Weshalb Nehammer nicht mit der FPÖ koalieren will

Durch den fulminanten Sieg der Freiheitlichen in der Steiermark, aber auch durch den Widerstand auf der Straße gerät die ÖVP immer weiter unter Druck. Nun sprach Nehammer erstmals darüber, weshalb er nicht mit der FPÖ koalieren will.

Nachdem die Volkspartei bei den Nationalratswahlen eines ihrer niedrigsten Ergebnisse und in Vorarlberg sowie der Steiermark sogar die schlechtesten Ergebnisse seit Gründung der Zweiten Republik eingefahren hat, befindet sie sich in einem öffentlichkeitswirksamen Tief. So ist es nicht überraschend, dass Nehammer gerade jetzt seinen neuen Podcast veröffentlicht, in dem er über seine Arbeit und „aktuelle politische Herausforderungen“ sprechen möchte – der jedoch wahrscheinlicher ein Versuch ist, ihn volksnah und sympathisch wirken zu lassen. Die erste Folge dieses Podcasts dreht sich um die aktuelle politische Situation in Österreich, aber auch um die Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ und den NEOS. Nehammer spricht allerdings auch die vermeintlichen Gründe an, weshalb er nicht mit der FPÖ koalieren will – und entlarvt sich dabei selbst.

FPÖ gegen Überwachung

Zunächst geht es in dem Podcast aber erst einmal um Selbstbemitleidung, da die ÖVP laut Nehammer grundsätzlich falsch verstanden wird und ihre Bemühungen in den Koalitionsverhandlungen nicht gewürdigt werden. Verhandlungen mit der FPÖ dagegen seien nicht möglich, da Kickl Forderungen gestellt habe, denen Nehammer nicht zustimmen konnte. Unter anderem sei es mit der FPÖ nicht möglich, die „Sicherheit“ zu erhöhen und Polizei sowie Justiz die Fähigkeiten einzuräumen, Verschlüsselungsdienste wie Signal, WhatsApp oder Telegram zu entschlüsseln und abzuhören. So würde ein Vorgehen gegen radikale Gruppen, zu denen Nehammer vermutlich viele Teile der rechten Opposition zählen würde, erschwert.

Der Widerstand wirkt

Auch scheint Nehammer von den wachsenden Demonstrationen gegen seine geplante Koalition getroffen zu sein. Obwohl zwei Kundgebungen aus den fadenscheinigen Gründen, sie könnten Einkäufer und den Verkehr beeinträchtigen, untersagt wurden, sammelten sich Tausende Menschen am Heldenplatz, um gegen die „Zuckerl-Koalition“ und die Nichtregierungsbeauftragung der FPÖ zu demonstrieren. Mehrfach versuchte sich Nehammer in seinem Podcast mit Beschwichtigungen und räumt sogar Versäumnisse der eigenen Partei ein. Dabei erwähnt er aber auch, dass selbst innerhalb der ÖVP der Druck gegen Koalitionsverhandlungen mit Babler und den Sozialdemokraten wächst. Diese Kritik wischt Nehammer aber schnell beiseite – bei den Verhandlungen sei Babler nämlich „sehr pragmatisch“.

Werden die Verhandlungen scheitern?

Selbst der optimistische Nehammer, welcher großes Interesse am Erfolg der Verhandlungen hat, räumt einem Gelingen der Dreier-Koalition lediglich eine Chance von 50 Prozent ein. Ob es tatsächlich zu einer „Austro-Ampel“ kommen wird, hängt dabei jedoch auch stark von den Reaktionen der Österreicher ab. Sollte sich in den folgenden Wochen eine Protestbewegung entwickeln, die ähnlich wie die Corona-Demonstrationen den Unmut des Volkes auf die Straße bringt, könnte es schwer für Nehammer werden, an den Verhandlungen festzuhalten. Auch eine Niederlage bei den anstehenden Landtagswahlen im Burgenland könnte zu einer erheblichen Schwächung seiner Position führen und langfristig den Weg für eine FPÖ-Regierung freimachen.

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