Zur Bekämpfung der Personalnot der Bundeswehr denkt man aktuell über die Rekrutierung ausländischer Soldaten und den Wehrdienst als Einbürgerungsinstrument nach. Wir haben das zum Anlass genommen, um mit dem AfD-Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck über die wahnwitzigen Pläne, das aktuelle Manöver der NATO, den Verlauf des Ukrainekriegs sowie die anstehenden geopolitischen Herausforderungen zu sprechen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat unlängst die Parole ausgegeben, dass die Bundeswehr in „fünf bis acht Jahren“ kriegstüchtig zu sein habe. Ein wesentliches Hindernis auf dem Weg dort hin: Die massive Personalnot. Doch man scheint bereits eine typisch bundesrepublikanische Lösung gefunden zu haben: Künftig soll der Wehrdienst auch Ausländern offen stehen. Darüber konnten wir mit dem Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck (AfD) sprechen, der im Deutschen Bundestag Mitglied des Verteidigungsausschusses ist.
Lieber Hannes! Angesichts der akuten Personalnot denkt man im Verteidigungsministerium von Boris Pistorius (SPD) offen über die Rekrutierung von Ausländern für die Bundeswehr nach – Unterstützung erhält der Plan von FDP und CDU. Wie lautet dazu die Position der AfD?
Hannes Gnauck: Wir sind als patriotische Partei natürlich nicht daran interessiert, unsere nationalen Streitkräfte zu einer internationalen Söldnertruppe umzuformen. Solche Vorstöße beobachten wir daher mit größter Besorgnis.
Ebenso äußerte man die Ansicht, dass Ausländer für das Ableisten der Wehrpflicht mit der deutschen Staatsbürgerschaft belohnt werden sollten. Die Bundeswehr als Einbürgerungsinstrument – welches Gefühl löst das bei dir als Bundeswehrsoldat im Ruhestand aus?
Also, im Ruhestand bin ich ja nun noch nicht und ich würde jeder Zeit meinem Eid folgeleisten und mein Leben für Deutschland einsetzen. Doch genau das ist bei einem Ausländer nicht unbedingt zu erwarten und das kann man auch nicht verlangen. Dass die Einbürgerung jetzt auch noch als zusätzlicher Anreiz vorgeschlagen wird, ist natürlich auch Symptom eines allgemeinen politischen Problems unserer Republik, nämlich der Umstand, dass die etablierten Parteien von Militär und nationalen Interessen keinerlei Ahnung oder Gefühl dafür haben. Wenn ungediente und eher vaterlandskritische Leute über unsere Streitkräfte verfügen, kann natürlich nur so ein Unfug dabei rauskommen.
Anlass der Überlegungen ist die Losung des Verteidigungsministers, die Bundeswehr müsse in fünf bis acht Jahren „kriegstüchtig“ sein. Was steckt hier dahinter – gerade angesichts des aktuellen NATO-Manövers, das mit 90.000 Soldaten einen Angriff Russlands simuliert?
Der Westen steht mit Russland im Konflikt, das ist Fakt. Aber dabei geht es natürlich nicht nur um die Ukraine oder angebliche russische Expansionspläne. Wir hören es von Scholz bis Baerbock, der Kampf zwischen dem Westen und eurasischen Staaten wie der Russischen Föderation, dem Iran oder China ist einer um die Weltordnung. Amerikanische Unipolarität oder Multipolarität, das ist hier die Frage. Der Krieg in der Ukraine darf daher aus der Sicht globalistischer Kräfte um keinen Preis verloren werden. Da die Ukraine diesen Krieg aber nicht gewinnen kann – und für diese Erkenntnis muss man kein Militärexperte sein – ist natürlich ein Eingriff der NATO nicht länger ausgeschlossen. Käme es dazu, müssten die NATO-Armeen natürlich bereit sein. Entsprechend finden Manöver mit so einem Szenario statt. Das ist grundsätzlich nichts Unübliches und auch kein Grund zur Panik. Aber die Aussagen von Pistorius und Co., wonach auch die Bundesrepublik in einigen Jahren im Krieg mit Russland stehen könnte, deuten doch auf die Ziele unserer Eliten hin. Und das muss uns in der Tat Sorgen bereiten. Auch deshalb bleibt die AfD als Friedenspartei die einzige Alternative.
Aus rechter Sicht könnte man jedoch auch argumentieren: Gut so, denn wir brauchen eine effektive Landesverteidigung. Wo liegt hier die Grenze beziehungsweise welche Rahmenbedingungen müssten für eine starke und handlungsfähige Bundeswehr aus AfD-Sicht gegeben sein?
Natürlich benötigt Deutschland eine handlungsfähige Streitkraft. Wer über Souveränitätsfragen diskutiert, kann diesen Fakt nicht ignorieren. Wer ein unabhängiges Deutschland wünscht, der wünscht auch eine starke Bundeswehr. Natürlich ist die derzeitige geopolitische Einbettung der Bundesregierung ein wesentlicher Faktor, weshalb zum einen die Streitkräfte eher schwach bleiben – man denke nur an die militärischen Abgaben an die Ukraine – und zum anderen im Ernstfall für einen Konflikt eingesetzt werden sollen, der nicht in unserem Interesse liegt. Ein AfD-geführtes Deutschland wird dennoch schlagfertige Streitkräfte aufstellen. Wenn Deutschland wieder souverän über sein Schicksal entscheiden soll, dann muss es dafür auch kämpfen können. So viel Weitsicht muss man haben.
Als in Deutschland die Wehrpflicht abgeschafft wurde, warnten viele Kritiker vor den Konsequenzen. Führt man sich den gegenwärtigen Zustand der Bundeswehr vor Augen – war die Abschaffung der Wehrpflicht ein Fehler?
Natürlich war die Abschaffung der Wehrpflicht ein Fehler. Aber es war nur einer von vielen und in der Logik der etablierten Politik konsequent. Wir haben darauf hingewiesen, weit bevor Union und FDP damit um die Ecke kamen.
Mit dem Wiederaufflammen des Nahost-Konfliktes ist der Krieg in der Ukraine schlagartig aus der Öffentlichkeit gerückt. Generell hat man den Eindruck, es herrscht im Westen eine gewisse Kriegsmüdigkeit vor. Was bekommst du davon im Verteidigungsausschuss mit? Wie wird die Entwicklung in den kommenden Monaten aus deiner Sicht verlaufen?
Die Stimmung im Verteidigungsausschuss ist tatsächlich seit einigen Wochen eher gedrückt. Das liegt sicherlich an der militärischen Lage in der Ukraine, aber auch an den inneren Unstimmigkeiten der Altparteien in Hinsicht auf die Palästinafrage. Und natürlich sind die westlichen Gesellschaften nicht auf Krieg ausgelegt, ganz im Gegenteil. Materiellen Verlust kennen die Russen im Gegensatz zu den Westeuropäern durchaus besser. Hierzulande werden Durchhalteparolen mit dem Verweis auf irgendwelche Werte nicht ausreichen. Und die Verteuerungserscheinungen sind ja nur der Anfang. Eine echte Müdigkeit wird erst noch einsetzen.
Abschließend: Es liegen Jahrzehnte mit einschneidenden geo- und weltpolitischen Entwicklungen und Umbrüchen vor uns. Welche Rolle müssten Deutschland und die Bundeswehr im 21. Jahrhundert angesichts dessen einnehmen, um auch tatsächlich deutsche Interessen zu vertreten?
Deutschland muss eine wesentliche Rolle in Europas Stabilität einnehmen. Und das bedeutet sowohl die Emanzipation von der US-Hegemonie, als auch die gezielte Kooperation mit unseren europäischen Nachbarn. Natürlich besteht die Gefahr, dass Ressentiments und alte Revanchismen gegeneinander ausgespielt werden. Aber das passiert auch heute bereits. Das müssen wir überwinden. Deutschland ist aufgrund seiner geografischen Lage und Geschichte ein Pfeiler europäischer Ordnung und Harmonie. Es gilt daran anzuknüpfen und Europa beim Wandel zu einem echten Pol in einer multipolaren Weltordnung zu verhelfen. Das geht nicht über Nacht, aber nur darin liegt die Möglichkeit für eine Zukunft in Selbstbestimmung.
Lieber Hannes, herzlichen Dank für das Gespräch!