Für mehr ausländische Fachkräfte, Neutralität in der Frage nach einem Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer und vieles mehr. Die Chemnitzer AfD ist im lokalen Wahlomat nicht wiederzuerkennen. Doch ist diese Einstellung repräsentativ für den gesamten Kreisverband? Wir haben nachgefragt.
Ein Beitrag von Vincenzo Richter
Die TU Chemnitz hat für die anstehende Kommunalwahl am 9. Juni einen Wahlomat erstellt, der explizit auf kommunalpolitische Fragen ausgerichtet ist. Doch wer diesen aus rechter Perspektive ausfüllt, landet schnell bei nur ungefähr 60 Prozent Übereinstimmung mit der örtlichen AfD. Ein Blick in die gegebenen Antworten schafft Klarheit über die dahinterstehenden Zusammenhänge. Offensichtlich wurden aus den Reihen der Chemnitzer AfD Positionierungen eingereicht, welche teilweise links der CDU stehen. Viele fragen sich daher: handelt es sich hier um ein vollkommen falsches Taktieren vor der ebenfalls zeitnah anstehenden Landtagswahl, um sich der CDU anzubiedern? Beginnen Teile der Alternative selbst zur Kartellpartei im Dienste des Großen Austauschs zu werden oder ist die Kommunikation intern einfach gänzlich schief gelaufen?
AfD neutral bei Flüchtlingsfrage?
Angesprochen auf klassische – aus rechter Sicht eigentlich vollkommen klare – migrationspolitische Fragen gerät die AfD dabei direkt ins Schwimmen. Angesprochen auf die Frage, ob die Stadt Chemnitz zusätzliche „Geflüchtete“ aufnehmen sollte, positionierte sich die AfD im Wahlomat „neutral“. Selbst die CDU äußerte sich an der Stelle (obgleich mutmaßlich ihrer gewohnten Strategie der Heuchelei und Wählertäuschung folgend) rigoroser und lehnte die Aufnahme weiterer sogenannter Flüchtlinge in der Stadt offen ab. Als Begründung für ihre Einordnung führte die Alternative an, die Aufnahme weiterer Flüchtlinge nur dann zu befürworten, wenn diese ihre Identität sowie Fluchtgrund nachweisen könnten. Die Tatsache, dass Flucht grundsätzlich ab dem ersten erreichten sicheren Staat bei Weiterreise zu Migration wird und die BRD nicht an „unsichere Herkunftsländer“ grenzt, wurde dabei mit keiner Silbe erwähnt.
AfD für Anwerbung ausländischer Fachkräfte?
Auf die Frage, ob Chemnitz und die Stadtgesellschaft sich mehr darum bemühen müsse ausländische Absolventen der TU Chemnitz nach ihrem Studium in Chemnitz zu halten und in den Arbeitsmarkt zu integrieren, antwortete die AfD im Wahlomat mit voller Zustimmung. Auf Nachfrage des Heimatkuriers bekräftigte Nico Köhler, Vorsitzender der AfD Chemnitz diese Positionierung noch mit den Worten: „Eine Möglichkeit zur Erhaltung unserer Versorgung und unseres Lebensstandards ist hierbei die Anwerbung von arbeitswilligen Ausländern, welche schon ausgebildet sind oder sich hier ausbilden lassen.“ Das vollständige Statement von Nico Köhler befindet sich zur Transparenz am Schluss des Artikels.
Stimmen für Remigration auch in Chemnitzer AfD laut
Im Gegensatz zu dieser Positionierung von Nico Köhler gibt es innerhalb der Chemnitzer AfD jedoch auch andere Stimmen, die klar für Remigration stehen, wie im Verlauf der Recherche deutlich wurde. So erklärte der Fraktionsvorsitzende der AfD im Chemnitzer Stadtrat, Dr. Volker Dringenberg (MdL): „Natürlich stehen wir als AfD-Fraktion Chemnitz zu den bekannten Zielsetzungen der Partei und werden uns auch künftig derart im Chemnitzer Stadtrat einsetzen. Das beinhaltet insbesondere Remigration und kein Wahlrecht für nicht EU-Ausländer.“ Speziell der zweite Punkt dürfte vielen Wählern einen Stein vom Herzen fallen lassen, denn hier schien die von der AfD im Wahlomat eingereichte Position zunächst anders.
AfD neutral zu Wahlrecht von Nicht-EU-Ausländern?
Während sich sogar die CDU klar gegen diese selbst im linken Bereich des Overton-Fensters weit außen liegende Forderung ausspricht, lag hier die Antwort der Chemnitzer AfD bei „Neutral“. Fairerweise muss an dieser Stelle jedoch dazu gesagt werden, dass aus der angeführten Begründung hervor geht, dass der Verantwortliche offensichtlich die Frage nicht richtig verstanden hatte. In dieser Begründung stand: „Wenn jemand die Deutsche Staatsbürgerschaft hat, und keine weitere, dann gibt es damit auch kein Problem. Zu welcher Verschiebung von Entscheidungen es kommen kann, sieht man am Wahlverhalten von hier lebenden Türken, welche auch in der Türkei wählen dürfen“ Zum einen liegt die rechtliche Schnittmenge von Nicht-EU-Ausländern und Menschen mit ausschließlich Deutscher Staatsbürgerschaft begriffslogisch bei exakt null. Zum anderen ist statistisch evident belegt, dass in Deutschland lebende Türken gemäß dem Prinzip der ethnischen Wahl mehrheitlich ihre Präferenz für konservative Werte lediglich im Heimatland in die Urne legen. Hier hingegen wählt eine Mehrheit der Doppelstaatsbürger linke, „woke“ (weil migrationsfreundliche) Parteien.
AfD im Kampf gegen rechts?
Für Verwunderung sorgten ebenso die nächsten Fragen. Denn der Wahlomat beinhaltete im weiteren Verlauf auch Fragen zum Umgang mit Rechts- und Linksextremismus. Angesprochen darauf, ob verstärkt Projekte gegen Rechtsextremismus gefördert werden sollten, antwortete die Chemnitzer AfD ebenso wie auf die Frage, ob verstärkt Projekte gegen Linksextremismus gefördert werden sollten: Neutral. Auf diese Positionierung angesprochen antwortet Nico Köhler: „Wir stellen uns gegen jede Art von Extremismus, dabei ist es völlig egal ob er politisch oder aus dem Glauben (z.B. Islamismus) heraus motiviert ist.“ In einer idealen und utopischen Welt wäre dies zweifelsohne eine vernünftige Einstellung, falls man die gestellte Frage von der gelebten Praxis entkoppeln könnte.
Realitätsferne Vorstellungen
Denn nach herrschender Politik wird aktuell bekanntermaßen Linksextremismus gefördert, während Meinungsäußerungen von rechts als Extremismus bekämpft werden. Die neutrale Haltung zur Förderung von Projekten gegen Rechtsextremismus müsste aus Sicht jedes AfD-Mitglieds eigentlich unhaltbar sein, in Anbetracht dessen, dass der sächsische Verfassungsschutz die gesamte AfD (selbstverständlich aus an den Haaren herbeigezogenen Gründen) als „gesichert rechtsextremistisch“ einstuft. Ebenso ambitioniert ist die neutrale Positionierung im Wahlomat zu weiteren Projekten gegen Linksextremismus. Stattdessen sprach sich die AfD an anderer Stelle zunächst sogar noch für mehr „Sozialarbeiter im Bereich Antidiskriminierung und Demokratiebildung“ aus. Die zusätzliche Erklärung, dies nur zu befürworten, wenn jeder Extremismus gleichbehandelt werden würde, ist dabei offensichtlich realitätsfern.
AfD für mehr Verbote?
Für weiteres Kopfschütteln sorgte im Folgenden eine Positionierung der AfD im Chemnitzer Wahlomat für Alkohol- und Waffenverbotszonen in der Innenstadt. Wie wunderbar besonders letztere in der Anwendung funktionieren, kann in Sachsens einziger Waffenverbotszone, der Leipziger Eisenbahnstraße, begutachtet werden. Erst am Wochenende gingen hier wieder migrantische Gruppen, teils mit Macheten bewaffnet, aufeinander los. Die einzige nachhaltige Lösung für derartige Szenen kann nur eine Politik der Remigration sein. Dieses Merkmal sollte die AfD von den Kartellparteien unterscheiden.
AfD-Positionen im Wahlomat nicht repräsentativ!
Auf Nachfrage des Heimatkuriers bekräftigte Dr. Dringenberg, AfD-Abgeordneter im Sächsischen Landtag, dass die beim Wahlomat der TU Chemnitz eingereichten Positionierungen der AfD in vielen Teilen nicht dem Programm und dem Selbstverständnis der Partei und der Fraktion entsprechen. „Wir bedauern die ausgelösten Irritationen sehr. Diese entstanden durch die unabgestimmte Beantwortung der Fragen durch ein einzelnes Mitglied.“ Welches Mitglied dabei konkret für die Beantwortung des Wahlomats verantwortlich zeichnete, wurde nicht genannt.
Freie Sachsen: Die erzwungene Partei
Bekanntermaßen werden die Freien Sachsen aus den Reihen der AfD häufig sehr kritisch gesehen. Neben berechtigter Kritik am „Säxit“ stehen dabei Sorgen um verlorene Stimmen ganz oben auf der Agenda. Doch darf es die Verantwortlichen nicht verwundern, wenn in Sachsen, einem der rechtesten Bundesländer der Republik, eine neue Partei entsteht und erstarkt, welche sich in den genannten Fragen eben bereits zu Beginn klar positioniert. Ein lernender Blick nach Thüringen zu Björn Höcke und seinem AfD Landesverband hätte dabei in Sachsen schon öfter harte Lektionen ersparen können.
Verschiedene Kräfte innerhalb der AfD – perfekt für die Kommunalwahl
Während verschiedene, einander widersprechende Strömungen innerhalb einer Partei in Landes- und Bundestagswahlen hochproblematisch für den Wähler sind, stellt dies in der Kommunalwahl kein Problem dar. Denn diese ist stets kandidatenzentriert. Nicht die ganze Partei, sondern nur der lokale Kandidat muss gewählt werden. Eine perfekte Gelegenheit, um sich mit den Positionen des eigenen Kandidaten vor Ort zu befassen und entsprechend zu entscheiden, welche innerparteiliche Strömung man selbst unterstützen möchte.
Vollständiges Statement von Nico Köhler, Vorsitzender der AfD Chemnitz:
Im Sinne journalistischer Transparenz sei an dieser Stelle das gesamte Statement von Nico Köhler gegenüber dem Heimatkurier zu der Frage nach ausländischen TU-Absolventen aufgeführt: „Das politische Versagen der letzten Jahrzehnte hat uns im Wettbewerb zurückgeworfen. Grund dafür ist zum Einen die Abwanderung von gut ausgebildeten Fachkräften und gleichzeitig erreichen unsere Geburtenzahlen immer wieder Tiefpunkte neue Tiefpunkte. Dies führt dazu, nicht genügend Ausbildungsstellen besetzt werden können. Der Bereich Handwerk oder auch die Versorgung in der Kranken- und Altersversorgung sind dabei nur 2 Beispiele. Eine Möglichkeit zur Erhaltung unserer Versorgung und unseres Lebensstandards ist hierbei die Anwerbung von arbeitswilligen Ausländern, welche schon ausgebildet sind oder sich hier ausbilden lassen. Gerade ausländische Absolventen der TU sind dabei zu betrachten. Das hier erlangte Fachwissen darf nicht in andere Länder abwandern, denn dies führt zwangsläufig zur Stärkung dieser Länder uns langfristig zu einer Wettbewerbsmindung der deutschen Wirtschaft.“