Migrationskrise: Wie Tunesien auf Remigration setzt  

Lange Zeit galt Tunesien als wichtigstes Sprungbrett für afrikanische Migranten in Richtung Europa. Nun geht das Land mit teilweise harten Maßnahmen gegen die örtlichen Schleppernetzwerke und Migranten vor.

Im vergangenen Jahr schloss die Europäische Union mit Tunesien einen Pakt, der Wirtschaftshilfen aus Europa gegen präventive Migrationsabwehr zusichert. Die tunesische Regierung hielt Wort und formuliert inzwischen auch ein eigenes originäres Interesse an der Rückführung von Migranten aus Zentralafrika zurück in ihre Heimat. Unlängst sprach sich der tunesische Präsident Kais Saied sogar gegen einen schleichenden Bevölkerungsaustausch in seinem Land aus. Massenmigration sei der „Versuch feindlicher Mächte, Nordafrika zu de-islamisieren, und stellt einen Angriff auf die arabische Kultur dar“. Damit setzte sich Saied an die Spitze einer Kampagne, die nun durch maximale Abschreckung und staatlichen Druckmitteln das Migrationsproblem angehen will.

Ganzheitliches Durchgreifen gegen die NGO´s und Schlepper

Die tunesische Regierung hat bereits drei Flüchtlings-NGO´s verboten, die Konten beschlagnahmt und Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche eingeleitet. Die Migranten werden inzwischen aus den größeren Hafenstädten abgedrängt und in der Peripherie untergebracht. Dort kam es auch immer wieder zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften, nachdem mehrere Sudanesen gegen die Verlagerung aus den Städten in abgelegene Gebiete demonstrierten.

Ankünfte in Italien spürbar zurückgegangen

Die tunesische Küstenwache wurde mit fünf Patrouillenbooten aus Italien versorgt und konnte allein in diesem Jahr mehr als 10.000 Migranten vor der Überfahrt nach Europa stoppen. Die Zahl der Ankünfte in Italien ist im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023 um 77% zurückgegangen. Doch nicht nur in Italien werden die Bootslandungen weniger. In Tunesien halten sich aktuell noch knapp 23.000 Migranten auf, die sich nun entweder andere nordafrikanische Transitländer suchen, aber auch zu großen Teilen in ihre Heimatländer zurückkehren. Die Internationale Organisation für Migration unterstützte die freiwilligen Rückkehren mit Starthilfen und Flügen. Bis Ende Juni nahmen 3.500 Migranten aus Tunesien dieses Angebot in Anspruch. Allein im gesamten letzten Jahr waren es nur knapp 2.500.

Remigration heißt auch Prävention

Während sich die deutsche Debatte ausschließlich um Grenzkontrollen und Zurückweisungen dreht zeigt das tunesische Beispiel, dass ein migrationspolitischer Paradigmenwechsel bereits an den Quellen und Ursachen ansetzen muss. Länder die jahrelang als Transitzonen für die Migration nach Europa galten müssen jetzt effektiv als Vorab-Barrikaden gegen die Massenmigration eingesetzt werden.

Migrationsströme zeichnen sich durch verschiedene Etappen und Zwischenziele aus. Ein ganzheitlicher Ansatz der Remigration muss hier entsprechende Vorkehrungen treffen und Länder wie Tunesien, Marokko, Ägypten oder Libyen bei der Abwehr der Massenmigration mit Logistik, Know-How und finanziellen Mitteln unterstützen. Es braucht umfassende Aufklärungsmaßnahmen in den Herkunftsländern der Migranten, die selbstverständlich auch für die Gefahren der Reise nach Europa sensibilisieren. Tunesien kann daher nur ein erster Anfang sein, da die Migrationsschwerpunkte sich jetzt wieder nach Marokko und die Kanarischen Inseln verlagern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert