Mitten im Stadtteil Gnigl im Salzburger Norden soll im Sommer ein Asylquartier für vorerst 200 Personen entstehen. Erfahrungsgemäß wird es sich dabei überwiegend um junge Männer aus dem afro-arabischen Raum handeln. Die betroffenen Anwohner werden von der Politik vor vollendete Tatsachen gestellt – jetzt organisieren sie sich und kündigen Widerstand an.
Das ehemalige PORR-Gebäude in der Scherenbrandtnerhofstrasse 5 sorgt bereits seit mehreren Monaten für Aufregung. Im September war erstmals bekannt geworden, dass der Standort möglicherweise für ein Quartier für insgesamt 200 Asylanten in der Grundversorgung vorgesehen ist. Dabei handelt es sich erfahrungsgemäß vorwiegend um junge Männer aus dem afroarabischen Raum, die auf eine Entscheidung ihres Asylverfahrens warten. Auch die Überbelegung derartiger Unterkünfte ist zumeist die Regel. War man anfangs noch um Beschwichtigung bemüht, wurden die Pläne von der Landesregierung mittlerweile bestätigt.
Ein Angriff auf das soziale Gefüge
Ein kurzer Blick auf Google Maps verdeutlicht die Brisanz des Vorhabens. In unmittelbarer Umgebung befinden sich eine Volksschule sowie der entsprechende Schulweg, mehrere Spielplätze, Naherholungsgebiete und Einkaufsmöglichkeiten. Nicht zuletzt deshalb bewerten die betroffenen Anrainer das Vorhaben, „hunderte alleinstehende junge Männer lediglich temporär in ein Siedlungsgefüge einzubetten bzw. zwischenzuparken“ als „Angriff auf unser soziales Gefüge“. Das schreiben jene Anrainer, Eltern und Nachbarn, die sich als Reaktion auf die Pläne zu einer überparteilichen Initiative formiert haben, um gegen die Pläne Widerstand zu leisten.
Lebenswertes Salzburg Nord
Unter dem Namen „Lebenswertes Salzburg Nord“ schildern die Betroffenen auf der Homepage der Initiative eindrücklich die gegenwärtige Lage sowie ihre Anliegen und Sorgen. Von den politischen Verantwortlichen wurde man vorab weder informiert, noch in Überlegungen zu einer praktikablen Umsetzung einbezogen. Auf Heimatkurier-Anfrage nehmen die Initiatoren vor allem den amtierenden Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) in seiner Funktion als gewählter Bürgervertreter in die Pflicht. Sonstige Zuständigkeiten des Verwaltungsapparats seien „eine rein interne Angelegenheit“ und für die „betroffenen Bürger in keiner Weise relevant, da von außen nur schwer einsehbar.“
Drohender Verlust des öffentlichen Raums
Besonders bewegt sie die Sorge, den öffentlichen Raum an die beschäftigungslosen und alleinstehenden jungen Männer zu verlieren: „Wir wollen nicht, dass sich unsere Familien aus diesen Erholungsräumen zurückziehen, um nicht in Konflikte zu geraten, die zwangsläufig durch kulturelle Gegensätze aufgeladen sind.“ Eine Befürchtung, die angesichts zahlreicher Fallbeispiele keineswegs an den Haaren herbeigezogen ist. So sorgte 2022 in Salzburg bereits das Asylquartier in Bergheim für Aufregung – besonders Frauen fühlten sich bedroht: „Meine Tochter wohnt bei der Bushaltestelle. Dort hat sie kürzlich einmal 30 gezählt um 21.30 Uhr. Das ist natürlich beängstigend“, so ein Anrainer. Eine andere Frau berichtete: „Ich traue mich allein nicht mehr her. Da kommen Trauben auf mich zu, und die greifen mir teilweise unter die Füße hindurch auf die Zigaretten hin. Und wenn man sagt Stopp, dann lachen sie nur hämisch. Es ist ein unhaltbarer Zustand. Sie spucken und urinieren dort hin. Es sieht furchtbar aus.“
FPÖ hat Asylquartiere stets kritisiert
Die FPÖ, damals noch in der Opposition und nunmehr Teil der Landesregierung, hat die Zustände anno 2022 scharf kritisiert: „Der Standort in einem kleinen Ortsteil ist nicht nur überdimensioniert, er ist dort auch völlig fehl am Platz. Die Herausforderungen werden täglich größer„, forderte Marlene Svazek die Schließung des Asylquartiers in Bergheim. Im Falle einer geplanten Asylunterkunft in Hallein sagte sie im Februar 2023: „Die Politik des Drüberfahrens ist gefährlich und bringt letztendlich den sozialen Frieden in Bedrängnis“. Zu den Plänen in Gnigl gibt es aktuell noch keine öffentliche Stellungnahme der Salzburger Freiheitlichen. Eine entsprechende Anfrage des Heimatkuriers blieb bislang unbeantwortet (Stand: 30.1.24, 7 Uhr).
Lebensqualität erhalten und schützen
Die betroffenen Bürger, deren Engagement laut eigenen Angaben nicht auf einer politischen, sondern „sozioökonomischen Betrachtungsweise“ beruht, wollen sich mit der Situation jedenfalls nicht abfinden: „Politiker reagieren leider erst, wenn sie sehen wie viele Menschen bzw. Wähler sich für ein Thema interessieren und für etwas eintreten. Tun wir uns den Gefallen und zeigen ihnen, wie sehr uns unsere Stadtteile am Herzen liegen und wie gerne wir hier wohnen.“ Letztlich gehe es darum, „die Lebensqualität unserer Familien zu erhalten und zu schützen“. In einem ersten Schritt hat man einen entsprechenden Info-Flyer entworfen. Gegenüber dem Heimatkurier gab man an, möglicherweise weitere Schritte setzen zu wollen: „Unser vorrangiges Ziel ist es, in den Köpfen der Entscheidungsträger Bewusstsein für die bevorstehende nachteilige Veränderung der Lebensumstände der Stadtteilbewohner zu schaffen, um dementsprechend die Pläne zu adaptieren. Welche Mittel dafür notwendig sind wird sich zeigen bzw. werden wir anwenden.“
Infoveranstaltung des Landes
Am heutigen Dienstag geht das Projekt jedenfalls in die nächste Runde. Um 18 Uhr findet im Pfarrzentrum St. Severin eine Informationsveranstaltung des Landes zum geplanten Asylquartier statt. Dort erwartet man sich vonseiten der betroffenen Anrainer nicht nur „Informationen und Überlegungen zur Entstehung und Umsetzung dieses Projektes“, sondern auch „konkrete, dezidierte Angaben“ zur Durchführung. Zudem wird es dort wohl erstmals die Gelegenheit geben, die Verantwortlichen mit den Anliegen und der Kritik der Bürgerinitiative zu konfrontieren. Man darf gespannt sein, ob die berechtigten Einwände tatsächlich zur Kenntnis genommen und in die Planungen mit einbezogen werden, oder man lediglich um Beschwichtigung bemüht sein wird. Blickt man auf ähnliche Fälle in der Vergangenheit, ist leider letzteres zu vermuten. Vielsagend ist bereits, dass sich kein gewählter Vertreter der Stadt Salzburg oder der Landesregierung zur Teilnahme durchringt. Nach aktuellem Informationsstand werden lediglich Anton Holzer, ehemaliger Rettungskommandant und jetziger Asyl-Beauftragter des Landes, sowie Vertreter des Roten Kreuzes, der Polizei und der Kirche daran teilnehmen.