Viel wird innerhalb der Rechten über Theorie, Begriffe, Strategie und Tagespolitik diskutiert – die Themen Ästhetik und Gegenkultur werden hingegen eher stiefmütterlich behandelt. Doch es gibt auch Ausnahmen: Wir haben mit dem Grafikdesigner und JA-Mitglied Tristan Glaszwist über sein Projekt „Dark Alternative“ gesprochen. Das Ziel: Eine „vitale, selbstbewusste und melancholische“ ästhethische Vision zu schaffen.
„Glut & Zwist“, „New Right – New Aristocracy“, „Ich verehre dich, Tot & Tat“ – so lauten einige Titel der Werke des Grafikdesigners Tristan Glaszwist und seinem Projekt „Dark Alternative“. Wir haben mit ihm über sein Ziel, die Rolle Künstlicher Intelligenz und die Möglichkeitsbedingungen einer authentischen Gegenkultur gesprochen.
Lieber Tristan! Zunächst – wie kam dir die Idee zu deinem Projekt? Wen möchtest du damit erreichen? Was ist das Ziel?
Moin, erst einmal vielen Dank für die Möglichkeit dieses Interviews! Schon länger machte ich mir Gedanken darum, was ich für das rechte Lager tun kann, da ich nicht länger strategielos und ausschließlich nach Lust und Laune agieren wollte. Da mir Ästhetik am Herzen liegt und ich nicht ganz unerfahren im Grafikdesign bin, lag der Gedanke nahe, mich in diesem Bereich zu betätigen. Erreichen soll mein Projekt „Dark Alternative“ diejenigen, die ein Faible für das Dunkle und Melancholische haben. Ziel ist es, einen neuen Weg des ästhetischen Selbstverständnisses anzubieten.
Die Synthwave-Ästhetik der 2010er Jahre ist meines Erachtens verbraucht, teilweise zu militant oder bedient sich einer Symbolik, die verbrannt ist – und im Grunde nur provozieren will. Mein Auftritt soll fungieren als eine Art Moodboard der Rechten – heißt: Es soll eine Stimmung hervorgerufen werden. Ein Lebensgefühl, das sehnsüchtig macht und im besten Fall zur Aktion anspornt. Zweitens haben wir genügend Akteure, die sich mit dem politischen Tagesgeschäft beschäftigen. Bilder von überfremdeten Städten, ob ihrer ausgesetzten Verurteilung lächelnde Neu-Hinzugezogene, oder dem schönen historistischen Gebäude, das einem unförmigen Stahlbetonkoloss weicht. All das eröffnet den Raum der Wut, in dem zu viele stehen bleiben, weil ihnen kein Weg eröffnet wird. Ich will meinen Beitrag leisten eine – zumindest visuelle – Alternative anzubieten. Und zwar keine Blockhüttenromantik, die einer vorindustriellen Ordnung nachtrauert, sondern eine vitale, selbstbewusste und melancholische – eben eine „Dunkle Alternative“.
Du selbst bezeichnest deinen Stil als „Dark Alternative“ – Grundlage sind klassische Motive der europäischen Mythologie und Geschichte, die mit Versatzstücken aus Literatur, Philosophie und Liedgut versehen sind. Was inspiriert dich?
Was wohl niemanden überraschen wird, da er in der einen oder anderen Form immer wieder Erwähnung findet, ist die Inspiration durch die Philosophie Friedrich Nietzsches. Bin ich uninspiriert, genügt ein Blick in den Zarathustra und zumindest ein neuer Aphorismus, der etwas in mir auslöst, wird notiert. Ebenso ist Bronze Age Pervert samt seinem Mindset, in dem immer wieder die zeitlose Wichtigkeit von tiefen Freundschaften, Zusammenhalt und Männerbünden betont wird, eine Inspiration.
In der Gestaltung der Form kommen unterschiedliche Medien zum Tragen. Sei es ein altes Buchcover, ein Plakat für ein Musikfestival, Propaganda des frühen 20. Jahrhunderts oder christlich-orthodoxe Ikonen – wenn es mich bewegt, versuche ich mich an einer Nachahmung mit eigenem Anstrich.
Welche Rolle spielt für deine Werke die Musik? Man fühlt sich beim Betrachten deiner Grafiken rasch an Stile wie Neofolk, Martial Industrial oder Black Metal erinnert.
Dieser Eindruck rührt nicht von ungefähr. Da ich selbst Musik mache und schon immer musikinteressiert war, will ich Künstler und Stile miteinfließen lassen, die sich nicht nur auf Philosophen und Helden vergangener Tage beschränken. Vor allem Neofolk liegt mir am Herzen, da dies einen – wenn auch sicher zum Teil ironisch – untrennbaren Bezug zu einem rechten Weltverständnis hat. Oft werden Schönheit und Stärke träumerisch und sehnsüchtig besungen, ohne dabei ein provozierendes Element zu kurz kommen zu lassen. Dies soll sich in meinen Kacheln widerspiegeln.
Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz bei der Erstellung deiner Werke? Und welche Rolle wird KI deiner Meinung nach in Zukunft einnehmen? Kann sie dazu beitragen, die Vision eines rechten, besseren Deutschlands und Europas zu visualisieren und somit Gestalt annehmen zu lassen?
Natürlich muss in Betracht gezogen werden, dass die Anbieter einschlägiger KIs nicht auf unserer Seite sind und der natürliche Impuls der Skepsis gegenüber einer alles durchdringenden Technik bewahrt bleiben sollte. Dennoch eröffnet dieses Werkzeug Möglichkeiten, deren wir uns nicht entsagen sollten. Wir haben weder steuergeldfinanzierte Ausstellungen noch viele zeitgenössische Künstler, was meiner Meinung nicht nur daran liegt, dass der etablierte kulturelle Betrieb dies nicht zulässt. Zu viel ist bei uns auf den parlamentarischen Erfolg ausgerichtet.
Wenn es der Einschätzung einiger nach keine Prozentpunkte in den Wahlumfragen bringt – oder sie gar gefährden könnte – ist es nur von wenig Wert. Metapolitik heißt dann für viele Wählerfang, was eine Überschätzung der parlamentarischen Möglichkeiten ohne verwurzelte Gegenkultur ist. Diesem Verständnis von Metapolitik sollten wir den Rücken kehren. Und KI kann uns dabei helfen. Sie hilft uns dabei, Visionen bildlich umzusetzen, eine Alternative endlich sichtbar zu machen, wie ein Europa aussieht, das den Selbsthass aufgegeben und wieder zu sich selbst gefunden hat.
Du selbst bist Aktivist der Jungen Alternative, die als politische Jugendorganisation der AfD eine ganz andere, wesentlich anschlussfähigere Ästhetik nach außen trägt. Ist das für dich ein Zwiespalt?
Ganz und gar nicht. Es kamen bereits einige Anfragen von JA-Mitgliedern oder JA-Landesverbänden, die mich einerseits nach einer Zusammenarbeit fragten, andererseits nach meinem Workflow, den ich übrigens gerne mitteile (meine DMs auf Twitter sind offen). Die JA hat verstanden, – im Gegensatz zu ihrer Mutterpartei, die es nun langsam begreift – dass eine Betonung der eigenen Harmlosigkeit nicht nur unaufrichtig, sondern auch sinnlos ist – man denke an Personen wie Meuthen.
Jedoch soll das nicht heißen, ich hätte den Anspruch die ästhetische Richtung der JA vorzuschreiben. Vielmehr wünsche ich mir ein Nebeneinander unterschiedlicher Strömungen und visueller Vorstellungen, die konkurrieren, und dennoch wissen, was sie aneinander haben.
Wie beurteilst du die Debatte rund um Ästhetik und Stil im rechten Lager? Ist es möglich, den Grat zwischen Nische/Subkultur und notwendiger Anschlussfähigkeit mit einem Stil zu überbücken? Oder braucht es eine vielfältiges Angebot, um verschiedene Zielgruppen anzusprechen?
Man muss sich fragen, von wem der Vorwurf der Nicht-Anschlussfähigkeit kommt. Als internen Vorwurf kann ich diesen wenig ernst nehmen, da oftmals mitschwingt, man wolle es dem politischen Gegner recht machen und keine Angriffsfläche bieten. Im schlimmsten Falle ist dies ein Verrat an den eigenen Werten und Überzeugungen. Dennoch ist mir die Gratwanderung bewusst, die meine Ästhetik leisten muss.
Ein unachtsames Motiv könnte schnell den Eindruck der Pseudo-Militanz erwecken, was ich – nicht nur aus strategischen, sondern auch aus weltanschaulichen Gründen – ablehne. Die Fülle an Subkulturen und Strömungen innerhalb der Rechten, die sich nicht in kommunistischer Manier in Sektiererei ergehen, ist eine Stärke, die nicht aufgegeben werden sollte. Konkurrenz schafft ein besseres Angebot und ich begrüße es stets, sehe ich ästhetische Visionen, sollten sie auch nicht meinem genauen Weltbild entsprechen. Und darüber hinaus ich bin der Meinung, wo Platz für einen radikalen Katholizismus, für eine Kaiserzeit-Romantik und Holzhütten-Traditionalismus ist, da ist auch Platz für eine Dunkle Alternative.
Seit Jahren ertönt in der Rechten die Forderung nach der Schaffung einer „Gegenkultur“ – viele derartige Projekte sind jedoch kurzlebig und entfalten kaum Breitenwirkung. Wie siehst du die Chancen der Etablierung einer rechten, authentischen Gegenkultur? Gibt es dafür noch das demografische Potenzial?
Wir befinden uns in der misslichen Lage, dass uns keine staatlichen Gelder zukommen und dass Orte, an denen rechte Kultur gelebt wird, nur unter sehr erschwerten Bedingungen etabliert werden können – wenn überhaupt. Dieser Umstand ist jedoch auch eine Chance, unabhängige und autarke Strukturen aufzubauen, die nicht verpuffen, sollte es tatsächlich zu einem Verbot unseres parlamentarischen Armes kommen. Nun werden mittlerweile immer mehr Strukturen aufgebaut, die als Ort der Vernetzung und des Austausches dienen. Die beste Strategie ist es meines Erachtens, nicht nur zu fordern und zu hoffen, jemand möge sich doch endlich um die Etablierung einer rechten Gegenkultur bemühen, sondern geduldig und besonnen zu leisten, was man imstande zu leisten ist.
Jeder kann, wenn es ihm ernst ist, für sein Vaterland aktiv sein – mag der Beitrag auch noch so klein sein. Natürlich ist Demografie ein Faktor, den man im Hinterkopf behalten sollte. Jedoch ist dies bei kultureller Arbeit zweitrangig. Die jüdische Diaspora in den USA stellt eine Minderheit dar, hat jedoch einen starken ethnokulturellen Zusammenhalt, ist gut organisiert und kann so kulturell Einfluss nehmen. Wir Europäer haben nicht die kulturellen Leistungen der Vergangenheit hervorgebracht, weil wir in der Mehrheit waren, sondern weil wir den Willen dazu hatten. Wenn dieser Wille wieder entflammt, wird die Schaffung einer Gegenkultur auch trotz des Bevölkerungsaustausches weder unmöglich noch vergebens sein.
Dein Projekt ist noch sehr jung, dennoch konntest du auf Twitter bereits einiges an Aufmerksamkeit auf dich ziehen. Welche konkreten Pläne hast du für die kommenden Wochen und Monate? Wo siehst du das Projekt in einem Jahr?
Zunächst hoffe ich, dass ich in einem Jahr noch aktiv bin und ein größeres Angebot hinsichtlich verwendeter Medien und Formate wie zum Beispiel Videos und Musik etablieren konnte. Darüber hinaus bemühe ich mich derzeit darum, meinem Projekt mit einem Substack mehr inhaltliche Tiefe zu verleihen. Wohin die Reise genau geht, bleibt abzuwarten.
Lieber Tristan, herzlichen Dank für das Gespräch!
Tristan Glaszwist und seinem Projekt „Dark Alternative“ jetzt auf Twitter und Instagram folgen.