Wie berichtet hat sich der AfD-Kreisverband Mettmann öffentlichkeitswirksam gegen die Parteijugend der AfD, die Junge Alternative, positioniert. In ihrer Replik übt Dr. Anna Rathert, stellvertretende Sprecherin des AfD-Kreisverbandes Recklinghausen, daran deutliche Kritik: „Wer solche Schreiben verfasst und andere Maßnahmen unterlässt, der hat nicht auch nur annähernd begriffen, was hier gerade auf dem Spiel steht.“
Ein Kommentar von Dr. Anna Rathert
Man kann dem Bezirksvorstand nur danken, dass er kurz vor dem Landesparteitag so freimütig seinen politischen Standort offenbart – und möglicherweise auch den anderer Protagonisten, ohne deren Zustimmung dieses Schreiben vielleicht nicht den Weg nach draußen gefunden hätte.
Unterstellungen und Oberflächlichkeit
Es enthält nicht nur Unterstellungen bzgl. des angeblich von der JA und anderen AfD-Mitgliedern hinter vorgehaltener Hand vertretenen Vorstellungen vom deutschen Volk. Es zeugt darüber hinaus auch von erheblicher Unkenntnis des Grundgesetzes, der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, den prozessualen Möglichkeiten und des Zeitrahmens, innerhalb dessen ein Urteil nach mehreren Instanzen in Rechtskraft erwachsen kann. Darüber hinaus gibt es auch Einblicke in die Oberflächlichkeit, mit der Funktionäre, die die Geschicke des größten Landesverbands der AfD lenken, die uns gestellten Herausforderungen augenscheinlich politisch analysieren. Da in diesem Zusammenhang nicht vertieft in eine Diskussion über den Volksbegriff des Grundgesetzes eingestiegen werden kann, möge der Hinweis auf Art. 116 Abs 1 2. HS GG, § 6 Bundesvertriebenengesetz oder die „Erklärung des Bundesvorstands zum Staatsvolk“ vom 18. Januar 2021 genügen.
Der falsche Zeitpunkt
Mehr noch als die anzunehmende Unkenntnis grundlegender staats- und demokratietheoretischer Grundlagen wiegt hier etwas ganz anderes wirklich schwer: Dass ein überregionaler Vorstand seine Zeit für das Verfassen einer solchen – meiner Einschätzung auf ungenauen juristischen Recherchen basierenden – Stellungnahme in einem Moment aufwendet, in dem die Zukunft unseres freiheitlich-demokratisch organisierten Rechtsstaats so sehr wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik in Gefahr war: So erschien dieses Schreiben nur einen Tag nachdem die Frau, die die höchste Position des Bundesministeriums des Inneren besetzt und damit über tatsächliche Macht verfügt, während einer Pressekonferenz ausführlich darüber Auskunft erteilt, wie sie innerhalb der nächsten Wochen und Monate unseren freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat durch die Verabschiedung eines „Demokratieförderungsgesetzes“ in ein totalitär anmutendes System zu überführen gedenkt.
Was geboten gewesen wäre
Wäre es in einer solchen Zeit nicht vielmehr angebracht,
- die Mitgliedschaft darüber zu informieren, gegen welche verfassungsrechtlichen Grundsätze dieses sogenannten „Demokratiefördergesetz“ verstößt,
- die Mitgliedschaft ohne schuldhaftes Zögern darüber aufzuklären, dass eine Regierung, die bestimmen will, welche Meinung demokratisch ist und welche nicht, sich dazu anschickt, die freiheitlich-demokratische Grundordnung an der Wurzel auszureißen und
- der Mitgliedschaft augenblicklich das notwendige Vokabular an die Hand zu geben, um sie an Infoständen, sowie in jeder privaten als auch parteiassoziierten Situation zu genau diesem Thema sprechfähig zu machen?
Wäre es also nicht viel eher geboten gewesen, die knappen zeitlichen Ressourcen darin zu investieren, dieses Putschvorhaben der Regierung gegen unseren freiheitlich-demokratisch organisierten Rechtsstaat detailliert zu benennen, den Mitgliedern das argumentative Rüstzeug zu liefern, ihnen die moralische Unterstützung zu bieten und schließlich mit einer groß angelegten Offensive eine Kraft in Gang zu setzen, die unsere Mitglieder und Sympathisanten in die Lage versetzt, unsere derzeit im höchsten Maße gefährdeten demokratischen Rechte zu schützen, zu verteidigen und zu bewahren?
Argumentation der Gegner
Stattdessen, wohl in Ermangelung des Verständnisses darüber, dass es sich bei den linken Anklägern der JA (und natürlich der AfD), also denjenigen, die behaupten, jedwedes Verständnis von Volk als ethnischer Gruppe sei per se ein Verstoß gegen das Grundgesetz (will man damit eigentlich auch alle Ethnologen zu Verfassungsfeinden erklären?) und denjenigen, die mit dem „Demokratiefördergesetz“ den demokratischen Rechtsstaat in seinen Grundfesten angreifen, um ein und dieselben Personen bzw. um die identischen Akteure handelt, übernehmen die Autoren des Schreibens Diktion und Argumentation unserer Ankläger, anstatt aktiv Schritte zu unternehmen, um die tatsächliche konkrete und unmittelbare Gefahr, die das „Demokratiefördergesetz“ für unser aller Freiheit bedeutet, abzuwenden.
Selbst wenn ich mich stark zusammenreiße und diesen gesamten Vorgang mit dem größten Wohlwollen zu betrachten versuche, immer wieder komme ich zu demselben Schluss: Wer solche Schreiben verfasst und andere Maßnahmen unterlässt, der hat nicht auch nur annähernd begriffen, was hier gerade auf dem Spiel steht.
Dr. Anna Rathert ist stellvertretende Sprecherin des AfD-Kreisverbandes Recklinghausen und Sprecherin des AfD-Stadtverbandes Recklinghausen. Darüber hinaus ist sie Rechtsanwältin, Patriotin, Ehefrau und Mutter.