niedersachsen in seine Maschine. Es gelang ihm zwar noch, einen feindlichen Bomber vom Himmel zu holen, wurde aber dann beim Landeanflug selbst abgeschossen.

Sein Leben könnte Inhalt eines actionreichen Soldatenfilmes oder eines verwegenen Romans sein: Mit 18 Jahren nach der Matura zur Luftwaffe gemeldet. Hunderte Luftsiege. Zahlreiche Verwundungen und Notlandungen. Höchste Ehrungen und Orden. Dann, mit blutjungen 23 Jahren, während der Verteidigung seiner Heimat vor gegnerischem Bombardement, abgeschossen und den Tod gefunden. Wenn da nicht ein Makel wäre – er kämpfte im falschen Staat.

Denn Major Walter Nowotny hatte das Pech, in einer Zeit jung zu sein, in der der Zweite Weltkrieg Europa erschütterte. Und so diente er, wie Millionen von anderen jungen Männern auch, in der Wehrmacht. Selbst im Tod darf er so keine Ruhe finden. Immer wieder entbrennen politische Debatten um sein Grab oder Gedenktafeln.

Kindheit

Walter Nowotny wurde am 7. Dezember 1920, als dritter Sohn eines Eisenbahnbeamten, im niederösterreichischen Gmünd geboren. Die kleine Stadt im Waldviertel war seit Ende des Ersten Weltkriegs geteilt, die Grenze zur Tschechoslowakei verlief mitten hindurch. Dies führte immer wieder zu Nationalitätskonflikten, welche Walter und seine Familie prägten und zu ihrer Politisierung beitrugen. Zum Ausdruck kommt dies etwa in seiner Mitgliedschaft in zwei nationalgesinnten Burschenschaften. Auch sportbegeistert war der Junge. Dies trieb ihn soweit, 1936 ohne das Wissen seiner Eltern mit dem Fahrrad von Österreich aus zu den Olympischen Spielen nach Berlin zu fahren. Wagemut und Tatkraft, wie sie ihm später als Flieger noch zugutekommen sollten. Nach der Oberrealschule in Waidhofen maturierte Walter 1939 in Laa an der Thaya.

Einberufung

Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Nowotny, der sich bereits als Schüler freiwillig zur Luftwaffe gemeldet hatte, zum 2. Flieger-Ausbildungsregiment 62 im Harz einberufen. Ursprünglich verfolgte er das Ziel, Bomberpilot zu werden. Doch das verwarf er und fasste den Entschluss, Jagdflieger zu werden – nicht ahnend, dass er bald einer der Erfolgreichsten der Welt sein würde.

Kampfpilot

Nach seiner Ausbildung in Wien-Schwechat flog er Begleitschutz für deutsche Schiffe über der Ostsee. Als sich im Juni 1941 die Russlandfront öffnete, wurde sein Einsatzgebiet dorthin verlegt. Auf seinen ersten Abschuss am 19. Juli 1941 folgten zügig weitere – schon einen Monat später wurde ihm für seine ersten zehn Abschüsse das Eiserne Kreuz I. Klasse verliehen. Etwas über ein Jahr danach, am 4. September 1942, erhielt Walter Nowotny nach seinem 56. Luftsieg das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. Am 5. Juni 1944 folgte der 100. Abschuss, am 9. September 1943 der zweihundertste. Dieser sprunghafte Anstieg war durchaus außergewöhnlich. Er war der erste Jagdflieger, der 250 Luftsiege erreichte – wohlgemerkt in lediglich 421 Einsätzen – und somit eine Zeitlang der erfolgreichste Jagdpilot der Geschichte.

Vom Propagandaheld zum Ausbildungspiloten

Die Propaganda des NS-Staates vereinnahmte den jungen, heldenhaften Mann natürlich ganz für sich. Dies ging so weit, dass Nowotny 1944 ein „Feindflugverbot“ auferlegt wurde – man konnte und wollte es sich nicht leisten, einen derart populären Soldaten zu verlieren und setzte ihn lieber als Ausbildner ein. Er sollte seine taktischen und technischen Fähigkeiten den Nachwuchspiloten vermitteln, die Deutschland dringend von Nöten hatte. Die immer aussichtsloser werdende militärische Lage und der Kampf gegen eine zahlenmäßige Übermacht machten es Nowotny schwer, sich an sein Flugverbot zu halten.

In seiner Aufgabe als Ausbildender stellte Nowotny, mittlerweile im Dienstgrad eines Majors, das erste Düsenjägergeschwader der Welt auf. Aufgabe war, die Messerschmitt 262 zu erproben. Die Maschine war 1944 das erste eingesetzte Düsenstrahlflugzeug und als technische Revolution die deutsche Hoffnung im Luftkampf. Zwar konnte die Me 262 1944/45 den alliierten Gegnern noch einige Verluste bereiten. Jedoch war die Luftüberlegenheit der Alliierten nicht mehr abzuwenden. Einer deutschen Staffel standen oft hunderte Flugzeuge gegenüber, gleichzeitig verfügten die Alliierten über Langstreckenbomber, die jedes Ziel innerhalb der Reichsgrenzen ansteuern konnten.

Letzter Flug

Als am Vormittag des 8. November 1944 starke Feindverbände den Luftraum über Niedersachsen erreichen, in dem das „Kommando Nowotny“ Dienst tut und kurz darauf die ersten Verluste gemeldet werden, entschließt Walter sich dazu, seine Männer zu unterstützen und selbst zu fliegen. Gegen ausdrücklichen Befehl besteigt der junge Österreicher eine Maschine, fliegt dem Feind entgegen und holt kurz darauf den ersten Bomber vom Himmel. Was dann geschieht, ist unklar. Seine Maschine stürzt ab. Der Fallschirm verhängt sich. Major Walter Nowotny überlebt diesen Einsatz nicht.

Die amerikanischen Piloten geben später an, nie freies Schussfeld auf ihn gehabt zu haben. Ein technischer Defekt der neuartigen Messerschmitt ist daher als Absturzgrund nicht auszuschließen. Nach seinem Tod wurde Walter Nowotny in einem Ehrengrab der Stadt Wien beigesetzt und an seiner Absturzstelle ein Gedenkstein errichtet. 1979 erhielt er eine Gedenktafel in seiner Jungenstadt Mistelbach.

Im Kulturkampf stirbt der Held

Interessant an Nowotny ist aber nicht nur sein Leben und Sterben. Der Umgang mit dem Gedenken an den Fliegerhelden steht exemplarisch für die Verschiebung der Erinnerungspolitik seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Denn während ihm lange Zeit noch öffentlich gedacht wurde, ist dies heute undenkbar. Und das liegt nicht nur an der Ablehnung der Wehrmacht als angebliche „Hitler-Armee“. Seit einigen Jahrzehnten werden sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in Österreich die soldatische Landesverteidigung und die mit ihr verbundenen Taten gesellschaftlich kaum noch geachtet und in weiten Teilen sogar geächtet.

Noch im Jahr 1958 wurde Nowotnys Ehrengrabstein am Wiener Zentralfriedhof von der Stadt Wien erneuert. Über viele Jahre hinweg stellte das österreichische Bundesheer an Nowotnys Todestag Ehrenwachen auf. Sowohl österreichisches als auch deutsches Verteidigungsministerium ließen Kränze niederlegen. Im Jahr 1981 wurde eine Nowotny-Gedenkmünze herausgegeben. Auch die Freiheitliche Jugend und der Ring Freiheitlicher Studenten, beides Vorfeldorganisationen der FPÖ, besuchten die Grabstätte. An seiner Absturzstelle in der heutigen BRD gab es bis in die 1990iger Jahre Gedenkveranstaltungen mit Kranzniederlegungen unter Teilnahme von Offizieren der deutschen Luftwaffe.

Erst Ende der 90iger wurde der Ton um den toten Piloten plötzlich rau. Die Grünen waren mittlerweile erstarkt und mit ihnen hatte sich das politische Klima geändert. Ein „Nazipilot“ der gegen die „Befreier“ gekämpft hatte, hätte keine positive Erinnerung, kein Gedenken, verdient. Eine entscheidende Rolle dabei spielte der ehemalige Wehrmachts-Deserteur Richard Wadani, der die Debatte ab 2001 maßgeblich vorantrieb. Der aktive Kommunist Wadani behauptete, ein Soldat, der einer „fremden“ Armee gedient habe, hätte kein Ehrengrab in Wien verdient. Das Grabmal wurde daraufhin von Antifaschisten geschändet. 2003 wurde im Wiener Gemeinderat von den Grünen schließlich ein Antrag auf Aberkennung des Ehrengrab-Status eingebracht, die SPÖ stimmte dafür. Selbst eine Verlegung des letzten Ruhestätte Walter Nowotnys war angedacht, jedoch nicht möglich, da sie als Soldatengrab unter besonderem Schutz steht.

Der damalige Landesparteiobmann der FPÖ Niederösterreich, Hans-Jörg Schimanek, forderte daraufhin die Benennung einer Straße nach Nowotny in Gmünd, seiner Heimatstadt. Die Stadt unternahm nichts in diese Richtung. Ein privater Verein wurde gegründet, um die Erhaltung des Grabmales zu finanzieren. 2006 erzeugte Nowotnys Grab erneut Schlagzeilen. Der Obmann des Grabpflegevereins, Prof. Dr. Gerhard Pendl, wurde nach einer Gedenkrede auf Drängen der Leitung der Medizinischen Universität Wien von der zuständigen Ministerin als Universitätsrat abberufen. Eine ehrende Rede über Nowotny stelle eine „schwere Pflichtverletzung“ dar.

Was hat sich geändert? – Heldengedenken und Metapolitik

Ewig ist der Toten Tatenruhm“, das steht auf dem Grabstein von Major Walter Nowotny. Doch so einfach ist es nicht. Ruhm, Heldenmut und Ehre unterliegen einem gesellschaftlichen Deutungsrahmen. Insofern ist der Umgang mit den gefallenen Soldaten unseres Volkes ein metapolitisches Lehrbeispiel. Die Gesetzeslage dazu hat sich in fast 80 Jahren Republik nie wesentlich geändert. Dennoch stellte man einst offizielle Ehrenwachen an Nowotnys Grab, während heute Universitätsräte ihre Anstellung verlieren, wenn sie vom selben Mann als Held sprechen.

Konnten in den 90er-Jahren Veteranen noch bei offiziell bei Gedenkveranstaltungen ihr Ritterkreuz um den Hals tragen, löst das Posten eines Fotos vom eigenen Großvater in Uniform in sozialen Medien heute im schlimmsten Fall Hausdurchsuchungen aus. Legalität und Legitimität sind eng ineinander verwoben. Wenn es nach der politischen Linken geht, sollen tote Wehrmachtssoldaten im Grab weder Ruhm noch Frieden finden. Da sie seit Jahreszeiten die Hegemonie über den öffentlichen Diskurs innehaben, erscheint es nun plötzlich verwerflich bis verboten, den Gefallenen des eigenen Volkes zu gedenken.

Worte eines ehemaligen Gegners

Dass es auch anders geht, soll den deutschen Heimathassern am Beispiel eines französischen Patrioten gezeigt werden. Pierre Clostermann war Frankreichs erfolgreichster Jagdflieger während des Zweiten Weltkrieges und später Mitglied der französischen Abgeordnetenkammer. Er schrieb über seinen gefallenen deutschen Kriegsgegner:

„Walter Nowotny ist gefallen. Unser Gegner vom Himmel über der Normandie und über Deutschland […] die Luftwaffe, deren erklärter Held er war, wird seinen Tod nicht lange überleben; er wirkt wie ein Schlussstrich unter diesen Luftkrieg. Sein Name fällt diesen Abend oft im Gespräch in der Meß. Wir sprechen von ihm ohne Groll und Hass. Jeder ruft in einem Ton der Achtung, ja beinahe der Zuneigung die Erinnerungen wieder herauf, die ihn mit ihm verbinden. […] Dafür aber grüßen wir heute einen tapferen Feind, den das Schicksal ereilt hat, erklären Nowotny zu einem der Unseren, der Teil hatte an unserer Welt, in der weder Ideologie noch Hass, noch Grenzen zählen. Diese Kameradschaft hat nichts zu tun mit Patriotismus, Demokratie, Nationalsozialismus oder dem Gedanken an die Menschheit […] Ein Kamerad sagte mir: ’Schade, dass dieser Typ nicht unsere Uniform trug. Er wäre ein feiner Kerl gewesen!’

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