Der RN nimmt nach der Abstoßung der AfD Kurs auf Wahlsieg bei den EU-Wahlen am 9. Juni. In seinem Gefolge ist seit kurzem Malika Sorel – eine durchaus bekannte Figur der französischen Politik. Die Nachfahrin algerischer Migranten übt war gerne einwanderungskritische Töne, doch von Remigration will sie nichts wissen.
Die EU-Wahlen erhalten in Frankreich wegen der dort ebenso massiven Einwanderungsproblematik eine ähnliche Bedeutung wie in Deutschland. Zwei Parteien führen ihren Wahlkampf im Zeichen der Begrenzung von Migration und Schutz der europäischen Außengrenzen: Reconquête unter Eric Zemmour und der Rassemblement National (ehem. Front National) unter Marine Le Pen. Letztere sorgte vergangene Woche mit dem Rauswurf der AfD-Fraktion aus der bis dahin gemeinsamen EU-Fraktion „Identität & Demokratie“ für einen Eklat. Vorgeschobene Gründe dafür zitierte sie reichlich (unter anderem die Ablehnung der Remigration), doch gab die Gier nach Machtoptionen und Koalitionen mit rückgratlosen Mitteparteien wahrscheinlich den eigentlichen Ausschlag.
Karrieristen und Opportunisten
Für Marine Le Pen wird 2027 wahrscheinlich ihr letzter Anlauf auf die französische Präsidentschaft sein. Bis dahin will sie ihre Partei, die unter ähnlicher Dämonisierung zu leiden hat, wie die AfD, möglichst anschlussfähig erscheinen lassen. Vor der EU-Wahl erscheint ihr mit der Opferung der AfD für „umstrittene Aussagen“ eine Möglichkeit, sich vor der Wählerschaft vom Verdacht „gefährlicher Ideen“ abzuputzen. Es geht immerhin um Einfluss und Geld. Und genau an diesem Punkt hakt Malika Sorel ein. Sorel ist in Frankreich als Autorin und politische Person schon länger bekannt. Gebürtig in Marseille, aber Tochter zweier algerischer Migranten, durchlief sie die höhere Bildungslaufbahn, unter anderem an der renommierten Sciences Po in Paris und wechselte 2009 in die Politik.
Hoher Rat für Integration
Der damalige Präsident Nicolas Sarkozy (UMP) nominierte sie als Mitglied des Hohen Rates für Integration, dem sie bis zu seiner Auflösung im Jahr 2013 angehörte. 2017 unterstützte sie den Präsidentschaftskandidaten François Fillon (LR), der jedoch Emmanuel Macron unterlag. Am 24. März dieses Jahres stieß Malika Sorel zur Liste Jordan Bardellas (RN) hinzu und ist damit Nummer Zwei bei der kommenden EU-Wahl. Nur drei Tage später, am 27. März, berichtete ein französisches Satire-Magazin, dass sie kurz zuvor Präsident Macron mit „Textnachrichten flutete“, in denen sie ihr Interesse an einem Posten im Bildungsministerium ausdrückte. Macron kommentierte den Fall mit der süffisanten Bemerkung: „Diese Dame, die ich nicht kannte, hat sich für die Regierung beworben. Sie hat es gerade eben geschafft, die Nummer zwei von Herrn Bardella zu werden. Sieh an.“
Kultureller Patriotismus
In der Schicksalsfrage um die zukünftige Existenz der europäischen Völker nimmt Malika Sorel zwar eine nationale Haltung ein, spricht sich gegen Multikulti und Massenmigration aus, doch wendet sich auch klar gegen Remigration und den ethnischen Volksbegriff: „Ich bin froh darüber, dass der Bruch mit der AfD vollzogen wurde […] Marine Le Pen und ich sind uns einig, wer Franzose ist – das bedeutet mit dem Verstand und mit dem Herzen […] Das Projekt der Remigration, das Marine Le Pen immer abgelehnt hat, ist von Eric Zemmour.“ Der republikanischen Tradition folgend, pocht sie vor allem auf „Prinzipien und Werte“, verneint damit von der ethnokulturell begründeten Identität eines Volkes letztlich die eine Hälfte und klammert sich ausschließlich an die andere Hälfte. Eine Strategie, die wohl Wahlerfolge einbringen wird, aber für den ethnischen Volksbegriff und damit das französische Volk langfristig nichts Gutes bedeutet.