Correctiv versteht sich als seriöser Faktenprüfer. Den Großen Austausch bezeichnet das linke Netzwerk als „Verschwörungserzählung“. Hat sich Correctiv einen Großen Strohmann zusammengeraunt? Jonas Greindberg reagiert mit seinem Kommentar auf die jüngste „Enthüllung“ des linken Soros-Netzwerkes und zieht eine Verbindung zu transatlantischen Netzwerken.
Ein Kommentar von Jonas Greindberg
Correctiv deckte jüngst einen „Geheimplan gegen Deutschland“ von AfD-Funktionären, Unternehmern und Identitären auf. Im Schatten eines Anwesens in Potsdam sollen rechte Dunkelfrauen und Dunkelmänner die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland geplant haben. Philipp Huemer widerspricht: Martin Sellner sprach bei dem Treffen von Remigration. Ein Konzept, das AfD-Politiker, Denkfabriken, Verlage und Aktivisten schon lange vertreten. Und zwar öffentlich.
Auch zum Bevölkerungsaustausch baut sich Correctiv gerne Strohmänner. Bei diesem rhetorischen Kniff werden die krudesten Argumente für eine Idee gesammelt und dann „widerlegt“. Als Reaktion auf die Besetzung des Brandenburger Tors durch Identitäre im August 2016 meldete sich Correctiv. Die Aktivisten hätten mit ihrer Aktion gegen den Bevölkerungsaustausch protestiert. Dieser werde nach Ansicht der Identitären von „dunklen Mächten“ gesteuert, raunte Correctiv. Hinter diesen Mächten würden, so Correctiv ein Jahr später, meist die Juden vermutet. Zur Kontextualisierung dieser Theorie, die in altrechten Kreisen besonders beliebt ist, sei auf das Wirken des österreichischen Kosmopoliten Richard Coudenhouve-Kalergi verwiesen.
Dunkle Mächte
Richard Coudenhove-Kalergi schrieb 1925 in Praktischer Idealismus: „Der Mensch der fernen Zukunft wird Mischling sein. Die heutigen Rassen und Kasten werden der zunehmenden Überwindung von Raum, Zeit und Vorurteil zum Opfer fallen. Die eurasisch-negroide Zukunftsrasse, äußerlich der ägyptischen ähnlich, wird die Vielfalt der Völker durch eine Vielfalt der Persönlichkeiten ersetzen.“ Der Konrad-Adenauer-Stiftung zufolge ermöglichte der Bankier Max Moritz Warburg (1867 – 1946) Kalergi mit einer Spende die Gründung der Paneuropa-Union.
Warum reagieren linke Netzwerke so gereizt, wenn die Verbindungen von Kosmopoliten zum Bankenwesen offengelegt werden? Im Fall von Correctiv könnte es etwas damit zu tun haben, dass die Organisation bislang 420.000 Euro von George Soros’ Open Society Foundations erhalten hat.
Unter Kalergis Führung entwickelte sich die Paneuropa-Union zu einer einflussreichen Denkfabrik für eine europäische Einigung mit transatlantischer Ausrichtung. Für seine Verdienste um ein vereintes Europa erhielt Kalergi, dem als Sohn eines Österreichers und einer Japanerin der Kosmopolitismus in die Wiege gelegt worden war, 1950 den Karlspreis. Diese Würde teilt er mit Henry Kissinger, Helmut Kohl, der Europäischen Kommission, Bill Clinton, dem Euro, Angela Merkel, Donald Tusk und Wladimir Selenski.
Der „Kalergi-Plan“ genießt in vielen alternativen Medien einen außerordentlich hohen Stellenwert. Für mich als Patrioten und Faktenfanatiker ist die Frage, ob Angela Merkel oder Olaf Scholz möglicherweise von Kalergis Ideen beeinflusst sein könnten, jedoch völlig nebensächlich. Was mich interessiert, ist der Einfluss von Netzwerken und Lobbygruppen, welche die EU und Deutschland auf Kurs mit den woken Zielen der amerikanischen Ost- und Westküsteneliten bringen.
Die linke Kabarettsendung Die Anstalt berichtete bereits 2014, wie die Trilaterale Kommission, der German Marshall Fund und die Atlantik-Brücke die Politik der EU und Deutschlands beeinflussen. Zwei besonders umtriebige Transatlantiker klagten gegen die ihre Nennung in der Sendung auf Unterlassung. Die Klage der Zeit-Journalisten Josef Joffe und Wolfgang Bittner wurde Anfang 2017 vom Bundesgerichtshof abgewiesen: Ihre Mitgliedschaften in transatlantischen Netzwerken würden objektiv einen Interessenkonflikt begründen. Joffe musste im Mai 2022 in Schimpf und Schande als Mitherausgeber der Zeit abdanken. Denn er hatte dem Bankier Max Marcus Warburg Jr. (* 1948) gesteckt, dass die Zeit einen kritischen Bericht über ihn schreibe. Wenig überraschend: Sowohl der Journalist als auch der Bankier sind Mitglieder der Atlantik-Brücke.
Für Dimitrios Kisoudis führte die Unterordnung Deutschlands unter den „Nomos der US-Vorherrschaft“ zu einer allmählichen Verschmelzung Europas mit Afrika. Dieser Schmelztiegel werde durch transatlantische Eliten betrieben und durch Hollywood und Rapmusik befeuert.
Correctiv versuchte im September 2017 von den Folgen des Bevölkerungsaustauschs mit einem weiteren Strohmann abzulenken: Der Anteil ausländischer Neugeborener in Deutschland sei geringer als von konservativen Medien behauptet. Das Argument des rechten Compact-Magazins, unter den deutschen Staatsangehörigen würden sich fünf Millionen Frauen mit Migrationshintergrund verbergen, tat das linke Netzwerk als „vermeintliche Biologie“ ab. Die Äußerungen transatlantischer Politiker zum Großen Austausch und die demografische Entwicklung zeigen jedoch, wie irreführend die Nebelkerzen sind, die Correctiv zur Verschleierung des Großen Austauschs regelmäßig abfeuert.
Wir werden dich austauschen
Joe Biden, der in einem katholischen Haushalt aufwuchs, sagte bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus im Februar 2015: „Ein nicht versiegender Einwanderungsstrom. Ununterbrochen. Leute wie ich – Kaukasier europäischer Abstammung – werden 2017 erstmals in der absoluten Minderheit sein. […] Weniger als 50 Prozent der Menschen in Amerika werden weißer Abstammung sein. Das ist nichts Schlechtes. Das ist eine Quelle unserer Stärke.“ Möglicherweise hat sich Joe Biden, der damals noch Obamas Vizepräsident war, versprochen. Denn laut US-Zensus sind weiße Amerikaner noch keine Minderheit. Sie stellen aktuell 59 Prozent der Bevölkerung. Doch die Tage der weißen Amerikaner sind gezählt. Laut der Studie The Worst Year on Record For Illegal Immigration des konservativen America First Policy Institute seien im vergangenen Jahr 3,2 Millionen Illegale in die USA eingedrungen. Die legale Einwanderung wurde in der Studie nicht berücksichtigt.
Angela Merkel sagte der Welt mit ihrem „Wir schaffen das“ vom August 2015: Kommt! Und die Welt kam. Die Atlantik-Brücke wirbt auf ihrer Internetseite mit einem Zitat der Pastorentochter und Ex-Bundeskanzlerin: „Auf dem Weg, Partnerschaft und Freundschaft mit Amerika zu knüpfen, hat sich die Gründung der Atlantik-Brücke als Glücksfall erwiesen.“
Katrin Göring-Eckardt schlägt ähnliche Töne an. Auf dem Grünen-Parteitag im November 2015 wetterte die damalige Grünen-Chefin mit christlichen Argumenten gegen die Einwanderungspolitik der CSU. Zum Großen Austausch sagte sie: „Wir reden darüber, wie unser Land in 20, in 30 Jahren aussieht. Es wird jünger werden. Ja, wie großartig ist das denn? Wie lange haben wir über die Demografie gesprochen? Ja, wie wunderbar ist das! Das haben wir uns immer gewünscht. Wahrscheinlich wird es auch religiöser werden. Na klar.“ Auf der Internetseite der Grünen schrieb Göring-Eckardt, die jahrelang Chefin der Evangelischen Kirche in Deutschland gewesen war, sie sei wie viele Grüne Mitglied der Atlantik-Brücke. Die Organisation sei „genauso demokratisch“ wie ein Sportverein.
Die Einbettung deutscher Eliten in transatlantische Netzwerke bleibt nicht folgenlos: 2022 wurde mit 2,7 Millionen Einwanderungen nach Deutschland ein trauriger Rekord aufgestellt. Aktuell haben in Deutschland 24 Prozent aller Einwohner einen Migrationshintergrund. Während im US-Zensus die „Ethnie“ (race) erfasst wird, lässt der Migrationshintergrund nur Rückschlüsse auf die Staatsangehörigkeit der Eltern zu. Ein ethnischer Deutscher, dessen Eltern aus Chile oder Russland heimgekehrt sind, hätte demnach einen „Migrationshintergrund“. Das Statistische Bundesamt geht jedoch nicht von einem Migrationshintergrund aus, wenn beide Eltern bereits bei ihrer Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft besaßen. Dies ist häufig bei Türken der Fall, die schon in der dritten oder vierten Generation in Deutschland leben. Es ist daher davon auszugehen, dass der Anteil nicht-ethnischer Deutscher weit über 24 Prozent der Bevölkerung beträgt.
Moslem-Invasion
Ein beliebter Strohmann zur Widerlegung des Großen Austauschs ist die Erzählung, es gebe eine „geplante Invasion durch Muslime“. Mit diesem Hinweis versuchte Correctiv im September 2017, den Bevölkerungsaustausch in Frage zu stellen. Der Ehrlichkeit halber muss es einmal gesagt werden: Die falsche Verschwörungstheorie einer geplanten Moslem-Invasion wurde vom Vater des Begriffs vom Großen Austausch in die Welt gesetzt. Renaud Camus schrieb 2012 in Le Grand Remplacement: „Eines Tages werden Millionen Menschen die südliche Hemisphäre verlassen, um nach dem Norden zu gehen. Und sie werden ihn nicht als Freunde aufsuchen. Denn sie werden dorthin als Eroberer gehen. Und sie werden den Norden erobern, indem sie ihn mit ihren Kindern bevölkern. Der Bauch unserer Frauen wird uns den Sieg geben.“ Camus schrieb, Houari Boumédiène habe diese Worte als Präsident Algeriens in einer Rede am 10. April 1974 im UNO-Hauptquartier in New York gesprochen.
Unglaublich! dachte ich vor einigen Jahren beim Lesen dieser Zeilen. Welcher Wahnsinnige würde vor den Augen und Ohren der Weltdiplomatie seine feindlichen Eroberungspläne hinausposaunen? Boumédiène hat diese Worte nie gesagt. Camus hat in seinem Grundlagenwerk, dem die Identitären eines ihrer mächtigsten Schlagworte verdanken, eine falsche Verschwörungstheorie verbreitet. In seiner Rede vor der UN-Generalversammlung verurteilte Boumédiène zwar die imperialistische Politik der USA und der Sowjetunion, von einer islamischen Eroberung des Westens durch Masseneinwanderung sprach der algerische Präsident jedoch nicht.
Diese Tatsache muss uns Patrioten vor einem falschen Verständnis der Theorie des Bevölkerungsaustausches warnen. Wir dürfen nicht auf der Jagd nach finsteren Verschwörern die Fakten aus den Augen verlieren. Unsere Analysen müssen sich auf nachprüfbare Beobachtungen stützen. Nicht machiavellistische Moslem-Politiker treiben die Verdammten dieser Erde zu uns, sondern Armut und das Versprechen volksferner Transatlantiker, jeden Dahergelaufenen in den deutschen Sozialstaat zu integrieren.
Jeder ist rechtsextrem
Correctiv bezeichnet Personen, die den Bevölkerungsaustausch kritisieren, pauschal als rechtsextrem: Ob Lübcke-Mörder, AfD, Republikaner oder Identitäre – für das linke Netzwerk sind alle „Rechtsextremisten“. Der handzahme AfD-Politiker Martin Sichert erregte mit seiner Anbiederung an exotische Orientminderheiten den Unmut deutscher Patrioten. Correctiv bedenkt ihn dennoch mit dem wenig schmeichelhaften Attribut „neo-nationalsozialistisch“ [!].
Der inflationäre Gebrauch des Wortes „Extremismus“ erinnert an den deutschen Inlandsgeheimdienst. Dieser ist im Staatsfunk auch unter dem Namen „Verfassungsschutz“ bekannt. Geheimdienstler und Correctiv-Redakteure scheinen im Lateinunterricht geschlafen zu haben. Denn das Adjektiv extremus bedeutet „äußerst“, „am Rande“. Man sollte aber nicht meinen, diese Tatsache würde unsere Problemschüler auch nur im Geringsten stören.
Der Geheimdienst schreibt auf seiner Internetseite: „Queerfeindlichkeit“ (gesprochen: quer) sei typisch für Rechtsextremisten. Die Ablehnung „moderner Geschlechterverständnisse“ illustriert der Geheimdienst mit dem Sticker einer rechten Kleinstpartei. Auf diesem steht: „Es gibt nur zwei Geschlechter.“ Auf X / Twitter jammerte Correctiv, warum „queer“ immer noch ein Tabu darstelle. Und verlinkte auf einen Artikel, der junge Leute dazu aufruft, „dem alten weißen Mann“ seine Macht zu entreißen. Wer glaubt, dass die Geschlechtszugehörigkeit von der Chromosomenzahl abhängt, müsste nach dem Verständnis von Correctiv und vom Geheimdienst wohl rechtsextrem sein. Ob dazu auch die 41 Prozent der Deutschen gehören, die sich im Juli 2022 in einer YouGov-Umfrage gegen das Selbstbestimmungsgesetz aussprachen?
Beim Thema Migration wird es noch deutlicher: Einer Umfrage von Statista zufolge waren im vergangenen Jahr 64 Prozent der Deutschen der Meinung, dass Zuwanderung mehr Nachteile als Vorteile bringe. Laut der ARD waren 78 Prozent der Befragten mit der Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt unzufrieden. Eine effizientere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber wünschten sich 80 Prozent.
AfD wird neue Mitte, Ampel an den äußersten Rand gedrängt: Wahlprognosen für Sachsen (links) und Thüringen (rechts). Quelle: Institut Wahlkreisprognose für Sachsen und Thüringen.
Noch wilder erscheinen die kruden Correctiv-Theorien angesichts der politischen Landkarte: Nach Erststimmen würden am 4. Januar 2024 fast alle westdeutschen und fast alle mitteldeutschen Wahlkreise an die Union bzw. die AfD gehen. Umfragen des Instituts für Wahlkreisprognose zufolge würde sich die AfD bei den kommenden Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen mit rund 37 Prozent als neue Mitte etablieren. Die Ampelparteien kämen zusammen nicht einmal auf die Hälfte der AfD-Stimmen.
Wie Correctiv den Menschen erklären will, dass eine Partei mit absoluter Mehrheit am Rand der Gesellschaft stehen kann – denn das bedeutet ja extremistisch –, wird noch zu einer der ganz großen Herausforderungen des linken Netzwerks werden. Eines ist aber schon jetzt klar: In einem AfD-geführten Deutschland wird Correctiv, das bislang knapp 1,1 Millionen von der EU und dem deutschen Staat erhalten hat, den Gürtel enger schnallen müssen.