Schlepper-TikTok

TikTok. Die App mit den Kurzvideos revolutioniert nicht nur die politische Kommunikation. Auch Menschenschmuggler haben sie als Werbeplattform entdeckt. Dort zeigen sie jungen Menschen der Dritten Welt das fette Leben in Europa. Mit der Wahrheit nehmen sie es nicht so genau.

TikTok löst immer wieder Kontroversen aus. Manche sehen die Kurzvideo-App als Verbreiter der digitalen Demenz, welche die Aufmerksamkeitsspanne handysüchtiger Teenager unter die Neun-Sekunden-Grenze drückt. Andere behaupten, dass die Volksrepublik China auf diese Weise unsere Öffentlichkeit manipuliert, obwohl jeder, der einmal mit der Plattform interagiert hat, weiß, dass die Zensur dort westlich-woken Vorgaben folgt und nicht der Linie der Kommunistischen Partei Chinas.

Schlepperwerbung auf TikTok

Eine schädliche Nutzung der App verbreitet sich immer weiter. Internationale Schlepper nutzen sie, um potenzielle Kunden anzuwerben. Eine gemeinsame Recherche des „Guardian“ mit dem Technikmagazin „The Markup“ und dem New Yorker Migrantenblog „Documented“ zeigt das Ausmaß dieses Phänomens und wie wenig die dargestellten Bilder oft mit der Wirklichkeit zu tun haben.

Vorspiegelung falscher Chancen

Die harmloseste Variante ist noch, dass angebliche oder tatsächliche Migranten ihre angebliche oder tatsächliche Erfolgsgeschichte auf TikTok teilen. Selbst in den Fällen, in denen das Video auf Tatsachen beruht, stellt es aber nicht die Normalität von Millionen Illegaler dar, die meist im Niedriglohnsektor oder gleich in der Schwarzarbeit landen, keinerlei Aussichten auf sozialen Aufstieg in westlichen Hochtechnologiegesellschaften haben und ein dauerhaftes fremdes Proletariat bilden.

Fake News für Migranten

Wenn die Vorspiegelung falscher Chancen nicht ausreichend neue Kunden bringt, sind sich die Schmuggler aber auch nicht zu fein, gezielt falsche Informationen über die westliche Aufnahmepraxis zu verbreiten. Einer der dreistesten Fälle, die dokumentiert wurden, ist ein Video, in dem behauptet wird, der Bürgermeister von New York würde insgesamt 50 Millionen Dollar an Neuankömmlinge ausschütten, bis zu 10.000 Dollar pro Person.

In Afrika hat jeder ein Smartphone

Das Mobiltelefon hat es inzwischen in das letzte afrikanische Dorf geschafft. Seit 2015 wissen wir, dass illegale Migranten zwar oft keinen Pass haben, aber jeder hat ein Smartphone. Tatsächlich sorgt die schlechte Infrastruktur Afrikas sogar dafür, dass das Mobiltelefon dort Lebensbereiche erobert, in denen es in Europa noch nicht angekommen ist, weil traditionelle Alternativen gut funktionieren. Gerade die Armen tätigen zum Beispiel ihre Bankgeschäfte oft über das Handy, nicht über eine herkömmliche Bank, zu der sie gar keinen Zugang haben.

Nur ein reformiertes Asylrecht dämmt die Migrantenflut ein

Es sollte also niemanden verwundern, dass TikTok zu einer zentralen Werbeplattform für Schlepperdienste geworden ist. Abermillionen Menschen sehen in ihren Dörfern und Slums die Bilder aus dem reichen Westen. Sie sehen, wie einfach man dort hinkommen kann und dass natürlich jeder nach zwei Jahren ein eigenes Haus und einen 3er BMW besitzen wird. Solange diese Bilderflut fortbesteht – und es ist nicht ersichtlich, wie man sie aufhalten könnte, selbst wenn man wollte – werden den Schleppern die Kunden nicht ausgehen. Das Asylrecht muss fundamental reformiert werden. Eine bloße polizeiliche Bekämpfung der Schlepperei, wie sie von vielen westlichen Regierungen nun als Beruhigungspille an ihre Bevölkerungen verkauft wird, wird denselben Erfolg haben wie die Bekämpfung des Drogenschmuggels, solange die Abnehmermärkte in unseren Stadtparks florieren.

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