Traditionell ist Wien die rote Hochburg Österreichs. Doch seit der Zeit Jörg Haiders hat sich auch die FPÖ fest etabliert. Bei der letzten Wahl 2020 brachen die Wiener Freiheitlichen katastrophal ein. Inzwischen scheinen sie sich zu erholen.
In einem Jahr sind in Wien die Stadtratswahlen zu erwarten. Jetzt hat das Marktforschungsinstitut „Market“ aus Linz eine große Umfrage durchgeführt. Ergebnis: SPÖ und ÖVP sacken ab, FPÖ legt zu.
SPÖ-Hauptstadt Wien
Für den Nichtösterreicher/Piefke: Der Wasserkopf der Zweimillionenstadt Wien ist das traditionelle Zentrum der österreichischen Sozialdemokratie. Die politische Situation ist in etwa vergleichbar mit derjenigen, die lange in Bayern zwischen der CSU-affinen Landbevölkerung und der roten Landeshauptstadt München bestand. Nur viel extremer: Mit 1,5 von 13,5 Millionen Einwohnern wohnen 11 % aller Bayern in München. Als ehemalige Hauptstadt der Donaumonarchie ist Wien aber verglichen mit dem Rest des Landes riesig. 2 von 9,1 Millionen Bewohnern der Alpenrepublik leben in der Hauptstadt, fast 22 %. Auf bundesdeutsche Verhältnisse umgerechnet, müsste Berlin ein 18,5-Millionen-Moloch sein. Fast so groß wie Peking, die Hauptstadt von 1,4 Milliarden! Kaum ein Land der Welt wird so von der Hauptstadt dominiert wie Österreich.
Fortgeschrittener Bevölkerungsaustausch
Dabei sind ethnische Österreicher in der eigenen Hauptstadt inzwischen fast in der Minderheit. Anfang 2023 wurde bei 44,4 % der Wiener Bevölkerung offiziell eine „ausländische Herkunft“ erfasst. Rechnet man das Verschwinden des Migrationshintergrundes in offiziellen Statistiken nach zwei bis drei Generationen sowie die nicht erfassten Illegalen dazu, dann sind Österreicher in Wien wahrscheinlich schon jetzt in der Minderheit.
Als rechte Partei konnte sich die FPÖ in Wien etablieren
Konnte sich die Wiener FPÖ trotzdem, sich trotzdem oder gerade deswegen in den letzten dreißig Jahren in Wien etablieren? Seit Jörg Haider die Partei in den 90er Jahren nach rechts ausgerichtet hat, ist sie in Wien zuverlässig zweistellig, oft sogar die zweitstärkste Kraft, noch vor der ÖVP. 2005 knackte sie sogar die 30-Prozent-Marke.
Absturz und Wiederaufstieg
Dann kam 2020 die Katastrophe. Die vom Ibiza-Skandal ein Jahr zuvor geschwächte und zerrissene Partei sackte auf 7,1 % ab. Doch nach den neuesten Umfragen hat die FPÖ wieder das Vertrauen von 19 % der Wiener Wahlberechtigten und lässt damit die ÖVP mit 15 % hinter sich. Die SPÖ ist mit 36 % in Gefahr, ihre ehemals unbestrittene Hegemonialposition zu verlieren. Der bemerkenswerteste Gewinner ist das linke Satireprojekt „Bierpartei“ mit 7 %. Als österreichisches Pendant zu „DIE PARTEI“ scheint sie linke Stimmen aufzusammeln, die mit den Verhältnissen ebenfalls unzufrieden sind, aber sonst im Parteienspektrum nichts zu wählen haben.