Diskussionen im Spannungsfeld zwischen Partei und Vorfeld können schnell hitzig werden – Sebastian Schwaighofer von der Freiheitlichen Jugend mahnt in seinem Kommentar zur Abkühlung und beschwört stattdessen die Einigkeit: „Gemeinsam gehört uns die Zukunft.“
Ein Kommentar von Sebastian Schwaighofer (FJ/FPÖ)
Während ich diesen Text schreibe, sitze ich am Balkon meiner Wohnung in Salzburg. Es ist viel zu heiß, um in einer der wenigen Tropennächte entspannt schlafen zu gehen.
Ich würde gerade gerne an einem Strand sitzen – weit weg, ein Mädchen im Arm, einen Aperol an der Seite und stumpf in die Sterne blicken. Viel würde ich geben für ein Gefühl, dass in der Heimat nichts Großes auf mich wartet. Kurz verliere ich mich in dem Gedanken. Hier am Balkon, auf meinen gefliesten 4 Quadratmetern Außenwelt, ist Ruhe direkt angebunden an die Ampelphase der Hauptstraße darunter. Auf dem Tisch vor mir steht ein lauwarmes Bier, aber zumindest die Sterne sind hier und anderswo gleich verlockend, um den Blick darauf zu fixieren.
Die Unruhe zwischen aufgeregten Nachbarn und Hauptstraße – ich mag sie, sie ist echt, sie reflektiert auch die Unruhe, die jeder junge Patriot in sich selbst kennt. Aufgewühlt durch die Gewissheit, welche Aufgabe vor ihm liegt und dass die demografische Sanduhr rieselt. Genauso echt, wie der Wunsch nach dem Strand oder der einsamen Hütte im Wald. Aber dieser Wunsch ist nicht nur eine finanzielle und organisatorische Hürde, vielmehr ist es eine ideelle Hürde, die niemanden von uns je wirklich zur Gänze abschalten lässt.
Während ich hier sitze, blitzt regelmäßig das Telefon auf, praktisch immer sind es liebgewonnene Kameraden. Man teilt Memes untereinander, bespricht innenpolitische Entwicklungen und löst ganze geopolitische Krisen mit fantastischen Konzepten in ausufernden Telefonaten. Nichts in meinem Leben ist mir wichtiger als diese Menschen. Diese Hoffnungsträger sind es, die wir auch in der Freiheitlichen Jugend bedienen und fördern wollen.
In meinen, gemessen an der jungen Lebenszeit, langen Jahren im patriotischen Lager gab es noch nie so viel Hoffnung für eine echte Wende wie heute – wir stehen näher denn je vor dem ganz großen Ziel. Der ein oder andere beginnt schon mit Überlegungen, welche Lackierung die zukünftigen Remigrations-Flieger haben sollten und wie der erste offizielle, staatlich geförderte Stolzmonat eröffnet werden soll.
In dieser Hoffnung erlebe ich aber auch immer wieder das Risiko, welche große Chancen mit sich bringen – eine einsetzende Torschlusspanik. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ – eine der gefährlichsten Phrasen im eigenen Lager. Ja, die Chance ist real, ja wir müssen bei jeder gegebenen Möglichkeit zupacken, um unserer durch Geburt auferlegten Verantwortung der demografischen Trendumkehr gerecht zu werden. Aber ich appelliere auch daran, dabei nie zu vergessen, dass unser Meinungskampf nicht auf eine Entscheidungsschlacht zuläuft, sondern ein friedlicher Marathon ist und wir gerade erst am Weg sind, die erste Etappe zu gewinnen.
In den letzten Wochen und Monaten habe ich einige Male erlebt, dass es in unserem Meinungsmosaik zu einer Art geistigen Auseinanderbröckeln kam. Immer wieder mit zumindest subjektiv greifbaren Auslösern, manchmal auch aus politischen Eigeninteressen oder dem Wunsch Einzelner, einer der vermeintlichen Seiten zu gefallen. Ich maße mir hier keine Wertung einzelner Maßnahmen und kritisch beäugter Vorgänge zu. Aber weil ich unser gemeinsames Lager kenne, maße ich mir an zu wissen, worauf dieses „in den eigenen Reihen wildern“ zurückzuführen ist.
Der untadelige und aufrechte Wunsch, dass jetzt wirklich alles passen muss und diesmal nichts schiefgehen darf. Immerhin kommt die Zukunft schnell näher und nur ein rasches Durchsetzen unserer Kernforderungen kann den Kurs zum dystopischen Horizont noch drehen. Überall, wo in Partei und Vorfeld aufgeregt diskutiert wird, eventuell sogar ein kleiner Streit aufflammt, rechne ich allen Beteiligten nur diesen einen edlen Grund zu.
Es reicht der Vergleich mit der innenpolitischen Konkurrenz, um zu verstehen, was uns auszeichnet. Im Gegenteil zum woken Mainstream, der gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt und an diesem Punkt nur noch versuchen kann, stupide Extremforderungen zu erfüllen und seinen vorläufigen Triumph zu verwalten, sind unsere Gegenpositionen dazu absolut.
Auch ich verstehe die Lust, bei den Eigenen denselben Absolutismus anzusetzen und mit dem großen Banner der ideologischen Reinheit vorneweg zu marschieren. Aber es sind doch auch dieselben, die dieser Tage ihr Banner tragen, die bei jeder politischen Entscheidung den Nutzen für unsere Sache auf die Goldwaage legen. Ohne Apologetik für eine Seite möchte ich also die Frage stellen: Wo ist der Nutzen für unsere Sache, wenn aus einem notwendigen Korrektiv bei kleinster negativer Gefühlsregung ein Ausbruch zur Agitation entsteht?
Wenn ich lese, wie wenig es braucht, dass einem Meinungsblogger das Wort „Schwachstelle“ in Bezug auf Funktionäre auskommt oder anderswo stündlich fast schon reißerische Artikel erscheinen. Dann gehe ich selbstverständlich davon aus, dass all das mit der Motivation einer bestmöglichen Ausgangslage für unser patriotisches Kollektiv passiert. Immerhin handelt es sich bei allen Personen um echte Idealisten. Aber ich bitte darum zu reflektieren, ob ein so aufgeregtes Handeln, in dem auch immer die Gefahr einer drohenden Eskalation mitschwingt, wirklich das Beste für ein Fortkommen ist oder manchmal nur Ausdruck der oben beschriebenen inneren Unruhe.
Abgekühlt hat es hier am Balkon, während ich diese Zeilen hier schreibe. Das Handy blitzt wieder auf, ein blutjunger FJ-Aktivist kommentiert mein hoffentlich motivierendes Kurzvideo mit „Wir schaffen das„. Recht hat er: Selbstverständlich schaffen wir es, was bleibt uns auch anderes über? Gemeinsam gehört uns die Zukunft.
Sebastian Schwaighofer ist Geschäftsführender Bundesjugendobmann der Freiheitlichen Jugend und Landesparteisekretär der Salzburger Freiheitlichen.
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