Donald Tusk, der liberale Premierminister Polens, hat die Aussetzung des Asylrechts verkündet. Gleichzeitig baut Polen 49 neue Integrationszentren.
Polens Premierminister Donald Tusk hat die Aussetzung des Asylrechts verkündet. Das scheint ein rabiater Schritt, doppelt so sehr, da er von einem liberalen Eurokraten stammt, dessen Agenda ansonsten darin besteht, das Erbe der nationalkonservativen Vorgängerregierung der PiS mit eisernem Besen und geringen rechtsstaatlichen Bedenken auszukehren.
49 Integrationszentren
Gleichzeitig zu dieser markigen Verlautbarung eröffnet Polen 49 von der Europäischen Union finanzierte Integrationszentren. Diese Zentren sind Anlaufstellen für alles: Sprachkurse, Rechtsbeistand, psychologische Hilfe — all dies soll kostenlos angeboten werden, um Migranten möglichst schnell zu rechtssicheren Aufenthaltstiteln in Polen zu verhelfen. Die Einwanderungszentren sollen dabei mit den üblichen migratorischen Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten.
Patriotische Blendgranaten
Was den lauthals verkündeten Asylstopp Donald Tusks anbelangt: Nach David Engels, einem langjährigen Kenner des Landes, handelt es sich dabei vor allem um eine kosmetische Maßnahme. Tusk ist Ministerpräsident, aber der Präsident Polens ist weiterhin Andrzej Duda, der bis zu seiner Präsidentenwahl Mitglied der nationalkonservativen PiS-Partei war. Dudas Austritt aus der Partei war ebenso symbolisch wie der Alexander Van der Bellens aus den österreichischen Grünen. Tusk will bei den Wahlen 2025 einen eigenen Kandidaten durchsetzen und braucht dafür eine patriotische Blendgranate. Eine markige Maßnahme gegen Migration, die aber nichts an der migrationsfreundlichen Politik der Eurokraten ändert, zu denen Tusk selbst zählt.
Asylanträge sind in Polen unwichtig
Dafür wählt sich Tusk ein Gebiet, das in Polen, anders als in Deutschland und Westeuropa, sowieso keine große Rolle spielt: die Asylanträge. Kaum ein Asylforderer will nach Polen, lieber in Länder, die weit großzügigere Sozialleistungen bieten. Deshalb hat Polen zurzeit knapp über 1.000 Asylanträge im Monat. Zum Vergleich: In Deutschland stellten 2023 im Schnitt 30.000 Menschen pro Monat einen Asylantrag. Umgerechnet auf die Bevölkerungszahl entsprechen die derzeitigen polnischen Asylzahlen in etwa 2.300 monatlichen Asylanträgen in Deutschland. Die wahre Masse an Migranten kommt nach Polen zurzeit über Anwerbeabkommen oder über die Umverteilung innerhalb der Europäischen Union.