Der Europawahlkampf der AfD wird wie kein anderer von externen Angriffen begleitet. Zu allem Übel brodelt es nach einer umstrittenen Aussage des Spitzenkandidaten Maximilian Krah nun auch innerhalb der europäischen Rechten. Nach dem offenen Bruch des französischen Rassemblement National (RN) mit der AfD droht diese nun international isoliert zu werden, denn auch andere Rechtsparteien gehen auf Distanz. Nicht immer sind die Gründe dafür nachvollziehbar.
Zunächst einmal die Frage, was der konkrete Anlass für den deutsch-französischen Bruch im patriotischen Lager war. Hierbei steht erneut AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah im Fokus. Immer wieder betonte dieser richtigerweise, dass die deutsche Ahnenschaft nicht ausschließlich aus Verbrechern bestehe und es keine Kollektivschuld, sondern nur individuelle Verantwortung gebe. Ob dies auch für Angehörige der Waffen-SS gelte, fragte ihn eine italienische Zeitung, was er wiederum bejahte. Nicht alle Angehörigen seien an Verbrechen beteiligt gewesen, wenngleich der Prozentsatz von Kriminellen hoch gewesen sei, so Krah. Prompt teilte die Wahlkampfleitung des Rassemblement National mit, dass man künftig keine gemeinsame Fraktion mit der AfD bilden werde.
Zerwürfnis mit Ansage
Krahs Standpunkt, über den man gewiss geteilter Meinung sein darf, ist jedoch nicht als Ursache des Bruchs auszumachen. Schon während der „Potsdam-Affäre“ zeichneten sich erste Sollbruchstellen ab und zwar ausgerechnet bei einem rechten Alleinstellungsmerkmal. Nach einem Treffen zwischen Marine Le Pen, dem RN-Vorsitzenden Jordan Bardella und Alice Weidel forderten die Franzosen ihre deutschen Partner auf, vom Remigrationsbegriff Abschied zu nehmen. Man erwartete gar eine schriftliche Zusage, dass Remigration kein Teil des AfD-Programms werde. Niemals würde man französischerseits Staatsbürger mit Migrationshintergrund abschieben wollen, so Le Pen. Zudem bestehen seit Jahren persönliche Vorbehalte gegenüber Maximilian Krah, beispielsweise wegen der Einstellung eines umstrittenen Mitarbeiters.
Italien: Einhellige Ablehnung
Wenig überraschend distanziert sich auch die italienische Lega von der AfD. In gewohnter Einigkeit pflichtete Italiens Verkehrsminister Matteo Salvini den Franzosen bei. Eine Fraktionsbildung mit der AfD lehne man nun ab, wie die Lega-Delegation in Brüssel verlautbaren ließ. Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni (Fratelli d’Italia) und ihre Partei äußerten sich diesbezüglich bisher noch nicht. Alles andere als eine ähnlich abweisende Antwort dürfte jedoch überraschen. Noch im Januar sprach Meloni, die ohnehin aus ihren antideutschen Ressentiments keinen Hehl macht, von „unüberbrückbaren Differenzen“ mit der AfD, etwa beim Thema Russland oder dem Asylkompromiss der EU.
Spanien: Party ohne die AfD
Jahr für Jahr lädt die spanische Vox ihre europaweiten Verbündeten zu Großveranstaltungen in der Hauptstadt Madrid ein. Dauergäste aus Italien, Portugal, Ungarn, Frankreich und nun Argentiniens Präsident Javier Milei durften dort schon vor tausenden spanischen Patrioten sprechen. Auch in diesem Jahr gab es jedoch keine Einladung von AfD-Vertretern. Ein Zufall? Oder geht man auch in Europas Südwesten auf Distanz zu den Deutschen? Dafür gäbe es ebenfalls Gründe. Aufgrund der spanischen Abhängigkeit von deutschem Geld sieht man den Dexit-Beschluss der AfD äußerst kritisch. Überdies machen enge Beziehungen zur französischen und italienischen Rechten ein „Nein“ zur Fraktionsbildung mit der AfD wahrscheinlich.
Ungarn: Treue zur EU
Parallelen zum deutsch-spanischen Verhältnis findet man auch in Ungarn. Zum Jahresanfang lud Viktor Orbán ebenfalls zu einer politischen Großveranstaltung mit zahlreichen Rednern europäischer Rechtsparteien ein. Deutschlands Rechte war erneut nicht vertreten. Womöglich liegt es auch hier an der Haltung der AfD zur EU. Laut Orbán sei es nicht klar, ob die AfD „für oder gegen Europa“ sei, wobei er Europa und die ihm eigentlich verhasste EU gleichsetzt. Geht es jedoch um deutsche Nettozahlungen, positioniert man sich anders. Von einer Fraktionsbildung mit der AfD ist man also auch in Budapest weit entfernt.
Österreich und Flandern: Die letzten Verbündeten?
Traditionell sind die Beziehungen der AfD zur österreichischen und flämischen Schwesterpartei eng. Gemeinsame Veranstaltungen und Auftritte sowie ein internationaler Austausch zwischen Jugendorganisationen und Vorfeld finden hier deutlich frequentierter statt. Anders als in Frankreich wird die Remigrationsforderung von FPÖ und Vlaams Belang als rechter Markenkern weitestgehend anerkannt. Dennoch besteht die Gefahr, dass man auch dort die pragmatische Lösung wählt und bei einer Ausgrenzung der AfD den französischen Weg mitgeht.
Getrennte Wege
Zweifellos zeichnet sich innerhalb der europäischen Rechten ein Schisma ab. Einerseits existiert eine transatlantische, wirtschaftsliberale, migrationsfreundliche und parlamentspatriotische Auffassung politischer Theorie und Praxis, dem sich Ungarn als Nettoempfängerstaat anschließen könnte. Ein Dilemma für die AfD. Denn um andererseits einen multipolaren, sozialen und remigrationsfreundlichen Weg aufzeigen zu können, wird sie auf die Bildung einer großen Fraktion verzichten müssen. Unabhängig von der Frage nach der taktischen Sinnhaftigkeit zum Treffen einer solchen Aussage hat Maximilian Krah (ungewollt?) nun den unvermeidlichen Bruch provoziert. Vergangenes Leid italienischer und französischer Opfer der Waffen-SS dienen nur als Vorwand, um einen viel tiefer liegenden Dissens zu kaschieren.
Solange die Le Pens und Melonis in Europas Rechtsparteien ihren einstigen Markenkern zugunsten politischer Anschlussfähigkeit an das Establishment aufgeben, ist eine Zusammenarbeit mit ihnen wenig wünschenswert.