80 Jahre nach Nemmersdorf-Massaker: Einweihung einer würdigen Gedenkstätte

Nach Jahrzehnten der einseitigen Geschichtsschreibung und Erinnerungskultur droht das schreckliche Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung in Nemmersdorf endgültig in Vergessenheit zu geraten. Aktivisten aus dem Ruhrgebiet wollen das Schweigen durchbrechen und haben mit Nachfahren der Vertriebenen eine Gedenkstätte in Bielefeld errichtet.

Am 22. Oktober 1944 bot sich den Männern des Volkssturms ein grauenvoller Anblick. Sie wurden nach Nemmersdorf (Kreis Gumbinnen) geschickt, um sich dem Vorstoß der sowjetischen 11. Garde-Armee entgegenzustellen. Das Dorf verfügte über die einzige befahrbare Betonbrücke über die Angerapp und hatte dadurch sowohl aus militärischer Sicht als auch für die Flüchtlingsströme eine besondere strategische Bedeutung.

Sowjetische Barbarei

Nachdem sie die sowjetischen Truppen erfolgreich zurückgeschlagen hatten, entdeckten sie, wie schrecklich die Russen in dem Dorf gewütet hatten. Insgesamt wurden 110 Tote gezählt, die Leichen der Frauen waren von den Vergewaltigungen gezeichnet. Den traurigen Höhepunkt der Barbarei stellte eine junge Frau dar, die sich zur Wehr setzte und daraufhin mit vier Mauerhaken an ein Scheunentor genagelt wurde.

Deutsche Opfer zweiter Klasse?

Da diese Vorfälle die Zivilreligion des Schuldkults erschüttern könnten, sollen sie umgedeutet, oder besser noch, vergessen werden. Der 8. Mai wird in der BRD demonstrativ als „Tag der Befreiung“ gefeiert. Das Leiden der vertriebenen Volksdeutschen findet bei den Feierlichkeiten keinen Platz. Historiker, die eine Opfer-Täter-Umkehr betreiben, werden vom Mainstream hofiert.

Täter-Opfer-Umkehr

Ein Essay, das den höhnischen Titel „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“ trägt, unterstellt den deutschen Opfern, Teil eines Tätervolks zu sein, das kein Mitleid verdienen würde. Inwiefern ein ermordetes deutsches Kind Schuld tragen kann und warum es nicht den Schutz des Völkerrechts verdient, erklärt die Autorin Mary Fulbrook dabei jedoch nicht. Damit hingegen authentische Berichte in Vergessenheit geraten, wurden sogar Beiträge von einem Zeitzeugenportal der Bundesrepublik entfernt.

Denkmal in Bielefeld eingeweiht

Der Historiker Martin Pruss wehrt sich schon seit geraumer Zeit erfolgreich gegen das Vergessen und die Umdeutungen. Bereits im vergangenen Jahr erschien im Hydra-Verlag ein Comic über das Massaker, für dessen Texte er hunderte Zeugenberichte auswertete, Zeitzeugen traf und zeithistorische Dokumente erwarb. Die Publikation sorgte für viel Aufmerksamkeit, eine würdige Gedenkstätte fehlte aber weiterhin. Während die Mahnmale in den Orten Oradour-sur-Glane und Lidice weltweit bekannt sind, weisen in Nemmersdorf nicht einmal Grabsteine auf die Opfer hin.

Gedenkstätte in Bielefeld

In Bielefeld, das viele Vertriebene aus dem Kreis Gumbinnen aufnahm und Partnerstadt des heutigen Gussev ist, haben Aktivisten aus dem Ruhrgebiet nun mit Angehörigen eine Gedenkstätte eingeweiht. Die Tatsache, dass die Aktion wieder einmal ohne die Unterstützung von lokalen Politikern oder Landsmannschaften stattfand, zeigt, dass eine würdige und aufrichtige Gedenkkultur nur durch persönliches Engagement aufrechterhalten werden kann. Unsere „Volksvertreter“ werden sie uns nicht schenken.

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