Das Potential an Erdogan-Wählern ist in Österreich aufgrund jahrzehntelanger Masseneinwanderung aus der Türkei stark präsent. Dessen ist sich auch die AKP-Elite kurz vor den anstehenden Präsidentschaftswahlen bewusst. Der türkische Außenminister nutzte seinen Staatsbesuch nun zum Wahlkampf – und entlarvt damit die Schwäche der ÖVP, die das explizit untersagt hatte.
Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu besuchte letzten Freitag seinen österreichischen Amtskollegen Alexander Schallenberg (ÖVP). Die beiden diskutierten unter anderem über den Ukraine-Konflikt sowie über die Hilfeleistungen Österreichs an die Erdbebenopfer in der Türkei. Anschließend soll Schallenberg dem türkischen Außenminister mitgeteilt haben, keine Wahlkampfauftritte in Österreich zu dulden. Doch diese Ermahnung zeigte offenbar keinerlei Wirkung – nur wenige Stunden später nahm Çavuşoğlu im 23. Wiener Gemeindebezirk an einem großen Iftar-Fastenbrechen mit tausenden Gästen teil – und hielt eine flammende Wahlkampfrede. Per Handy zugeschaltet wurde auch der amtierende Präsident Recep Tayyip Erdogan, welcher von den Massen glorifizierend bejubelt wurde.
Türkei installiert Wahlkampf-Chef in Wien
Aufgrund des starken Wählerpotenzials in Wien hat sich die AKP-Führung dazu entschlossen, in Wien einen eigenen Wahlkampf-Chef zu installieren – dabei handelt es sich um Mahmut Koc. Dieser soll die türkische Parallelgesellschaft mit türkischer Regierungspropaganda versorgen und sie zur Wahl Erdogans motivieren. Für die AKP durchaus ein lohnendes Geschäft: Im Zuge der letzten Wahl im Jahr 2018 haben 72 Prozent der Wiener Türken Erdogan ihre Stimme gegeben.
Globohomo für Österreich, Nationalismus für die Türkei
Damit lässt sich das Wahlverhalten der Austrotürken am besten beschreiben. Während der rechtsnationale Präsident Erdogan als Volkstribun und als Nationalheld betrachtet wird, werden in Österreich linksliberale Parteien wie die SPÖ oder die Grünen präferiert. Obwohl – rein weltanschaulich betrachtet – FPÖ und ÖVP unter türkischen Migranten stark vertreten sein müssten, ist das Gegenteil der Fall. Der Grund: Die türkische Community wählt nicht auf Basis von Wertvorstellungen und Idealen, sondern auf Basis von ethnokulturellen Interessen – diese lassen sich naturgemäß nicht mit einer Politik der Leitkultur und Assimilation in Einklang bringen. Dieses Phänomen ist auch als ethnische Wahl bekannt.
FPÖ kritisiert türkischen Wahlkampf in Österreich
„Es darf kein türkischer Wahlkampf in Österreich zugelassen werden. Derartige Wahlkampfauftritte von türkischen Politikern haben in unserem Land nichts verloren„, verdeutlichte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz als Reaktion auf den Auftritt des türkischen Außenministers. Er fordert mehr Konsequenz seitens der Bundesregierung und ein Verbot von türkischen Wahlkampfauftritten. „ÖVP-Kanzler Nehammer und sein Außenminister müssen der türkischen Führung ganz klar und auch mit Nachdruck klarmachen, dass solche Auftritte von Ministern oder des Präsidenten in Österreich nicht erwünscht sind, da es sich dabei nicht um Privatpersonen handelt. Die österreichische Regierung muss daher diese – möglicherweise schon geplanten – Auftritte konsequent verbieten. Wenn der türkische Staatschef Erdogan Wahlkampf machen möchte, dann soll er das in der Türkei machen, aber nicht bei uns„, setzt er fort.
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