Der Lehrer Nelsi Pelinku wurde nach seiner Teilnahme an Demonstrationen auf einem Antifa-Portal denunziert. Gegen die darauffolgende Kündigung klagte er. Zuerst erfolgreich, musste er zweitinstanzlich 24.000 Euro Gerichtskosten tragen und erhielt drei Jahre Berufsverbot.
Heimatkurier: Herr Pelinku, Sie wurden im Juli 2023 von der Schuldirektion der Musikmittelschule St. Michael im Lungau gekündigt, nachdem ein Antifa-Portal Ihre Teilnahme an Demonstrationen veröffentlicht hatte. Später haben Sie geklagt. Darauf kommen wir noch, aber wie lief das zunächst zwischen Ihnen und der Schulleitung ab?
Pelinku: Tatsächlich wurde ich von der Bildungsdirektion Salzburg, als für mich zuständige Schulbehörde, gekündigt, nicht von der Schulleitung.
Die Direktorin hat lediglich die Veröffentlichung der Antifa-Webseite und deren Inhalt der Bildungsdirektion bekanntgegeben, woraufhin diese mich um Stellungnahme bat. Daraufhin hat sie beim DÖW [Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands] um ein Gutachten angesucht, um herauszufinden, ob meine Teilnahme an den Demos auf faschistisches, sexistisches, verfassungsfeindliches etc. Gedankengut schließen lasse.
Die Ergebnisse dieses „Gutachtens“ wurden dann kritiklos übernommen.
Im April erfolgte dann zunächst eine Dienstfreistellung, weil ich ein paar Tage zuvor im Konferenzzimmer einen Flyer der „Homosexuellen-Initiative“ (HOSI) zerrissen hatte, in dem ein Workshop zu Transsexualität beworben wurde. Ich habe mich zwei Tage später bei der Direktorin für diese Grenzüberschreitung entschuldigt und die Flyer ersetzt. Das war der Bildungsdirektion allerdings egal.
Nach meiner Dienstfreistellung wurden dann Lehrerkollegen und Schüler über mich befragt, und es wurde versucht, so viel „Material“ wie möglich gegen mich zu sammeln, um das alles dann in die Kündigung zu packen. Tatsächlich ausschlaggebend war meiner Meinung nach allerdings die Bekanntwerdung meiner Gesinnung durch das Antifa-Portal.
Heimatkurier: Was wurde denn in dem Bericht des DÖW über Sie behauptet?
Pelinku: Die Fragestellung der Bildungsdirektion Salzburg an das DÖW war, ob sich aus meiner Teilnahme an einer Reihe politischer Kundgebungen „einzeln oder in der Gesamtschau ableiten“ lasse, dass ich öffentlich faschistisches, antisemitisches oder rassistisches Gedankengut oder sonst eine verfassungsfeindliche Einstellung zur Schau gestellt habe. Das wurde langatmig vom DÖW in pseudo-wissenschaftlicher Manier bejaht. Dabei lieferte das DÖW der BD Salzburg weiteres Fotomaterial von mir, das zu keinem Zeitpunkt öffentlich, also auch nicht auf der Antifa-Seite, war, und stellte mich in eine ideologische Nähe zur IB, die sie wiederum als rechtsextrem bezeichnete. Dadurch wurde auch offensichtlich, dass das DÖW offenbar beste Kontakte zu Wiener Antifa-Fotografen hat und somit nicht als objektive Einrichtung gesehen werden kann.
Heimatkurier: Nun handelt es sich beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands um eine Stiftung. Obendrein um eine, deren politische Ausrichtung bekannt ist. Wie kommt es, dass die Bildungsdirektion Salzburg eine solche Institution mit der Beurteilung ihrer eigenen Personalfragen betraut?
Pelinku: Das kann ich mir objektiverweise auch nicht erklären. Man könnte der BD unterstellen, dass sie bewusst ausgerechnet auf das DÖW zugegangen ist, um möglichst viel Negatives über mich zu elizitieren.
In der Meldung der Antifa-Seite vonseiten der Direktorin an die BD hat diese erwähnt, dass sie sich in den Weihnachtsferien 2022 mit Bernhard Weidinger vom DÖW getroffen und über mich und die IB gesprochen hätte. Vielleicht ist die BD deswegen auf das DÖW aufmerksam geworden und hat unreflektiert gemeint, man könne diese Privateinrichtung mit einem Gutachten beauftragen.
Ein interessantes Detail ist, dass Bernhard Weidinger, führender Mitarbeiter beim DÖW, selbst aus St. Michael stammt und mit der Direktorin und anderen Kollegen der dortigen Mittelschule persönlich bekannt ist. Dies gibt er zu Beginn der Stellungnahme auch zu und meint, dass er, um keinen Anschein der Befangenheit zu erwecken, einen anderen Mitarbeiter das Gutachten erstellen habe lassen.
Heimatkurier: Ihren ersten Prozess gegen die Bildungsdirektion haben Sie ja gewonnen. Spielte da die Voreingenommenheit des DÖW eine Rolle?
Pelinku: Tatsächlich wurde das Gutachten von der Richterin nicht als Beweismittel zugelassen, da es sich um ein privates Weltanschauungsgutachten handelte. Somit wurde auch auf die zwei der fünf Kündigungsgründe, die auf dem Gutachten basierten – nämlich die angebliche Behinderung der Pressefreiheit durch Hochhalten eines Regenschirms sowie das Sich-Bekennen zu rassistischem Gedankengut durch Zeigen des „White Power“-Handzeichens (in Wahrheit ein einfaches OK-Zeichen) – im Urteil nicht eingegangen, sondern bloß die Teilnahme an den Demos selbst erörtert.
Daher spielte im Urteil selbst die Voreingenommenheit des DÖW keine Rolle, obwohl mein Anwalt und ich diese in den Verhandlungsterminen mündlich sehr wohl vorbrachten.
Heimatkurier: Die Bildungsdirektion ist daraufhin in Berufung gegangen, allerdings nicht mehr mit den ursprünglichen Vorwürfen gegen Sie, sondern mit einer Verfahrensfrage. Können Sie das erklären?
Pelinku: Ja. Der Anwalt der BD hat schon zu Beginn des Erstverfahrens das Argument der verspäteten Klagseinreichung vorgebracht. Dabei wurde, zusammenfassend erklärt, argumentiert, dass ich nach Inkrafttreten meiner Kündigung mit 1.09.2023 die Klage erst Anfang Januar 2024 und somit laut BD zu spät eingereicht und somit meine Aufgriffsobliegenheit zur Geltendmachung der Unwirksamkeit der Kündigung verletzt hätte. Weiters wurde argumentiert, dass ich durch eine Bewerbung vom 27.10.2023 beim selben Dienstgeber, sprich Land Salzburg (weil Mittelschulen in den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer und nicht des Bundes fallen), der Bildungsdirektion zu verstehen gegeben hätte, dass ich meine Kündigung akzeptiert hätte.
Die Richterin wies diese Argumentation allerdings ab, weil ihrer Ansicht nach die BD, im Gegensatz zu mir, Kenntnis haben musste über eine Spezialnorm, nämlich § 203d Abs. 5 des BDG (Beamten-Dienstrechtsgesetz), wonach nach einer Kündigung Lehrer für drei Jahre von Bewerbungen im ganzen Bundesgebiet und sowohl für Landes- als auch Bundesschulen ausgeschlossen sind.
Tatsächlich hatte ich mich seit meiner Kündigung bei dutzenden Bundesschulen und eben auch das eine Mal bei zwei Mittelschulen beworben und wurde immer abgelehnt. Ich wollte ohnehin wieder zurück an ein Gymnasium und habe daher Bundesschulen bevorzugt. Erst als ich durch einen Direktor eines Gymnasiums Anfang November 2023 informiert wurde, dass die BD die Weisung erteilt hatte, mich auch an Bundesschulen nicht anzustellen, eben aufgrund dieses Spezialparagrafen, den ich nicht kannte, wurde mir bewusst, dass ich offenbar gegen die Kündigung als Landeslehrer klagen musste, um überhaupt an irgendeiner öffentlichen Schule österreichweit eine Anstellung zu bekommen. Diese Umstände wurden im Ersturteil gewürdigt und sogar der BD Rechtsmissbrauch vorgeworfen, weil sie mir einerseits die Verletzung der Aufgriffsobliegenheit vorwarf, andererseits aber vier Monate lang hinter meinem Rücken dafür sorgte, dass ich auch an Bundesschulen keine Anstellung bekam, ohne mir den Grund dafür, nämlich besagten Paragrafen, zu nennen.
Somit war dieser Punkt sehr wohl immer technische Argumentationslinie der BD, neben der inhaltlichen.
Heimatkurier: Im Revisionsverfahren schloss sich dann das Gericht der Auffassung der Bildungsdirektion an?
Pelinku: Im Grunde ja. Allgemein wurde argumentiert, dass die Bewerbung beim selben Dienstgeber, entgegen der Argumentation meines Anwalts in der Berufungsbeantwortung, die Wirksamkeit bzw. das Akzeptieren der Kündigung bedingt. Mein Anwalt hatte allerdings vorgebracht, dass eine erneute Bewerbung in meinem Fall eben nicht als Akzeptanz der Kündigung gesehen werden kann, denn der Spezialparagraf besagt ja, dass Bewerbungen, die nach einer Kündigung getätigt werden, unwirksam und somit ungültig sind. Somit hätte ja meine Bewerbung gar keinen Wert. Allerdings wurde der bloße Akt der Bewerbung als „konkludenter Verzicht“ gedeutet.
Außerdem wurde zusätzlich eine neue Tatsachenfeststellung getroffen, nämlich dass ich bei dieser einen Bewerbung beim selben Dienstgeber unter dem Punkt „Laufbahn“ bei meiner ehemaligen Mittelschule das Ende des Dienstverhältnisses mit „31.08.2023“ angegeben und auch dadurch die Kündigung implizit akzeptiert hätte.
Zur Unterstützung dieser Rechtsauffassung bediente sich das Berufungsgericht eines Urteils des OGH aus dem Jahr 2001, wo es allerdings um eine Kündigungsanfechtung nach vier Jahren und aufgrund eines Betriebsübergangs ging. Dieser Präzedenzfall war also kaum mit meinem Fall zu vergleichen, wo es ja um den öffentlichen Dienst ging.
Im Endeffekt hat das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht mir mit diesem Urteil in einem kurzen Prozess das Genick gebrochen, ohne überhaupt auf die eigentlichen Kündigungsgründe, die vom Erstgericht allesamt als unzureichend für eine Kündigung befunden wurden, eingehen zu müssen. Ich habe die starke Vermutung, dass die Zweitrichterin hier voreingenommen geurteilt hat.
Heimatkurier: Welche Konsequenzen hat dieses Urteil für Sie nun?
Pelinku: Die Konsequenzen sind zum einen finanzieller Natur: Ich muss die gesamten Verfahrenskosten von etwa 24.000 Euro tragen. Zum anderen bin ich nun eben für weitere knapp zwei Jahre von Bewerbungen gesperrt.
Heimatkurier: Haben Sie keine Möglichkeiten mehr, dagegen vorzugehen?
Pelinku: Innerhalb Österreichs ist der Instanzenzug beendet, ja.
Heimatkurier: Dann bedanke ich mich für Ihre Zeit und wünsche Ihnen alles Glück für die Zukunft.
PS: Wer Pelinku bei den ihm entstandenen Rechtskosten helfen will, kann dies unter dem angegebenen Link tun: https://www.givesendgo.com/persecutedteacher