Als bedeutsames Bindeglied zwischen AfD und rechtem Vorfeld steht die Junge Alternative (JA) seit Jahren im Visier des Verfassungsschutzes. Nach ihrer endgültigen Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ konnte die Jugendorganisation auf die Unterstützung zahlreicher Abgeordneter und Landesverbände bauen. Der Vorstand des nordrhein-westfälischen Kreisverbandes Mettmann zeigt hingegen, dass es auch anders geht: in einer entlarvenden Stellungnahme verrät er sich als Steigbügelhalter der Schlapphüte.
Ein Gastkommentar von Lars Henrikson
Wer die öffentlich einsehbare „Mitgliederinformation“ des AfD-Kreisverbands Mettmann durchliest, wird zunächst einmal im Unglauben verharren. Zur Einstufung der Jungen Alternative (JA) NRW als „gesichert extremistische Bestrebung“ ist von „großer Besorgnis“ gegenüber dieser Entwicklung die Rede. Die Einstufung des Verfassungsschutzes wird sodann indirekt bejaht, indem die JA der Vertretung von „unhaltbaren politischen Positionen“ bezichtigt wird. Dazu gehöre unter anderem eine „völkisch-ethnische Sichtweise auf unser Staatsvolk“, welche in der JA dominant sei. Um diesen angeblich vorhandenen Missstand zu beheben, schlägt der Kreisvorstand unter Führung seines Sprechers Markus Neitsch sodann mehrere Maßnahmen vor.
Zerstörung der JA als Ziel vor Augen
Wachsamkeit gegenüber Mitgliedern der JA sei nun geboten: „In jedem einzelnen Fall, in dem ein JA/AfD-Mitglied sich mit den von der JA geäußerten extremistischen Positionen solidarisiert (…) ist es Aufgabe der Vorstände durch Beantragung entsprechender Parteiausschlussverfahren diese Mitglieder aus der AfD zu entfernen.“ Sodann empfiehlt man JA-Mitgliedern in der drohenden Manier eines Arbeitgebers, der seine Mitarbeiter vor der AfD-Mitgliedschaft warnt, die Jugendorganisation zu verlassen. Eine „Zündschnur“ von der JA in die Partei dürfe nicht gelegt werden. Weitere Ausfälle und Attacken lassen sich im Originalschreiben finden.
„Kleinliche Maßnahme machttrunkener Vorstände“
Haltlose Bezichtigungen rechtsextremer Umtriebe, die Solidarisierung mit Positionen des Verfassungsschutzes, ja gar die Aufforderung zur de facto-Auflösung der Jungen Alternative. War dies bisher nicht ein Alleinstellungsmerkmal des politischen Gegners? Gewiss, Anfeindungen gegen die JA aus den eigenen Reihen sind bedauerlicherweise keine Neuigkeit. Da dieser erneute Angriff jedoch in weiter reichende politische Machtkämpfe und Abgrenzungsbestrebungen innerhalb des Landesverbandes eingebettet ist, stellt er gewissermaßen ein Novum dar. Wenn die Verfasser des Schreibens erklären, dass man keine „kleinlichen Maßnahme machttrunkener Vorstände“ zur Kaltstellung unliebsamer JAler fordere, tun diese daher genau das.
Eine AfD ohne Vorfeld
Denn was in Mettmann auf Kreisebene geschieht, hat im Landesverband NRW unter Führung von Martin Vincentz schon länger System. Derartige Ausfälle gegen politische Mitstreiter sind hier keine Ausnahme, sondern die Regel. Aus den Reihen des Landesvorstandes vernahm man in den letzten zwei Jahren kaum Stimmen der Solidarisierung mit der JA, als diese unter Beschuss des VS stand. Inzwischen nutzt der Landessprecher selbst hingegen den WDR als Sprachrohr zu öffentlichen Angriffen auf unbescholtene Parteimitglieder. Sein Kurs steht für Selbstverharmlosung und Entkopplung vom politischen Vorfeld, zu dem in Teilen auch die Junge Alternative zählt.
Vorsätzliche Zerstörung von Vertrauen
Das Vorgehen der Mettmanner AfD erfährt jedoch auch breite Ablehnung. Patrick Heinz, selbst Mitglied im Mettmanner Vorstand und zugleich stellvertretender Vorsitzender der JA-NRW, fasst die toxische Entwicklung seines Kreisverbandes zusammen: „Stets habe ich im Mettmanner Vorstand darauf abgezielt, die Zusammenarbeit zwischen JA und Kreisverband zu stärken. Als JA haben wir gemeinsame Veranstaltungen mit dem KV abgehalten, Infostände unterstützt und in den Städten geflyert. Auch in der Mettmanner Mitgliederbasis herrscht stets ein harmonisches Verhältnis zueinander. Plötzlich wirken jedoch im Vorstand Kräfte, die dieses Kooperationsfundament vorsätzlich zerstören wollen.“
Entscheidung in zehn Tagen
Am 24.02. steht die nordrhein-westfälische AfD vor einem Scheideweg, wenn sie in Marl ihren nächsten Landesparteitag begeht. Entwickelt sie sich weiter zum vermeintlichen Mehrheitsbeschaffer der CDU? Wird in Anlehnung an Giorgia Melonis Kurs künftig von einer Vincentzisierung der AfD-NRW die Rede sein? Oder begreift die AfD endlich ihre organische Rolle als soziale und patriotische Rechtspartei im bevölkerungsreichsten Bundesland? Werden ihre Führungskräfte in Vorstand und Fraktion künftig mehr Zeit mit dem „Kampf gegen Links“ als gegen Rechts beschäftigt sein?
Wohl nie zuvor waren die Delegierten eines NRW-Landesparteitags so gut dabei beraten, sich diese Fragen vor ihrer Stimmabgabe zu stellen.
Anmerkung: Die in Gastkommentaren geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des Autors wieder. Sie entsprechen nicht notwendigerweise denen der Redaktion.