Sprachpolizei im Garten: Botanikerkongress benennt „rassistische“ Pflanzen um

In Madrid verbrachte ein Kongreß aus über fünfhundert Botaniker sechs Tage damit, sich über die Umbenennung vermeintlicher „rassistischer“ Pflanzennahmen zu streiten. Ganz konkret geht es um die Pflanzen der Namensfamilie „caffra“.

Wer eine neue Spezies entdeckt, darf sie auch benennen. Der Entdecker wählt den offiziellen lateinischen Namen aus, unter welchem die Spezies im lineeschen System geführt wird. Einmal vergeben steht der Name fest, weswegen es bis heute einen nach Adolf Hitler benannten Käfer gibt, den „Anophthalmus hitleri“. Das Recht der Namensvergabe neuentdeckter Spezies ist eine der Vergünstigungen, die mit dem Beruf des Biologen einhergehen.

Wer’s findet, darfs benennen

Das hat uns so schöne Namen wie den „Agra schwarzeneggeri“, oder den „Agra katewinslatae“, beschert, zwei Arten von Laufkäfern, die beide von dem offenbar filmbegeisterten Insektenkundler Terry L. Erwin entdeckt wurden. Auch Harry Potter hat die biologische Namenswelt bereichert, so gibt es eine Spinne namens „Eriovixia gryffindori“ (Warum hat man da nicht Slytherin genommen?) und den leider ausgestorbenen Pachycephalosaurier „Dracorex hogwartsia“.

Kaffernbüffel, Kaffernlimette und Kaffernhornrabe

Weniger einfallsreich, dafür aber systematischer, waren die Biologen, welche vor über hundert Jahren eine ganze Reihe von Pflanzen aus dem südlichen Afrika mit dem Beinamen „caffra“ versahen. Sie wuchsen im Land der Kaffern, also „caffra“. Kaffern war damals die Bezeichnung für die schwarzen Stämme des südlichen Afrika. Ursprünglich bezeichneten Muslime damit den Stamm der Xhosa, dem auch Nelson Mandela und Bischof Desmond Tutu entstammen. Später dehnte sich die Wortbedeutung auf alle Schwarzen des heutigen Südafrikas aus. Auch die deutsche Sprache kennt eine Reihe von Tieren und Pflanzen, welche nach den Kaffern benannt sind: Den Kaffernbüffel, die Kaffernlimette oder den Kaffernhornraben. Unter britischer Herrschaft hieß eine Region am Kap der guten Hoffnung ganz offiziell Kaffaria. Nicht zu verwechseln mit British-Kaffaria. Das lag westlich von Kaffaria

„Kaffer“ ist in Südafrika strafbar

Im heutigen Südafrika hingegen ist der Ausdruck Kaffer inzwischen strafbar. Ähnlich wie in den Vereinigten Staaten – wo die negroes erst zu blacks und dann zu african-americans wurde, um inzwischen wieder zum einfacheren blacks zurückzukehren, weil „african-american lives matter“ nicht zur Demoparole taugt – so wurde in Südafrika irgendwann beschlossen, daß die früher einfach Kaffern genannten Stämme jetzt durch dieses Wort tödlich beleidigt sind. Die erste Verurteilung erfolgte witzigerweise noch unter dem tiefsten Apartheidsregime, als im Jahr 1976 ein Schwarzer zu 150 Rand Geldstrafe verurteilt wurde weil er den Polizeiminister als Kaffer beschimpft hatte.

Nur ein Babyschritt

Heute fällt „Kaffer“ in Südafrika unter „Hassrede“ und man kann dafür ins Gefängnis gehen. So konnten südafrikanische Botaniker über manche Gewächse ihrer schönen Heimat gar nicht sprechen, ohne sich strafbar zu machen, weswegen der Botanikerkongreß diesen Pflanzen nun den neuen Beinamen „affra“ zugewiesen hat. Wie immer bei woken Forderungen kommt nach einer Forderung gleich die nächste. Laut Kongreßleiterin Sandra Knapp sei die Umbenennung von „caffra“ auf „affra“ nur ein erster Babyschritt.

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