Bei den Nationalratswahlen konnte die FPÖ einen historischen Wahlsieg erlangen und wurde erstmals stärkste Kraft. Dennoch weigert sich Stand jetzt jede andere Partei, mit den Freiheitlichen zu koalieren.
Mit mehr als 12 Prozent Zugewinnen konnte sich die FPÖ vor die Volkspartei setzen, die herbe Verluste hinnehmen musste. Da die Freiheitlichen die stärkste Kraft bilden, wäre traditionell davon auszugehen, dass sie auch die Regierung stellen. Dennoch weigern sich bisher alle anderen Parteien, eine Koalition mit der FPÖ einzugehen. Selbst die ÖVP, die noch vor wenigen Jahren eine Regierung mit Strache bildete, lehnt aktuell eine Zusammenarbeit ab, obwohl Umfragen ergaben, dass eine Koalition aus ÖVP und FPÖ derzeit die beliebteste Konstellation wäre. Halten die Kartellparteien ihre Brandmauerpolitik bei, droht die zukünftige Regierung extrem fragil und uneinig zu werden.
Österreich wird zu Thüringen
Auch in Österreich steht es traditionell der stärksten Kraft zu, den Nationalratspräsidenten zu stellen. Wie bereits in Thüringen, wo der AfD genau dieses Recht verweigert wurde, droht der FPÖ, dass sich die anderen Parteien gegen sie verbünden, um die jahrzehntelange Tradition auszuhebeln. Explizit hat dies bereits der Grünen-Chef Werner Kogler vorgeschlagen. Um dieses Bündnis zu verhindern, scheint die FPÖ einen Kandidaten, welcher der ÖVP besser passen würde, ins Rennen zu schicken. Namentlich wären hier beispielsweise Walter Rosenkranz oder Norbert Hofer möglich.
Alle gegen einen
Die Auszählung der Briefwahl wird voraussichtlich bis Donnerstag dauern, weswegen kleinere Verschiebungen im Wahlergebnis noch möglich sind. So hat die ÖVP durch die verspäteten Auszählungen am Montagabend noch ein Mandat an die FPÖ verloren, wodurch eine potenzielle große Koalition aus ÖVP und SPÖ gerade noch auf 92 Mandate von 183 kommen würde. Um dennoch eine stabile Koalition ohne die FPÖ bilden zu können, wird aktuell heiß diskutiert, noch eine dritte, im Nationalrat vertretene Partei in die Koalition mit aufzunehmen. Ähnlich wie in Ostdeutschland würde so eine Alle-gegen-einen-Koalition entstehen, die nichts zusammenhält außer die Ablehnung gegenüber der FPÖ.
Stabil bleiben!
Auch wenn es so aussieht, als würde die FPÖ nicht Teil der neuen Regierung werden, so hat sie doch eine große Machtposition inne. Eine Dreierkoalition wäre nicht praktikabel und würde sich auf Dauer entlarven, was der FPÖ zugutekommen wird. Auch das Migrationsthema, welches in den kommenden Jahren nicht an Relevanz verlieren wird, wird nur von der FPÖ glaubhaft angesprochen. Wenn die Freiheitlichen ihren grundsätzlichen Kurs beibehalten, werden sie also spätestens in der nächsten Legislaturperiode den Kanzler stellen, dann aber mit einer komfortablen Mehrheit und nahezu keiner Konkurrenz.