EU-Spitzenkandidat Maximilian Krah (AfD): „Es geht uns um eine europäische Neugründung“

Maximilian Krah wird die Alternative für Deutschland im kommenden Jahr in den Europawahlkampf führen. Wir haben mit dem gebürtigen Dresdner über seine Vision für Europa, die Zusammenarbeit mit anderen Rechtsparteien, die Gefahr einer US-Vasallität durch Renationalisierung sowie die Chancen der Multipolarität gesprochen.

Maximilian Krah steht neben Björn Höcke wie kein anderer für eine grundsätzlich-weltanschauliche statt reaktiv-opportunistische Ausrichtung der AfD. Umso erfreulicher, dass er im kommenden Jahr die Partei in den Europawahlkampf führen wird – in Zeiten von kommunalen Wahlsiegen und Umfragehochs eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe. Wir haben mit dem gebürtigen Dresdner ausführlich über seine Pläne und Vorhaben gesprochen.

Sehr geehrter Herr Krah! Sie wurden bereits am vorletzten Wochenende zum Spitzenkandidaten für die Europawahlen 2024 gewählt. Welche Vision einer alternativen Europapolitik schwebt Ihnen konkret vor?

Alternative Europapolitik bewegt sich zwischen zwei Polen: Dem EU-Superstaat einerseits und der kompletten Renationalisierung andererseits. Dass wir die heutige EU ablehnen versteht sich von selbst. Sie hat sich zu einem bürokratischen Monstrum entwickelt, dessen Agenda unseren Idealen und auch dem wahren europäischen Geist entgegengesetzt ist: Klima, Gender, Einwanderung und Krieg. Interessanterweise erkennen auch die Linken, dass die heutige EU nicht für die Zukunft taugt und wollen sie deshalb in einen Superstaat überführen. Insofern sind wir mit unserer Kritik nicht allein. Einen solchen Superstaat lehnen wir natürlich erst recht ab, er wäre ein Dystopie mit Menschenrecht auf Abtreibung und auf Einwanderung. Aber auch die reine Renationalisierung hilft nicht. Zum einen, weil es Dinge gibt, die einfach gemeinsam erledigt werden müssen, wie etwa Handel, Zölle, Kooperation bei Strafverfolgung et cetera, aber auch, weil wir in der aufziehenden neuen multipolaren Weltordnung nur gemeinsam agieren können, wenn wir nicht zu US-Vasallen werden wollen. Und wer die reine Renationalisierung fordert, der will auch genau das. Die Finanzierung der einschlägigen Organisationen in Brüssel spricht da auch Bände. Insofern geht es uns um eine europäische Neugründung, für die man als grobe Faustregel nehmen kann: Nach innen verschieden, nach außen geeint.

Eine solche Vision wird sich notwendigerweise auch strukturell und organisatorisch niederschlagen. Wie wird sich die EU-Fraktion der AfD durch Ihre Führung verändern?

Mir geht es vor allem um Teamgeist und Verankerung in der Partei. Die erste AfD-Delegation von 2015 hat sich ja vollkommen aufgelöst. Die zweite von 2019 hat sich dank Meuthen eher als Gegenspieler von Bundespartei und Bundestagsfraktion verstanden denn als Gemeinschaft und auch nach innen nie wirklich an einem gemeinsamen Strang gezogen. Das hat sich unter seinem unseligen Nachfolger zu einem offenen Kampf gegen jene Kollegen ausgeweitet, die an der Programmatik der AfD festhalten wollten, mich zuvörderst. Die Verankerung in der Partei ist meines Erachten mit den neuen Kandidaten gesichert. Nun geht es darum, dass wir nicht als Club der Einzelkämpfer, sondern als Mannschaft auftreten, und hierbei ist das Wahlprogramm der Maßstab. Ich bin eigentlich immer Optimist und so auch hier: Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Mannschaftsspiel sind gegeben.

Nach dem zweiten Wochenende in Magdeburg stehen die Kandidaten für die Europawahlen fest. Wie zufrieden sind Sie mit der Liste? Ein Mitglied der Jungen Alternative kommentierte, sie sei jugendlicher, organischer, stabiler – würden Sie dem zustimmen?

Ja, auf jeden Fall. Ich bin sehr mit der Liste zufrieden. Ich freue mich auf den Wahlkampf mit dieser Truppe!

Ein wichtiges Anliegen von Ihnen ist die Vernetzung mit anderen Rechtsparteien auf EU-Ebene – am Parteitag hat man etwa den Beitritt zur ID-Partei beschlossen. Wie kann man sich den aktuellen Zustand der europäischen Rechten vorstellen – und wo wollen Sie hin?

Wir werden auf EU-Ebene nur im Verbund mit Gleichgesinnten erfolgreich sein, was bei einer internationalen Zusammenarbeit auch immer eine gewisse Lässigkeit einschließt: Jedes Land ist anders, insofern muss jede Partnerpartei ihren Weg selbst definieren. Ich bin selbstbewusst: Die AfD ist derzeit die spannendste Rechtspartei Europas. Wir widerlegen die konventionelle Weisheit, dass nur Anpassung an die Zentristen für eine Rechtspartei Erfolg bringen kann. Das bringen wir ein. Bei unseren Partner in der ID sehe ich da große Offenheit. Ich hoffe, dass sich weitere Parteien, gerade auch neue Bewegungen, uns anschließen werden und die ID so zu einer ID-Plus werden kann. Ich war und bleibe skeptisch bei Plänen, alles, was rechts der CDU so kreucht und fleucht, in einer Fraktion zu vereinen. Jede Fraktion muss doch ein Mindestmaß an inhaltlicher Homogenität aufweisen, eine reine Reduzierung auf Machtgewinn trägt nicht, denn es verlagert politischen Streit in die Fraktion. Das gehört bei Alltagsfragen dazu, aber nicht bei Grundsatzfragen. Die Frage von Krieg und Frieden zum Beispiel sollte innerhalb einer Fraktion klar sein.

Für Diskussionen sorgte im Vorfeld auch der von einigen AfD-Politikern, darunter Björn Höcke, geforderte NATO-Austritt Deutschlands. Die Causa wurde intern (vorerst) geklärt. Gerade im Hinblick auf die umwälzenden Ereignisse in Afrika – welche geopolitische Vision kann und muss die AfD Ihren Wählern vermitteln?

Die Welt verändert sich grundlegend, aber unsere Sicherheitsarchitektur stammt aus den 1950ern. Das ist ein Problem, wie wir spätestens bei der Sprengung von Nord Stream gemerkt haben. Tatsache ist aber, dass es derzeit keine Alternative zur NATO gibt. Hier ist konzeptionelle Vorarbeit notwendig, denn souverän ist im 21. Jahrhundert nur, wer Alternativen hat. Dazu müssen wir die Verteidigungsfähigkeit Europas schrittweise herstellen, so dass wir nicht auf Gedeih und Verderb auf eine USA angewiesen sind, bei der komplett unklar ist, in welche Richtung sie sich entwickelt. Der Ukraine-Krieg ist hier ein abschreckendes Beispiel, denn der große Verlierer dieses Krieges steht jetzt schon fest: Deutschland. Die Welt von morgen wird multipolar sein und sich gegen den globalen Machtanspruch des Westens wehren. Ohne eigene Verteidigungsfähigkeit stecken wir in diesem Konflikt unlösbar auf Seiten der USA drin – das widerspricht aber unseren Interessen. Wir wollen und sollen vom Aufstieg des globalen Südens profitieren. Genau diese Option zerstört die einseitig transatlantische Außenpolitik gerade. Hier ist insbesondere Frankreich deutlich klüger, weshalb wir gut tun, die deutsch-französische Partnerschaft zu pflegen.

In unserem letzten Gespräch sagten Sie im Hinblick auf das sogenannte „Vorfeld“, dass es „eine bessere Förderung freier Medien, mehr Präsenz von Politikern bei Veranstaltungen, personelle Verzahnungen und eine wechselseitige inhaltliche Befruchtung“ brauche. Welchen Beitrag wird die EU-Fraktion der AfD dazu künftig leisten?

Für mich ist das Vorfeld Kern unseres Erfolges. Ich werde mich mit Nachdruck dafür einsetzen, dass unsere Männer und Frauen aus dem Vorfeld bei allen möglichen Themen in unserer Delegation berücksichtigt werden. Von der Bestellung von Werbemitteln, über die Schaltung von Anzeigen bis hin zu Vorabinformationen und Veranstaltungen. Das schulden wir euch.

Abschließend: Welche Chancen bieten die Europawahlen im Jahr 2024 für die politische Rechte – sowohl für Deutschland als auch für ganz Europa?

Die politische Rechte hat jetzt die Chance, den Cordon Sanitaire zu brechen, die Ausgrenzung zu überwinden. Wir werden, anders als bisher, als klare Alternative auftreten. Sie sagen Klima-Gender-Einwanderung-Krieg, wir antworten mit Wohlstand-Familie-Volk-Frieden. Es gibt mit mir keinen Wettkampf um die Frage, wer die bessere CDU ist, die echte oder wir. Wir sind nicht die bessere CDU, wir sind die Alternative zur CDU und allen anderen Parteien. Deutschland krankt daran, dass der politische Diskurs nur zwischen Links und Mitte stattfindet. Den, das werden wir erreichen, verändern wir jetzt. Damit kommt enorm Bewegung ins Land, auch unterstützt durch die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Wir nehmen also Anlauf für die Bundestagswahl 2024. Und wenn sich Deutschland verändert – und es verändert sich ja massiv – verändert sich auch ganz Europa. Wir sind mitten in einem grundlegenden politischen Wandlungsprozess, und das als Akteure. Das bedeutet aber auch: Die Angriffe werden härter, der Kampf beginnt eigentlich erst.

Sehr geehrter Herr Krah, herzlichen Dank für das Gespräch!

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