Viel wird aktuell über das Potenzial und die politische Bedeutung der Bauernproteste gesprochen. Vincenco Richter, identitärer Aktivist und Heimatkurier-Korrespondent, war am Montag in Berlin vor Ort und konnte dort unzählige Gespräche mit Demonstranten führen. In seinem Vorortbericht zieht er einen Vergleich mit den Coronaprotesten und gibt eine strategische Lageeinschätzung.
Ein Bericht von Vincenco Richter
Am 8. Januar wurde Deutschlandweit in unzähligen Städten der Auftakt zur angekündigten großen Protestwoche geschaffen, welche am kommenden Montag, dem 15. Januar, in Berlin gipfeln soll. Autobahnen und Landstraßen wurden gleichermaßen blockiert, während zigtausende Menschen auf die Straße drängten. Besonders viele mittelständische Betriebe beteiligten sich an dem Protestgeschehen im ganzen Land. Im Folgenden führe ich einige persönliche Eindrücke des Protestauftakts in Berlin auf und bewerte sie.
Der frühe Vogel…
Während der Mobilisierungsphase zum 8. Januar war noch unklar, wann und wo genau es in Berlin beginnen würde. Klar war nur die Notwendigkeit, so früh wie möglich aufzubrechen, um nicht im Verkehrschaos der zahlreichen angekündigten Straßensperren hängen zu bleiben. Gegen sieben Uhr kamen wir mit einem kleinen Reporterteam des Heimatkuriers in Berlin-Mitte an. Auf dem Weg begegneten uns bereits zahlreiche Kolonnen von Traktoren, LKWs und Transportern, alle in der gleichen Richtung unterwegs. Inzwischen hatte sich bereits herumgesprochen, dass sich alle Fahrzeuge auf der Straße des 17. Juni sammeln würden. Zahlreiche Erinnerungen an legendäre Demonstrationen während des Coronaregimes sind mit diesem Ort verknüpft. Angekommen stellten wir fest, dass der Bereich direkt vor dem Brandenburger Tor bereits vollständig von schweren Fahrzeugen blockiert war. Von der Polizei wurden die weiteren eintreffenden Fahrzeuge auf den hinteren Teil der Straße des 17. Juni gelotst, bis gegen 9 Uhr der ganze Bereich bis zur Siegessäule blockiert war. Im Gespräch gaben einige Demonstranten, welche direkt vor dem Brandenburger Tor standen, an, bereits am Vorabend angereist zu sein.
Nicht nur ein Bauern-, sondern ein Volksprotest
Im Gespräch vor Ort wurde schnell klar, dass es den Demonstranten keineswegs ausschließlich um die Kürzungen der Subventionen für Agrardiesel ging. An dieser Stelle sei angemerkt, dass hier bewusst von „Demonstranten“ und nicht allein von „Bauern“ geschrieben wird. Selbstverständlich stellen die Subventionskürzungen den Stein des Anstoßes und die Bauern den Kristallisationspunkt für die Proteste dar. Doch war vor Ort unübersehbar, dass sich neben Traktoren zahlreiche weitere Fahrzeuge in Berlin eingefunden hatten. Die wenigsten von ihnen waren Privatfahrzeuge. Im Gegensatz zu nahezu allen Großdemonstrationen der jüngeren Vergangenheit setzte sich dieser Protest in erster Linie aus ganzen Unternehmen zusammen. Die Firmenfahrzeuge, welche aus allen Teilen der Bundesrepublik angereist kamen, waren zumeist mit einem Großteil der jeweiligen Belegschaft gefüllt, die für diese Demonstration extra Urlaub bekommen hatten. Im Gespräch berichtete uns ein Stahlarbeiter aus Eisenhüttenstadt, dass sein Vorgesetzter die Proteste stark unterstütze und ihm daher kurzfristig Urlaub genehmigte, damit er mit einer größeren Gruppe nach Berlin reisen konnte.
Protest gegen Globalismus
Ein Berliner Handwerker berichtete weiter, dass in seinen Augen das Problem deutlich tiefer reiche als lediglich eine falsche Subventionspolitik in der Landwirtschaft. Auf Nachfrage bestätigte er, dass der Protest aus seiner Sicht klar gegen den Globalismus gerichtet sei.
Die vielen Plakate und Fahnen, welche die verschiedenen Fahrzeuge zierten, gaben ihm Recht. Der Großteil der Botschaften richtete sich gegen die Ampelregierung.
Vergleich mit Coronaprotesten
Vereinzelt beklagten Demoteilnehmer in Berlin, Bilder und Protestzahlen wie im August 2020 zu vermissen. Nach der umfangreichen Mobilisierung und der vorherrschenden Aufbruchsstimmung, rechneten manche mit noch größeren Erfolgen, manche sogar mit Neuwahlen. Allerdings wird an dieser Stelle übersehen, dass die Corona- und die Bauernproteste fundamentale Unterschiede aufweisen. Zum einen fanden die Megademos 2020 jeweils nicht werktags bei zweistelligen Minusgraden, sondern an Samstagen mit sommerlichen Temperaturen statt. Protestlager über Nacht sind ohnehin immer schwierig, doch bei minus zwölf Grad liegen sie – zumindest auf Massenbasis – einfach außerhalb aller realistischen Erwartungen. Darüber hinaus konnte man bei den Megademos 2020 in Berlin damit rechnen, dass man im Regelfall ungehindert zu den Demonstrationen gelangen konnte. Dies war nun durch die angekündigten Blockaden bei den Bauernprotesten nicht gegeben. Wer sich am 08.01.2024 auf den Weg nach Berlin begab, musste entweder schon Stunden vor dem ersten Sonnenstrahl aufbrechen, oder riskieren, seinen kurzfristig genommenen Urlaubstag im Stau vor einer Straßensperre zu verbringen – ein Aspekt, welcher sich nicht gerade förderlich auf die Mobilisierung ausgewirkt haben dürfte. Bei aller Sympathie für die Blockaden muss dieser Effekt dennoch bedacht werden.
Agrarsubventionen als klassisches Proxythema
Darüber hinaus war die Ausgangslage bei den Coronaprotesten dahingehend verschieden, als das kritisierte Thema jeden einzelnen ganz unmittelbar betraf. Im Unterschied zu den gestrichenen Agrarsubventionen konnte jeder am eigenen Leib die Auswirkungen der falschen Politik spüren und sah sich mit jedem Einkauf aufs Neue mit den absurden Gängelungen der Regierung konfrontiert. Der Bauernprotest hingegen ist deutlich allgemeiner und abstrakter. Er stellt eine generelle Kritik an der Bundesregierung und der durch sie verkörperten herrschenden Ideologie dar. Die Agrarsubventionen können daher als ein klassisches Proxythema gesehen werden, durch welches ein viel tiefer liegendes Problem angesprochen wird: Die Regierung handelt gegen die Interessen des deutschen Volkes. In dieser Erkenntnis ist inbegriffen, was für jeden außerhalb des politmedialen Kartells selbstverständlich ist: Es gibt ein deutsches Volk, und dieses gilt es zu erhalten! Während die Coronaproteste oftmals noch aus einem – völlig verständlichen, und nachvollziehbaren – Egoismus („Ich möchte kein Versuchskaninchen sein“) getragen wurde, formieren sich die Bauernproteste aus einer politischen Erkenntnis. Das macht die aktuellen Proteste in gewisser Hinsicht sogar noch um einiges wichtiger und interessanter als die Megademos 2020.
Strategische Einschätzung
Noch unmittelbar vor dem 8. Januar sagte der Präsident des sächsischen Bauernverbandes Torsten Krawczyk, bezeichnenderweise in einem offiziellen Podcast der CDU, es handele sich bei den Protesten um ein Wirtschaftsthema, und nicht um eine politische Veranstaltung. Vielmehr seien die Demonstrationen ein Zeichen der Verbundenheit mit dem sächsischen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), welchen er zudem als „großen Lenker unseres Landes“ betitelte. Es erübrigt sich, in diesem Zusammenhang darzustellen, aus welchem Grund sich die meisten Bauern nicht mehr von diesem Verband vertreten fühlen. Doch man kann das Narrativ, welches die Globalisten auf der Regierungsbank zu spinnen versuchen, an dieser Stelle exzellent und glasklar erkennen. Zum einen wollen sie die kritisierte Komponente auf die wirtschaftliche Ebene beschränken und zu einer Sachfrage verkleinern. Ganz im Stile der Postdemokratie, wonach es keine politischen Entscheidungen, und schon gar keine Richtungsfragen mehr gäbe, wird an dieser Stelle versucht, den Protest von seinem eigentlichen Kern abzubringen.
Das CDU-Narrativ muss gebrochen werden
Diesem Narrativ gilt es sich mit kreativen Bannern und Plakaten in jedem Ort, wo Proteste stattfinden, entgegenzustellen. Es muss deutlich gemacht werden, dass sich die Proteste im Kern in der Erkenntnis begründen, dass das herrschende Kartell aus Politik und Medien gegen das eigene Volk agieren. Zum anderen will sich die CDU versuchen, als Gegner der Ampel darzustellen. Auf dem Weg nach Berlin Mitte standen dazu passend große Plakate mit der Aufschrift „Der Ampel das Stop-Schild zeigen – diesmal CDU“. Auf diese Weise versucht sich die CDU aus der gerechtfertigten Kritik heraus zu winden und als vermeintliche Opposition auszugeben, nachdem sie Jahrzehntelang genau den gleichen Kurs mitgetragen hat und beispielsweise in Sachsen sogar selbst mit den Grünen koaliert. Leider sind dennoch einige Menschen anfällig für derlei unlautere Täuschungsmanöver. Das patriotische Narrativ muss daher auch diesen Aspekt auf dem Schirm haben und die CDU jedes Mal aufs Neue demaskieren. Es ist nicht ihr Protest, sondern richtet sich ganz genau so auch gegen sie, ob auf der Regierungsbank oder nicht.