Die Meldung sorgte in sozialen Medien bei Millionen Nutzern für Aufsehen: In viralen Videos liefern sich orthodoxe Juden in einer Synagoge in New York mit der Polizei Rangeleien. Einzelne kriechen aus Schächten auf die Straße und flüchten in die Dunkelheit. Die Frage nach Sinn und Zweck des eigenmächtig gegrabenen Tunnelsystems sorgt im Netz für wilde Spekulationen.
Am Montag wurden auf der Plattform «X» (Vormals Twitter) mehrere bizarre Videos publik. Darin ist zu sehen, wie die New Yorker Polizei Dutzende orthodoxe Juden aus dem Eingang eines geheimen Tunnelsystem in einer New Yorker Synagoge zerrt. Weitere Videos zeigen orthodoxe Juden, die auf der Flucht vor der Polizei durch Schächte aus dem Untergrund kriechen und auf die Straße flüchten. Der Sinn des weitläufigen Tunnelsystems ist jetzt Gegenstand zahlreicher Spekulationen.
Bisherige Fakten über das Untergrundsystem
Bisher ist bekannt, dass das Tunnelsystem in den letzten sechs bis acht Monaten errichtet wurde. Die Gänge wurden unterhalb der 770 Eastern Parkway angelegt. Als Eingang fungierte die in der Straße befindliche Synagoge. Diese ist das weltweite Hauptquartier der „Chabad-Lubawitsch„-Gruppierung, einer orthodoxen, religiös-mystischen Strömung innerhalb des Judentums. Im Tunnelsystem befanden sich zahlreiche Bücher, schmutzige Matratzen, Kindersitze sowie Werkzeug, um weitere Tunnelgänge anzulegen. Einer der Gänge verband die Synagoge mit einer Mikvah, einem Waschraum, den Juden vor dem Gebet aufsuchen. Ebenfalls war eine Frauentoilette durch das Tunnelsystem erschlossen.
Anwohner hörten Jiddisch unter der Erde
Der Einsatz der New Yorker Polizei erfolgte, da das Tunnelsystem illegal angelegt wurde und die Hohlräume die Stabilität der Gebäude darüber gefährdete. Nachdem die Stollen geräumt wurden, begannen umgehend die Arbeiten, um die Gänge mit Beton aufzufüllen. Erstmals entdeckt wurde das Tunnelsystem bereits im Dezember, als Bauarbeiter bei der Überprüfung von Wasserleitungen überraschend auf Hohlräume stießen. Zuvor hatten sich bereits Anwohner über Lärmbelästigung beschwert und sprachen von lauten Gesprächen unter der Erde. Tatsächlich sollten die Bewohner Recht behalten.
Tunnel wird geräumt
Als die Polizei anrückte, um das Tunnelsystem dichtzumachen, versammelten sich die Tunnelgräber bei den Eingängen. Einige sollen in das Untergrundsystem gerannt sein, um Beweise zu vernichten, andere flüchteten über Schächte im Tunnel auf anliegende Straßen und verschwanden. Einige verharrten jedoch im Untergrund der Synagoge und leisteten Widerstand. Die Polizei verhaftete insgesamt zehn Personen. Die Führung der Synagoge und ihrer Rabbiner äußerten sich positiv zum Polizeieinsatz und stritten ab, von dem Tunnelsystem in ihrer Synagoge gewusst zu haben.
Zweck der Tunnel unklar
Über den Zweck des Tunnelsystems rätselt das Netz. Die gefundenen Matratzen lassen darauf schließen, dass im Tunnel möglicherweise übernachtet wurden. In der Erde unter New York dürften die Hobby-Stollengräber jedenfalls weder Gold noch Öl gefunden haben. Anfängliche Rechtfertigungen, dass die Tunnels während der Corona-Lockdowns angelegt wurden, um auch während Ausgangssperre das Gotteshaus zu besuchen, erweisen sich als falsch, da die Tunnels höchstens ein Jahr alt sind. Von offizieller Seite wurde verlautbart, dass „radikale Studenten aus Israel“ durch die Tunnels den Gebäudekomplex illegal vergrößern wollten. Sinn und Zweck der Tunnels bleiben jedenfalls unklar. Ob die Polizei weitere Ermittlungen einleiten wird oder sich mit dem Auffüllen der Schächte begnügt, ist aktuell ebenfalls nicht abschließend geklärt.