Herbert Kickl will mit der ÖVP verhandeln. Doch er stellt klare Bedingungen. Im Zweifelsfall sei die FPÖ auch zu Neuwahlen bereit. Von dieser Rede kann sich in der AfD jeder eine Scheibe abschneiden, der auf eine Koalition mit der CDU schielt.
In einer Rede legte Kickl seine Erwartungen an die Koalitionsverhandlungen offen. Über der ganzen Rede hängt spürbar noch der Ibiza-Putsch des Jahres 2019, als die letzte Koalition, damals noch mit der FPÖ als Juniorpartner, durch kriminelle Methoden zerschlagen wurde.
Heute ist die FPÖ eindeutig in der stärkeren Position, und Kickl hat es nicht ausgelassen, die ÖVP-Führung mehrfach daran zu erinnern. Das Wahlergebnis war eindeutig, und die Umfragewerte sind es auch. Wenn es zu Neuwahlen käme, dann würde die FPÖ erwartungsgemäß zulegen, die ÖVP verlieren.
Kickl hat noch keine konkreten inhaltlichen Forderungen erhoben. Diese werden wohl in den Verhandlungen in kleinerem Rahmen zur Sprache kommen, die Kickl für die nächsten Tage angedacht hat. Zuerst geht es um die Grundlagen. Eine Koalition mit der ÖVP sei überhaupt nur möglich, wenn diese erfüllt seien. Konkret nannte Kickl drei Bedingungen:
Ehrlichkeit
Erstens müsse die Zusammenarbeit auf Ehrlichkeit beruhen. Kickl erwähnte sowohl das Verhalten der ÖVP in der Vergangenheit als auch die zahlreichen Warnungen, die ihn erreicht haben. Wenn er erklärt, dass das Wahlergebnis eine Alleinregierung der FPÖ nun einmal auch nicht hergebe, dann klingt das fast wie eine Entschuldigung gegenüber diesen Warnern. Die ÖVP müsse aber konkret zeigen, dass sie es ernst meine.
Verantwortung
Zweitens müsse die ÖVP Verantwortung für die schwierige Lage übernehmen, in der die Republik Österreich sich derzeit befindet. Diese Lage, vor allem die Haushaltskrise, ist auch der Grund, den Kickl gegenüber den Skeptikern im eigenen Lager anführt, die lieber Neuwahlen abwarten würden, als jetzt mit der ÖVP zu regieren.
Innere Stabilität der ÖVP
Der dritte Punkt wirkte wie ein Nachtrag, ist aber der einzige, den Kickl in seiner Rede unmittelbar und direkt mit der Drohung von Neuwahlen verbunden hat: Die ÖVP muss intern so geeint sein, dass sie überhaupt als Verhandlungspartner auftreten kann. Das ist keine Selbstverständlichkeit angesichts der derzeitigen Führungskrise in der Volkspartei. Aber so unspektakulär es klingt, diese Bedingung ist die allererste Grundvoraussetzung, um überhaupt mit der ÖVP zu verhandeln. Verhandeln kann man nur mit jemandem, der Autorität über die eigenen Leute hat. Sonst verhandelt man mit gar niemandem.
Die nächsten paar Tage werden zeigen, ob die ÖVP dazu überhaupt in der Lage ist.