Ein Artikel von Addendum zeigte jüngst auf, dass das Netzwerk hinter der Wahl von Selenskyj zum ukrainischen Präsidenten auch hierzulande tätig ist. Und dass die Spur bis zu Heinz-Christian Strache und der FPÖ führt.
Strache entpuppt sich mehr und mehr als nicht-idealistischer Opportunist. Durch das Ibiza-Video kam Evidenz an die Öffentlichkeit, dass er Finanzierung aus dem Ausland erhalten hatte. Ein Rechercheartikel des Magazins Addendum führt diese Finanzierung auf den ukrainischen Oligarchen Ihor Kolomoiskyj zurück. Derselbe Mensch hatte Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj einst eine Rolle im TV-Drama „Diener des Volks“ verschafft, angeblich als Vorbereitung auf seine spätere Kandidatur.
Vom Filmheld zum Präsidenten
Die Geschichte der Serie zeichnete einen Präsidentschaftswahlkampf ab, wie ihn sich liberale westliche Kräfte in der Ukraine gewünscht hätten: Selenskyjs Charakter ist Geschichtslehrer und kommt als Außenseiter in die Politik, weil er von der Korruption im Land angewidert ist. Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten stehen hinter ihm statt einem Oligarch die Spenden des Volks, das sich endlich eine freie Demokratie wünscht. Natürlich gewinnt er, repariert das geschundene Land und bringt es sogar näher an die EU. Ein liberales Märchen.
Mit seinem Wahlkampf sollte dieses Märchen in die Realität getragen werden. Natürlich sah es tatsächlich sehr anders aus: Der Sender, der die Serie ausgestrahlt hatte, „1+1“, gehört zu 70% einem ukrainischen Oligarchen namens Ihor Kolomoiskyj. Dieser hatte vor Beginn der Serie mit Selenskyj Verträge abgeschlossen und ein Firmennetzwerk gegründet. Und der Anwalt von Selenskyjs damaliger Comedy-Gruppe hatte bereits vor Beginn der Serie eine Partei angemeldet.
Selenskys Vorgänger und Gegner im Präsidentschaftswahlkampf, Petro Poroschenko, war mit Kolomoiskyj zerstritten: Kolomoiskyj hatte unter ihm eine Zeit lang eine Gouverneur-Position in der Ukraine besetzt, bis es zum Streit zwischen den beiden kam. Indem er einen Kandidaten aufbaute, der Poroschenko schließlich stürzte, nahm Kolomoiskyj vielleicht Rache: Nach dem Streit war er einige Zeit im selbstgewählten Exil in Israel, am Tag von Selenskyjs Wahl kehrte er in die Ukraine zurück.
Die Serie wird mittlerweile als strategische Vorbereitung Selenskyjs späteren Wahlkampfes betrachtet. Die einzige Gemeinsamkeit: Selenskyj gewann und brachte die Ukraine näher an den Westen. Westliche Medien kritisierten aber bereits damals korrekt, dass Kandidaten ohne Unterstützung von Oligarchen keine Chance in der Ukraine hätten: Die Medien liegen so fest in der Hand der Reichsten, dass außenstehende Kandidaten einfach nicht ausgestrahlt werden.
Bis nach Österreich
Kolomoiskyj ist ein aus der Ukraine stammender Milliardär, der aber mittlerweile in mehreren Ländern agiert. Sein Geld dürfte er durch Verbrechen und Korruption gewonnen haben. In der jüngeren Geschichte der Ukraine zeichnete er sich vor allem dadurch aus, verschiedene private Milizen (z.B. Azov) mitfinanziert zu haben, um sich im chaotischen Umfeld persönliche Macht zu verschaffen. Mit Selenskyj verbindet ihn, dass dieser aus der Region stammt, in der Kolomoiskyj Gouverneur war, sowie dass beide stolze Juden sind.
Kolomoiskyjs Einfluss erstreckt sich bis nach Österreich, wie der Addendum-Artikel zuletzt recherchiert hat, sogar bis in die österreichische Politik, genau gesagt: Zur FPÖ. Der Name „Kolomoiskyj“ fällt im berüchtigten „Ibiza-Video“, im losen Kontext zu Investments in Österreich. Addendum verband das mit zwei Skigebieten, die eine Gruppe Ukrainer, hinter denen wahrscheinlich Kolomoiskyj steht, in Österreich erworben haben.
Zusammen mit dem österreichischen Kleinunternehmer Thomas Schellenbacher. Alleine waren seine wirtschaftlichen Erfolge mäßig gewesen, aber seit seiner Anteilname beim Kauf der Skigebiete stiegen ukrainische Oligarchen in seine Firmen ein und zogen in von ihm besessene Immobilien. Dadurch bekamen einige von ihnen eine Aufenthaltsberechtigung in Österreich, unter anderem ein Mann namens Viktor Babuschtschak. Und Strache und Gudenus gratulierten, wie Screenshots beweisen, diesem Babuschtschak auf Facebook zur erfolgreichen Wahl von Selenskyj.
Später wurde Schellenbacher FP-Abgeordneter. Ohne jegliche politische Erfahrung, aber angeblich mittels einer 10 Millionen Euro hohen Spende seiner ukrainischen Kontakte. Durch ihn erhofften sich die Ukrainer wohl Einfluss auf die Partei.
Wahrscheinlich war es Kolomoiskyj egal, mit welcher Partei er hier zusammenarbeitet. In der Ukraine dürfte Politik kaum ideologisch sein, sondern bloß ein Machtkampf zwischen verschiedenen Oligarchen. Kolomoiskyj muss sich vorgestellt haben, dass es hier ähnlich abläuft. Strache war wohl am ehesten bereit, so eine Kooperation einzugehen.
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