Die Ostwahlen waren das Angstereignis der Altparteien im Vorlauf zur Bundestagswahl 2015. Mit der Wahl in Brandenburg ist nun auch die letzte der drei großen Wahlen dieses Jahr vorbei. Was bleibt? Oder besser: Wer bleibt übrig?
Nicht nur die WerteUnion steht nach den Ostwahlen vor dem Aus. Auch die traditionsreiche FDP, eine Partei, die zu Zeiten der Bonner Republik der Kanzlermacher war und von sich sagen konnte, dass es in Deutschland zwei große und eine wichtige Partei gebe, steht vor einem Scherbenhaufen.
FDP: Bei den Sonstigen
0,8 % Stimmenanteil. Die FDP ist jetzt im Panikmodus. Eine Krisenkonferenz an diesem Morgen sollte darüber entscheiden, ob man in der Ampel bleibt oder die Koalition im Bund platzen lässt. Erst hieß es, dass man doch bleibt, jetzt rätseln die Hauptstadtastrologen über einen zweideutigen Satz aus Lindners Erklärung. Wie dem auch sei, die FDP-Führung mag über das Schicksal der Ampel entscheiden, aber nicht über das Schicksal der FDP. Das ist besiegelt, jeder Versuch eines Kurswechsels käme jetzt zu spät.
Reaktion der Grünen: Taktische Wähler und Putin sind schuld
Die anderen Altparteien können das noch etwas entspannter angehen, denn bei ihnen ist allgemein noch mehr Polster nach unten da. Ricarda Lang, Co-Vorsitzende der Grünen, versucht den verpassten Landtagseinzug ihrer Partei damit zu erklären, dass Grünen-Wähler aus taktischen Gründen der SPD ihre Stimme gegeben hätten, um zu verhindern, dass die AfD stärkste Partei wird. Ihre Parteikollegin Katrin Göring-Eckardt hingegen gab russischer Manipulation Mitschuld am Wahlausgang. Man sollte dabei nicht vergessen, dass es sich um eine Vertreterin derselben grünen Partei handelt, die Gelder des aus dem Ausland mitfinanzierten Campact-Netzwerks angenommen hat.
CDU: Lieber in der Opposition
Friedrich Merz will von Konsequenzen auf Bundesebene nichts wissen und sieht das Wahlergebnis als Produkt äußerer Umstände, auf die die CDU keinen Einfluss gehabt habe. Bei der Brandenburger CDU hat man derweil entschieden, dass man unter diesen äußeren Umständen lieber auf der Oppositionsbank sitzen möchte, als eine Regierung zu verantworten. Generalsekretär Hoffmann erklärte, dass es für CDU und SPD keine Mehrheit und deshalb auch keinen Regierungsauftrag gebe und verwies den bisherigen Koalitionspartner auf das Bündnis Sahra Wagenknecht.
Sahra Wagenknecht: An uns führt kein Weg mehr vorbei
Sahra Wagenknecht kann den Wahlausgang in Brandenburg als Erfolg verbuchen. 13,5 % sind fast doppelt so viel wie die 7,7 Prozentpunkte, die die Linkspartei verloren hat. Dem BSW ist es eindeutig gelungen, Wählerschichten jenseits ostalgischer Rentner anzusprechen. Vor allem aber hat Wagenknecht recht, wenn sie erklärt: „An uns führt kein Weg mehr vorbei!“ Ohne das BSW reicht es auch in Brandenburg nicht mehr für eine Altparteienregierung. Solange die Brandmauer gegen die AfD hält, führt an ihm im Osten kein Weg mehr vorbei.
SPD: Profitiert von Protestwählern … gegen die AfD
Die SPD hat noch einmal den ersten Platz gemacht, nachdem Ministerpräsident Woidke sich im Wahlkampf von Olaf Scholz distanziert hatte. Der größte Teil der SPD-Wähler wählt die Partei aber weder aus Leidenschaft zur Sozialdemokratie noch aus Liebe zu Landesvater Woidke, sondern weil sie Angst vor der AfD haben. 75 % aller SPD-Wähler und immer noch 59 % aller CDU-Wähler gaben in einer Umfrage von Infratest Dimap an: „Ich bin zwar von meiner Partei nicht überzeugt, aber ich wähle sie, um eine starke AfD zu verhindern.“
AfD: Abwarten auf die Abnutzung der anderen
Die AfD hat in Brandenburg ihre beiden wichtigsten Wahlziele erreicht: Erstens die Sperrminorität, welche Verfassungsänderungen und auch einige Postenbesetzungen an der AfD vorbei ausschließt. Zweitens aber, und das ist wichtiger, ist eine mögliche große Koalition, die inzwischen auch im besten Fall gerade über die 51 % gekommen wäre, verhindert worden. Union und SPD können auch gemeinsam in Brandenburg nicht mehr regieren. Die SPD ist damit auf das BSW als Mehrheitsbeschaffer angewiesen. Der AfD-Fraktionsvorsitzende in Brandenburg, Dr. Hans-Christoph Berndt, sieht die größte Bedeutung der Wahl allerdings darin, dass die CDU in Brandenburg nun vor der Wahl stünde, entweder die Brandmauer zur AfD einzureißen oder unterzugehen.
Wen zerreibt die Brandmauer zuerst?
Die Tagesschau beruhigt zurzeit ihre Zuschauer damit, dass die AfD „radikal und radikal aussichtslos“ sei, weil sie ohne Koalitionspartner nicht die geringste Chance habe, jemals selbst an die Regierung zu gelangen. Sie stellt die an sich durchaus berechtigte Frage, „wie lange der Geduldsfaden der AfD-Fans reicht, wie lange sie eine Partei wählen, die es am Ende doch nie in die Regierung schafft.“ Nur funktioniert das auch in die andere Richtung. Wie der Staatsrechtler Ulrich Vosgerau hierzu feststellt, gibt es für das Altparteienkartell zwei Probleme: Erstens kannibalisiert bei einer reinen Anti-AfD-Wahlstrategie immer die jeweils aussichtsreichste Altpartei, also in Brandenburg die SPD, in Sachsen und Thüringen die CDU, alle anderen Altparteien. Ricarda Langs Schuldzuweisungen an die „taktische Wahl“ lassen grüßen und zeigen, dass die kleineren Altparteien nicht besonders erpicht darauf sind, um des höheren Wohls der AfD-Verhinderung endlos auf Mandate und Pfründe zu verzichten. Zweitens bleibt dann auch für die jeweilige Siegerpartei des Kartells kaum ein tragfähiger Koalitionspartner übrig. Woidke darf sich nun auf eine Regierung mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht freuen.