Immer wenn ein AfD-Vertreter sich auf der Gästeliste einer ÖRR-Talkshow wiederfindet, erwartet ihn meist das übliche „Alle gegen Einen“-Bashing seiner Gesprächspartner. In einer solchen Situation erfordert es vor allem Angriffslust und Standhaftigkeit, um dem Gegner nicht wehrlos das Feld zu überlassen. AfD-Vorsitzender Tino Chrupalla zeigte gestern bei Markus Lanz, wie das in der Praxis umgesetzt werden kann.
Von allen im Bundestag vertretenen Parteien wird der AfD seit Anbeginn ihrer Medienpräsenz am wenigsten Zeit in Talkshow-Formaten eingeräumt. So waren im letzten Jahr 457 Politiker bei Lanz, Maischberger und Co. zu Gast. Der Anteil an AfD-Politiker lag bei nicht einmal einem Prozent. Selbst die schon damals bedeutungslos gewordene LINKE durfte mehr Vertreter entsenden als die Rechtspartei. Die Medienpräsenz vor Millionenpublikum ist daher rar gesät und muss gut genutzt werden. Dessen sind sich auch die Talkmaster bewusst, sodass sie jegliche Auftritte von AfD-Repräsentanten beständig sabotieren wollen.
Alle gegen die AfD
Auch Markus Lanz setzt in seinem gleichnamigen Format meist alles daran, seinen AfD-Gästen einen unangenehmen Abend zu bereiten. Die für ihn typischen, ständigen Unterbrechungen werden dabei vom üblichen Fragenrepertoire begleitet. Immerzu geht es darum, verräterische Aussagen zu angeblichem Rechtsradikalismus oder Uneinigkeit in der Partei zu provozieren. Lanz kann sich dabei wie alle Talkmaster auf Rückendeckung durch systemkonforme Gäste verlassen, die in einer linken Kakophonie auf ihre patriotischen Gesprächspartner eindreschen. Ziel ist demnach nicht das Entstehen eines ausgewogenen Diskurses, sondern die „Demaskierung“ oder „Entlarvung“ der Partei.
Angriff ist die beste Verteidigung
Der eine mag vor der zahlenmäßigen Übermacht kapitulieren oder sich von Aussagen seiner Parteifreunde „distanzieren“. Am Donnerstagabend bei Markus Lanz zu Gast, zeigte Tino Chrupalla hingegen, dass es auch anders gehen kann. Angriffslustig und ausreichend vorbereitet wich er Fangfragen des Moderators und Anschuldigungen anderer Gäste aus. Besonders der Ökonom Marcel Fratzscher wurde von Chrupalla in die Schranken verwiesen. So stellte Chrupalla richtigerweise fest, dass Deutschlands finanzielle Lasten innerhalb der EU nach dem Brexit weiter anwuchsen. Fratzscher blamierte sich und widersprach Chrupallas korrekter Aussage, obwohl er es als „Ökonom“ besser wissen müsste. Auch auf Lanz’ Fragen zu parteiinternen Vorgängen antwortete Chrupalla souverän und gab nicht mehr preis als nötig.
Die Trumpfkarten ausspielen
Fratzscher glänzte hingegen mit weiteren unwahren Behauptungen. Die migrationspolitischen Forderungen der AfD würden massiven wirtschaftlichen Schaden mit sich bringen, auch in Bezug auf Fachkräfte. Den immensen wirtschaftlichen Schaden, der durch Migration nach Deutschland entsteht, verschwieg er jedoch. Ein Glück, dass Chrupalla dies für ihn übernahm und auf den überproportional hohen Anteil migrantischer Bürgergeld-Empfänger verwies. Dass zudem hunderttausende deutsche Fachkräfte aufgrund der hohen Steuerlast abwandern, dementierte Fratzscher. Zu hohe Steuern seien kein Auswanderungsgrund. Falsch! Denn finanzielle Gründe und damit auch die hohe Abgabenlast spielen bei Auswanderungsentscheidungen eine wesentliche Rolle. Wirkliche, deutsche Fachkräfte werden verprellt, während im eigenen Land ein neues Prekariat von Fremden geschaffen wird.
Tino Chrupalla bewies somit nach einigen Fauxpas in der Vergangenheit, dass er zumindest in puncto Medienauftritte dazugelernt hat. Sein Auftritt kann als Leitfaden für künftige Medienauftritte führender AfD-Repräsentanten dienen.