Politik ist Personalpolitik


Trump ist gewählt, und jetzt fragen sich alle: Was ändert sich dadurch? Trumps zweite Präsidentschaft wird man an den Personalentscheidungen bewerten können. – Ein Kommentar von Johannes Konstantin Poensgen

Trumps Wahl hat für einige Kontroversen gesorgt. Manche feiern, andere schimpfen darauf, dass überhaupt jemand sich für eine US-Präsidentschaftswahl interessiert; wieder andere, darunter auch ich, sind nach der Erfahrung mit Trumps erster Amtszeit vor allem skeptisch.

Doch es sind genug Argumente für und wider ausgetauscht worden, genug hohe und niedrige Erwartungen zu Trumps zweiter Amtszeit verkündet worden. Es ist an der Zeit, stattdessen zu fragen, woran man Trump denn messen soll. Da wir hier nicht aus einem Abstand von hundert Jahren die Geschichtsbücher zur Präsidentschaft Trump schreiben, sondern uns jetzt rasch ein Bild von seiner zweiten Amtszeit machen müssen, sollte es etwas sein, was sich recht schnell und eindeutig zeigt.

Viele erwarten, dass Trump dieses oder jenes Wahlversprechen umsetzt, diese oder jene Maßnahme durchsetzt. Doch über das meiste entscheidet er erstens nicht allein, zweitens braucht es Zeit, und drittens ist es kompliziert. Selbst unter berufsmäßigen Journalisten wird kaum jemand die Zeit haben oder fachlich in der Lage sein, sich etwa in die Details einer gerade laufenden Änderung des Einwanderungsrechts kompetent einzuarbeiten. Ich weiß, wovon ich spreche, ich habe mich schon das ein oder andere Mal mit amerikanischen Gesetzesanträgen beschäftigt, und es liest sich etwa so: „Nach diesem Antrag soll in Title 26 U.S.C. §123 Abschnitt a Unterabschnitt c Klausel 1 Unterklausel i dieses eine Wort durch ein anderes ersetzt werden.“ Amerikanisches Recht steht in der Tradition des englischen Common Law und ist, zumindest meiner Meinung nach, noch viel schwieriger zu verstehen als unser eigenes.

Für das beste Indiz werde ich deshalb, man verzeihe es mir, auf einen Satz zurückgreifen, der Helmut Kohl zugeschrieben wird: „Politik ist Personalpolitik.“ Kohl ist nicht unbedingt ein Politiker, der in rechten Kreisen als Vorbild gilt. Aber damit hatte er recht. Man kann den Satz auch auf Kohl selbst anwenden. Dass unter ihm als CDU-Vorsitzendem der Herz-Jesu-Sozialist Heiner Geißler zwölf Jahre lang Generalsekretär sein durfte, daran hätte man schon sehen können, was aus Kohls geistig-moralischer Wende einmal werden würde.

Das größte Problem jedes Menschen in einer so herausragenden Führungsposition ist nämlich, dass auch sein Tag nur 24 Stunden hat. Er kann kaum etwas wirklich selbst tun. All die Exekutivverordnungen, mit denen Trump nun verspricht, er werde „am ersten Tag“ eine ganze Reihe von Punkten seines Programms umsetzen, werden nicht von ihm selbst ausgearbeitet, wahrscheinlich noch nicht mal von jemandem, den er selbst ernannt hat, sondern von jemandem, der von jemandem ernannt wurde, den Trump ernannt hat. Oder jemandem, der von Trump ernannt wurde, aber nur, weil die Ernennung Trump von jemandem zum Unterschreiben vorgelegt wurde, den er vorher ernannt hat. Oder von jemandem, der von Trump ernannt wurde, nachdem seine Ernennung Trump zum Unterschreiben vorgelegt wurde. Ich denke, das Problem ist so anschaulich genug geschildert.

Wohin eine Regierung am Ende steuert, wird von dem kontrolliert, der die Personalpolitik kontrolliert. Deshalb sind Generalsekretäre in Parteien oft so mächtig. Deshalb will Elon Musk für sich selbst ein „Department of Government Efficiency“, was, wenn es tatsächlich entstünde, nichts anderes wäre als eine Abteilung mit der Hauptaufgabe, Leute zu entlassen.

Ganz entscheidend werden deshalb drei Fragen sein: Erstens, wer wird von Trump jetzt auf eines der hohen Ämter geschoben, wer wird Minister? Und dann: Wer bleibt Minister? In Trumps erster Amtszeit konnte man den Zerfall von MAGA am Abgang wichtiger Persönlichkeiten nachvollziehen, von Steve Bannon, dem Strategen und Medienmacher, bis zu Jeff Sessions, dem migrationskritischsten Justizminister, den die Vereinigten Staaten in diesem nun ja auch nicht mehr ganz jungen Jahrhundert bisher gehabt haben. Wer bis zum Ende blieb, war Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. Das Ergebnis war entsprechend. Von Kushner ist zurzeit nichts zu sehen. Es bleibt zu hoffen, dass das so bleibt.

Sessions ist inzwischen zu alt, aber Bannon kommt gerade aus dem Gefängnis, wo er für Trump gesessen ist. Wichtiger aber werden zwei Personen sein: Elon Musk und Tucker Carlson. Musk aus all den offensichtlichen Gründen und weil er als Person für den Seitenwechsel der Techgiganten steht. Das ist in den USA die einzige wirklich mächtige Fraktion, die ein Interesse hat, den Laden aufzuräumen. Zum anderen Tucker Carlson. Nicht alles, was er so von sich gibt, Stichwort Aliens, oder Nukleartechnologie ist dämonischen Ursprungs, kann man ernst nehmen, aber er ist mit großem Abstand das wichtigste Gesicht der alternativen Medien, ein Brecher aller möglichen Tabus und, wie Trump selbst, trotzt manchen Unsinns, den er redet, ein sehr intelligenter Mann.

Drittens – das wird am längsten dauern: Findet auch ein Wechsel auf den unteren Ebenen der Regierung statt? In Washington, D.C., einer mittelgroßen Stadt, deren Bevölkerung sprichwörtlich aus Regierungsbeamten, Lobbyisten und dazu einer meist schwarzen Unterschicht von Sozialhilfeempfängern besteht, erhalten die Demokraten regelmäßig nordkoreanische Wahlergebnisse. 92,4 Prozent stimmten für Kamala Harris. Dagegen kann man nicht anregieren. Das hat schon beim ersten Mal nicht funktioniert. Die Demokraten sind in den USA die Partei der Beamtenschaft; das heißt aber nicht nur, dass sie die Interessen der Beamten vertreten, sondern auch umgekehrt, dass die Beamtenschaft und damit der Staat ein Apparat ist, der nur einem Herrn dient.

Wenn hier wirkliche Umstrukturierungen stattfinden, dann kann Donald Trumps zweite Amtszeit ein Erfolg werden. Wenn nicht, nun, die Geschichte kennen wir.

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