Viele große Geschichten wären es wert, erzählt zu werden. Viele tapfere Männer hätten Denkmäler verdient. Doch sind uns unzählige von ihnen kaum in Erinnerung, obwohl sie nur ein Menschenleben von uns trennt. Heute vor 100 Jahren fand ein junger Mann seinen Tod, der sein ganzes Leben seinem Land gewidmet hatte. Der Freikorpsmann und Freiheitskämpfer Schlageter. Wir wollen ihn aus dem Vergessen holen.
Albert Leo Schlageter kommt am 12. August 1894 im süddeutschen Schönau zur Welt. Der Bauernsohn macht Abitur. Als 1914 die Welt in Flammen steht, meldet er sich freiwillig zum Frontdienst. Er wird mehrfach verwundet und erhält 1918 das Eiserne Kreuz für besonders riskante Patrouillengänge.
Einsatz bei den Freikorps
Nach dem Krieg studiert der junge Mann erst Theologie, dann Nationalökonomie. Doch das Schicksal hatte anderes mit ihm vor. Die junge deutsche Republik war nach 1918 keinesfalls befriedet. Im Inneren bedrohten kommunistische Putschversuche die Sicherheit. An den Grenzen kam es immer wieder zu neuen Angriffen, mit dem Ziel, das am Boden liegende Deutschland weiterer Gebiete zu berauben.
In dieser Schicksalsstunde rief Schlageter sein Gewissen. Er brach sein Studium ab und trat einem Freikorps bei. Diese Freiwilligenverbände bekämpften linksradikale Aufstände und sicherten die Grenzen im Osten des Deutschen Reiches. Der junge Idealist machte sich schnell einen Namen. Er führte eine Batterie im baltischen Freiheitskampf und leistet mit seinen Männern einen entscheidenden Beitrag bei der Befreiung Rigas von den Bolschewiken.
Französische Besatzung des Ruhrgebiets
In der Folge nimmt er 1920 an der Niederschlagung sozialistischer Aufstände im Ruhrgebiet teil, dient als deutscher Agent und bekämpft die völkerrechtswidrige polnische Besetzung Oberschlesiens. Ein wahres Beispiel deutschen Kampfesmuts und Heimatliebe – doch seine größte Tat steht ihm erst noch bevor.
Das Jahr 1923 war schrecklich. Französische und belgische Truppen marschieren ins Ruhrgebiet ein. Das Ausbleiben einer Holzlieferung im Rahmen der Deutschland nach dem Weltkrieg auferlegten Reparationszahlungen diente als Vorwand für die Okkupation. Eigentliches Ziel war es, die deutsche Kohle- und Erzproduktion nach Frankreich „umzuleiten“. Selbst Großbritannien verurteilte die Ruhrbesetzung als illegal.
Das Leiden der Zivilbevölkerung ist enorm. Während im von Armut, Arbeitslosigkeit und Krise geplagten Deutschen Reich Kinder verhungern, müssen die fremden Soldaten fürstlich von den Ruhrbewohner versorgt werden. Selbst für jeden mitgebrachten Militärhund der Franzosen muss täglich ein Liter Milch abgeliefert werden. Hunderte Zivilisten, die sich widersetzen, werden ermordet oder misshandelt.
Freiheitskampf und Märtyrertod
Schlageter und seine Kameraden gehen sofort zur Tat über. Sein „Stoßtrupp Essen“ hat die Aufgabe, wichtige Transportlinien der Franzosen zu unterbrechen, über die die Besatzer ihre Raubgüter nach Frankreich schaffen. Der Widerstand ist erfolgreich. Vom 19. März bis Ende August werden 180 Sabotageakte gegen den französischen Frachtverkehr verübt. Der wirtschaftliche Schaden am Ruhrgebiet konnte so drastisch verringert werden.
Albert Leo Schlageter gab dafür sein Leben. Am 15. April sprengte Leutnant Schlageter eine Eisenbahnbrücke bei Kalkum, Düsseldorf. Er wird von einem Spitzel denunziert, in einem Essener Hotel festgenommen und am 26.05.1923 von den französischen Besatzern im Alter von 29 Jahren hingerichtet. Er weigerte sich bis zuletzt, um Gnade anzusuchen.
Heute mag dieser deutsche Märtyrer kaum noch jemandem bekannt sein – damals galt er Unzähligen über Parteigrenzen hinweg als Held.
Schlageter: Ein vergessener Volksheld
Bergmänner und ehemalige Soldaten, rote Gewerkschafter und Freikorpsmänner, Nationalisten und patriotisch gesinnte Linke hatten im Ruhrgebiet Widerstand gegen Besatzung und Ausbeutung ihrer Heimat geleistet. Schlageter galt ihnen allen als Volksheld. Sein Leichenzug zur Begräbnisstätte war in allen Dörfern des Weges mit Menschenmassen geschmückt.
Leutnant Albert Leo Schlageter ist Symbol einer ganzen Generation. Er war klug und tatkräftig, hätte nach seinem Abitur und dem überstandenen Krieg sein Studium absolvieren und ein gutes Leben führen können – doch sein Pflichtgefühl war stärker. Als der Ruf erklang, die Grenzen der Heimat zu schützen, zögerte er nicht einen Moment. Weder 1914 noch 1919.
Er gab seine gesamte Existenz auf und tauschte sie gegen Jahre des Kampfes um sein Vaterland – selbst den Tod scheute er nicht. 100 Jahre später ist er immer noch ein leuchtendes Vorbild für Opferbereitschaft, Tatkraft und unermüdlichen Einsatz für Volk und Heimat.
Ein Bauernsohn, geadelt durch seinen Lebensweg.
Ruhe in Frieden!