Dr. Maximilian Krah beim IfS: Israel und der deutsche Schuldkomplex

Dr. Maximilian Krah, Spitzenkandidat der AfD zur Europa-Wahl, beleuchtete vor wenigen Wochen das Minenfeld Nahost-Konflikt auf einem Kongress des „Instituts für Staatspolitik“. Dabei stellt er einen interessanten Konnex zum deutschen Schuldkomplex her und versteht den überhöhten Israel-Zuspruch vieler deutscher Politiker – auch vieler AfD-Funktionäre – als Ersatzpatriotismus.

Mit der Feststellung: „Es ist nicht wirklich unser Konflikt“, skizziert er den Ausgangspunkt seiner Analyse. Dabei ordnet er Israel ausdrücklich als „positives Projekt“ ein, betont aber den Vorrang deutscher Interessen. Worunter im Moment primär keine weiteren Flüchtlingsströme zu verstehen sind. Denn derzeit gelten 5 Millionen palästinensische Araber als völkerrechtlich anerkannte Flüchtlinge. Zum anderen, so Dr. Krah, ist eine deeskalierende Haltung und Diplomatie die einzig rationale Lösung, weil es eine Einigung der islamischen Welt unbedingt zu verhindern gilt. Viele Liberalkonservative kritisieren diese Ansicht jedoch scharf und schlagen sich komplett auf die Seite Israels.

Israel als Ersatzidentität

Als maßgebenden Grund dafür erörtert der AfD-Bundesvorstand die fehlende Identifizierung mit dem eigenen Vaterland. Stattdessen nutze man Israel als eine Ersatzidentität. Als Beispiel führt er den veröffentlichten Chatverlauf vom Springer-Verlag-Chef Mathias Döpfner an. „Israel – my country“ hieß es dort. Für Dr. Krah ist allerdings selbstverständlich: Die Identifikation mit dem Eigenen steht über seiner pro-israelischen Grundhaltung, was ihn zur Formulierung: „Deutschland mein Vaterland, Israel our friend“ bringt.

Eigenartige Vergangenheitsaufarbeitung

Die Anhänger dieses Ersatzpatriotismus begründen ihre Haltung nach außen gern damit, dass Israel angeblich die selben westlichen Werte vertrete. Doch der Europapolitiker Dr. Krah entlarvt diese Argumentation unter anderem im Punkt Islam. Denn die jetzige Politik führe erst Recht zu einer Radikalisierung der muslimischen Welt. Stattdessen legt Krah nahe, dass es sich um eine verschobene Vergangenheitsbewältigung handelt. Dafür spricht  das unterschiedliche Geschichtsverständnis in Ost- und Westdeutschland. Während in der DDR ein weitgehend positiver Gründungsmythos erzählt wurde, ist hier die Zahl der Israel-Fanatiker geringer.

Nationale Neurosen werden deutlich

Besonders zum  Ausdruck kommen die Auswirkungen des Ersatzpatriotismus in den aktuellen Forderungen der „Bürgerlichen“. Nicht nur, dass im Hauptstrom debattiert wird, das Versammlungsrecht für Muslime in Deutschland einzuschränken.  Sogar die Vertreibung ganzer Volksgruppen wird „explizit gefordert“, so Krah. Man will das eigene Defizit – die Untaten des NS – damit ausgleichen, dass man die damaligen Opfer unterstützt – koste es was es wolle.

Die Chance der Tabubrüche

Erschrocken über die Kaltherzigkeit des liberalkonservativen Bürgertums sieht Dr. Krah in der Enttabuisierung von Themenfeldern Raum für eigene Ansätze. Wenn Julian Reichelt die Bombardierung Dresdens rechtfertigt, dann kann man ihm im Gegenzug widersprechen und auch die Zivilbombardierung im Gaza verurteilen. Die Diskussion über Inkaufnahme ziviler Opfer lässt es zu, nicht nur über Verbrechen von, sondern auch an Deutschen zu reden.

Hoffnung für die Zukunft

AfD-Vorstand Maximilian Krah schließt seine Ausführung mit zwei aufmunternden Statistiken. Zum einen ist die übersteigerte pro-israelische Haltung überwiegend in der Altersgruppe der Boomer und weniger in der jüngeren Generation verortet. Zum anderen sind 80 Prozent der AfD-Wähler gegen eine besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel. Die Vorzeichen für eine Entwicklung hin zu einem wahren Patriotismus stehen also gut.

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