Das Scheitern der Ampelverhandlungen bringt die FPÖ in eine sehr starke Position. Herbert Kickl scheint das verstanden zu haben.
Wer ebenfalls etwas verstanden zu haben scheint, sind die NEOS. Zumindest, dass eine liberale Partei sich in einer linksdralligen Rechtsverhinderungskoalition nur zum Pausenclown machen kann und am Ende froh sein muss, wenn sie am Wahlabend nicht unter den „Sonstigen“ geführt wird.
Herbert Kickl hat nun Bundeskanzler Nehammer zum Rücktritt aufgefordert. Das ist nur folgerichtig. Nehammer hat seine politische Existenz daran gebunden, dass es unter ihm keine Koalition mit Herbert Kickl als Person geben würde. Das Ergebnis ist, dass die FPÖ in den Umfragen nicht mehr bei den 28 Prozent steht, die sie bei der Nationalratswahl im September geholt hat, sondern zwischen 32 und 36 Prozent liegt.
Die FPÖ kann stark in die Verhandlungen gehen, denn jede Neuwahl würde sie weiter stärken. Wichtiger aber: Jede Neuwahl würde für Nehammer eine Koalition noch schwieriger machen. Nach manchen Umfragen könnte es sogar sein, dass eine ÖVP-SPÖ-Grünen-Koalition nicht über die 51 Prozent käme.
Nehammers Optionen …
Wenn Nehammer nicht mit der FPÖ koalieren will – und das heißt, nicht mit, sondern unter Kickl regieren will –, dann stehen ihm zwei Optionen offen: Er kann nur mit der SPÖ regieren. Eine solche Koalition hätte gerade einmal eine einzige Stimme Mehrheit. Jedes Gesetzgebungsvorhaben hinge dann entweder an der vollständigen Geschlossenheit der Regierungsparteien oder an Verhandlungen mit Teilen der Opposition. Gerade das wollte er mit den NEOS ja verhindern. Die andere Möglichkeit wären die Grünen. Also wieder eine Dreierkoalition, von der nicht zu erwarten ist, dass sie stabiler wäre als eine mit den NEOS.
… sind alle gut für die FPÖ
Alle diese Optionen sind gut für die FPÖ. Wenn Nehammer sich an seine Kanzlerschaft klammern will, dann kann er das nur um den Preis tun, das gesamte Altparteienkartell weiter zu schwächen. Die FPÖ kann weder die Volkspartei noch Nehammer in Person dazu zwingen, mit ihr eine Koalition einzugehen, und dasselbe gilt für die SPÖ. Aber die reinen Gegenkoalitionen gegen die FPÖ, ohne für irgendetwas zu sein, zermürben die Altparteien und stärken die FPÖ. Irgendwann kommen dann die Angebote. In fünf Ländern hat sich das inzwischen gezeigt, zuletzt in der Steiermark, wo die FPÖ mit Kunasek seit dem 18. Dezember auch den Landeshauptmann stellt.
Es gilt, Kurs zu halten
Alles, was die FPÖ jetzt machen muss, ist, den Kurs zu halten: Sich nicht auf etwas einlassen, bei dem die FPÖ zwar irgendwie mitspielen darf, aber dafür das Programm aufgeben müsste, für das sie gewählt wird. Die einzige Hoffnung der Altparteien ist, dass die FPÖ auf diese Weise entzaubert wird. Das kann aber nur noch passieren, wenn die FPÖ selbst schwere Fehler macht. Sie hat alle Karten in der Hand.
Wenn die Volkspartei an der Regierung beteiligt sein will, dann unter Kickl als Kanzler. Die FPÖ hat nicht den geringsten Grund, Nehammer im Amt zu halten.