Familie, Freunde und Unterstützer des unschuldig in Afghanistan inhaftierten Dr. Herbert Fritz versammelten sich gestern am Ballhausplatz. Österreichs Regierung und das Außenministerium haben bisher keinen ernsthaften Versuch unternommen, den 84-Jährigen zurück in die Heimat zu holen. Öffentlicher Druck soll die Verantwortlichen nun zum Handeln bewegen.
Trotz einbrechender Dämmerung und herbstlicher Kälte versammelte man sich gestern am Ballhausplatz und hielt von 15 bis 17 Uhr eine Mahnwache ab. Es soll damit Aufmerksamkeit für das Martyrium eines unschuldigen Gefangenen geschaffen werden: Seit sechs Monaten hält der Geheimdienst der Taliban den 84-jährigen Österreicher Dr. Herbert Fritz in Kabul, Afghanistan in Haft. Der Akademiker war in das Land gereist, um dort Recherchen für ein Buch abzuschließen. Fritz publiziert seit Jahrzehnt zu verschiedenen Krisenregionen, vor allem im Nahen Osten.
Abstrus: Schriftsteller soll Spion sein
Am 15. Mai dieses Jahres war Dr. Fritz nach Afghanistan gereist – 1987, 1989 und 2022 hatte er das Land zuvor schon besucht. Für ein geplantes Buch fehlten ihm letzte Details, die er vor Ort recherchieren wollte. Nach wenigen Tagen meldete sich der Kontaktmann bei der Familie – man mache sich Sorgen, da der studierte Jurist und ehemalige Lehrer nicht aufzufinden war. Schließlich stellte sich heraus: Der Österreicher war am 19. Mai vom afghanischen Geheimdienst aufgegriffen und mit einem Sack über den Kopf verschleppt worden. Der Vorwurf: Er sei ein westlicher Spion.
Dramatische Haftbedingungen
Die Teilnahme am SPÖ-nahen „2. Wiener Intra-Afghanistan-Treffen“ am 26. April im „Bruno Kreisky Forum“ dürfte Fritz zum Verhängnis geworden sein. Bei dieser Veranstaltung diskutierten afghanische Oppositionskräfte die Lage in ihrem Land. Herbert Fritz schoss ein Foto mit Oppositionsführer Ahmad Schah Massoud. Dieses Bild war noch auf seinem Telefon und dürfte bei seiner Überprüfung entdeckt worden sein. Seither sitzt er in Haft. Seit fast sieben Monaten. Unschuldig und noch immer ohne Anklage. In einem Gefängnis des Außengeheimdienstes – in einer Zelle ohne Tageslicht und Matratzen, auf kaltem Boden und ohne Decken. Der von seinem Freunden als robust beschriebene Pensionist leidet darunter zunehmend. Hinzu kommen fehlende Blutverdünnungs-Medikamente und ein kaputtes Hörgerät. Die Familie ist sich der Dringlichkeit der Lage bewusst. „Jeder Tag länger im Gefängnis ist eine Gefahr für Leib und Leben“, beklagt eine seiner Töchter.
“What a lovely Gentlemen”
Hoffnung gibt, dass ein Mithäftling von Dr. Fritz, der Engländer Kevin Cornwell, kürzlich freigelassen wurde. Cornwell hatte als Arzt für eine NGO in Krisengebieten Afghanistans gearbeitet und war ebenfalls verschleppt worden. Da sich seine Regierung für ihn einsetzte und Verhandlungen mit Afghanistan führte, war er nach einigen Wochen freigekommen. Er ermutigte die Familie nun dazu, an die Öffentlichkeit zu gehen. Sein positiver Fall zeigt auf, dass europäische Regierungen in der Lage sind, ihre Staatsbürger mit Verhandlungsdruck freizubekommen, wenn der politische Wille vorhanden ist. Seinen österreichischen Zellenkameraden beschrieb er mit den Worten „What a lovely Gentlemen“.
Österreich untätig
Doch genau hier lieg das Problem. Österreichs Außenministerium gelang es bis heute nicht, über die Befreiung des Entführungsopfers zu verhandeln. Was England in wenigen Wochen schaffte, daran scheitert die schwarz-grüne Regierung seit Monaten: Einen unbescholtenen Staatsbürger in ausländischer Haft zu befreien. Mittlerweile kommt die Vermutung auf, das sei sogar Absicht. Denn Dr. Herbert Fritz ist Teil des nationalen, freiheitlichen Lagers und für Regierende und Medien daher ein geächteter Rechter. Auf Nachfragen reagiert man im Außenministerium verhalten und vertröstet seit Monaten auf angebliche „baldige Freilassung“. Ein Brief des Bruders an Bundespräsident Alexander Van der Bellen wurde von diesem gänzlich ignoriert.
Größter Wunsch: „Weihnachten wieder zu Hause“
Dr. Herbert Fritz hat zwei Töchter, einen Sohn, fünf Enkelkinder und ein Urenkelchen. Sie alle, wie sein Bruder, hoffen inständig ihn noch einmal wieder sehen zu können: „Dass er Weinachten wieder bei uns sein könnte, das wär unser Wunsch“, so eine seiner Töchter. Um die Familie bei der Erfüllung dieses frommen Weihnachtswunsches zu unterstützen, ist es wichtig den Fall publik zu machen und die österreichische Regierung zum Handeln zu bewegen. Seit kurzem kann online eine Petition für Herbert Fritz unterzeichnet werden.