Seit fünf Jahren vertritt Roman Haider die FPÖ im EU-Parlament. In Straßburg konnten wir mit dem Oberösterreicher über den von der EU-Kommission vorangetriebenen „Green Deal“, die Blockadehaltung gegenüber der patriotischen Opposition sowie die möglichen Allianzen nach der kommenden Wahl sprechen.
Wie Systemmedien wie der „Standard“ ausführlich berichtet haben, waren auf Einladung der FPÖ bei der vergangenen Plenarsitzung des Europäischen Parlaments in Straßburg zahlreiche alternative und freie Medien vor Ort. Der Heimatkurier hat dieses Gelegenheit genutzt, um mit dem FPÖ-Abgeordneten Roman Haider ein ausführliches Gespräch über die ideologischen Großprojekte der EU, die Blockade der patriotischen Opposition sowie die Aussichten nach der kommenden Wahl zu sprechen.
Sehr geehrter Herr Haider. Hinter Ihnen liegen fünf Jahre Legislatur im EU-Parlament. Was für ein Fazit ziehen Sie, nachdem sie die Europäische Union in der Praxis erlebt haben?
Roman Haider: Es ist natürlich kein gutes Fazit, wobei ich schon vorher sehr kritisch war. Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich immer ein Befürworter der EU war und nach wie vor der Meinung bin, dass wir eine europäische Zusammenarbeit brauchen. Doch je länger ich hier bin, umso mehr sehe ich, dass es gar nicht um Zusammenarbeit geht. In Wahrheit wollen die Eliten – allen voran die Kommission – eine totale Entmachtung der Mitgliedstaaten und eine Art von Vereinigten Staaten von Europa. Das ist genau das, was wir Freiheitliche verhindern wollen: wir wollen ein Europa der Vaterländer. Wir wissen, dass wir in manchen Bereichen eine enge und gute Zusammenarbeit brauchen, etwa beim Binnenmarkt. Aber aus den meisten anderen Bereichen sollte sich die EU heraushalten: wir brauchen keine Schuldenunion, wir brauchen keine Sozialunion und wir brauchen schon gar keine Verteidigungsunion – das werden sie von einem österreichischen Politiker aus dem neutralen Österreich auch natürlich nicht verlangen können, denn das ist in Wahrheit NATO. Das heißt, wir brauchen wieder eine Rückverlagerung der Kompetenzen zu den Mitgliedstaaten. Das erkenne ich immer mehr, je länger ich hier bin. Neben diesem Subsidiaritätsthema ist in den letzten Jahren und speziell in dieser Legislatur unter Kommissionspräsidentin von der Leyen noch ein Aspekt hinzugetreten: der Green Deal. Also das Bestreben, bis 2050 die CO2-Emissionen auf Null runterzufahren – koste es, was es wolle, auch unter Zerstörung unseres Wohlstands, unserer Industrie, unserer Wirtschaft, unserer Art zu leben und in Wahrheit unserer Zukunft. Es ist eine fatale Politik in einer neuen Qualität, die in den letzten fünf Jahren die EU ergriffen hat und das Zeug dazu hat, Europa in den nächsten fünf Jahren wirtschaftlich zu zerstören. Dagegen kämpfe ich.
Was sind abseits dieser ideologischen Großprojekte die absurdesten Dinge, die man im täglichen Betrieb als Abgeordneter mitbekommt? Es soll hier im Haus zum Beispiel nicht einmal Warmwasser geben.
Naja, das ist ja der springende Punkt: diese Wahnsinnigen hier, oder wie Harald Vilimsky sie nennt, diese Honks, maßen sich an, Europa regieren zu wollen und sind nicht einmal in der Lage, hier im Haus für warmes Wasser zu sorgen. Davor gab es einen Legionellenbefall und das bekommt man seit Jahrzehnten nicht in den Griff. Also es ist in Wahrheit lächerlich, was da passiert. Aber eine viel wesentlichere Sache ist, dass wir von den anderen Fraktionen blockiert und negiert werden. Die Rechte, die allen anderen Fraktionen zustehen, werden unserer Fraktion, der Fraktion Identität und Demokratie, vorenthalten. Uns würde zum Beispiel ein Vizepräsident des Parlaments zustehen, wenn einer von uns kandidiert. Doch den gibt es nicht, weil es immer einen Gegenkandidaten gibt, der dann von den anderen gewählt wird. Was in jedem Gemeinderat selbstverständlich ist – wenn einer Fraktion Positionen in Funktionen oder Ausschüssen zustehen, dann bekommen sie diese auch – gilt hier nicht. Wenn uns ein Ausschussobmann zustehen würde, gibt es auf einmal einen Gegenkandidaten von einer anderen Fraktion, der dann gewählt wird. Doch das geht noch weiter: ich bin Berichterstatter für Zentralasien und habe eine Monitoring Group im Rahmen des Ausschusses für internationalen Handel. Dort beobachten wir, wie sich die fünf zentralasiatischen Republiken wirtschaftlich entwickeln und diese stellen dann von Zeit zu Zeit Anträge, um ein besseres Handelsabkommen mit der EU zu erzielen. Wir beurteilen anschließend, ob sie dazu tatsächlich bereit sind oder noch Aufgaben zu erledigen haben. In dieser Funktion habe ich einen Bericht für Kasachstan angefertigt, der auch mit den anderen Fraktionen abgesprochen war. Als dieser dann zur Beschlussfassung in den Ausschuss gelangt ist, kommt eine Abgeordnete von der SPE-Fraktion, den Sozialdemokraten, zu mir und entschuldigt sich sinngemäß folgendermaßen bei mir: „Herr Haider, ihr Bericht ist toll, alles in Ordnung und ich unterstütze ihn. Aber ich kann nicht für ihn stimmen, da er von Ihnen, also der ID-Fraktion kommt.“ Absurder geht es nicht. Das ist völlig wahnsinnig und mit solchen Blödheiten hat man es hier zu tun.
Im Juni wird bekanntlich gewählt: sämtlichen Umfragen zufolge wird es einen massiven Rechtsruck in Europa geben – die Wähler wollen einen Kurswechsel. Wird diese Blockadetaktik, die Sie beschrieben haben, in Zukunft für die Systemparteien im EU-Parlament schwieriger?
Das wird nicht nur schwieriger werden, sondern ich bin der festen Überzeugung, dass es unmöglich sein wird. Laut den Umfragen hat unsere ID-Fraktion aus eigener Kraft das Potenzial zur drittstärksten Fraktion zu werden. Zudem gibt es auch die ECR-Fraktion mit der polnischen PiS, der spanischen VOX und der italienischen Fratelli d’Italia mit Georgia Meloni, mit denen wir zum Teil schon eng zusammenarbeiten. Wenn wir mit dieser Fraktion möglicherweise etwas Gemeinsames zustande bringen, dann haben wir auch die Chance, die Sozialdemokraten zu überholen und zur zweitstärksten Fraktion zu werden. Daraus könnte sich eine regelrechte Sogwirkung ergeben: wenn Orbans FIDESZ und andere Parteien, die aktuell noch bei den Fraktionslosen sind, noch dazukommen, könnten wir sogar die EVP überholen und im Haus zur stärksten Fraktion werden. Dann raucht es hier natürlich – und dann gibt es auch keine Blockadehaltung mehr.
Wie wahrscheinlich ist eine solche Zusammenarbeit? Oft scheitern derartige Allianzen an inneren Widersprüchen oder unterschiedlichen nationalen Interessen.
Das stimmt und derzeit spielt natürlich auch der Ukraine-Konflikt eine wesentliche Rolle. Die NATO-Staaten, die ja in der ECR sehr stark vertreten sind, können zum Beispiel mit unserer österreichischen Position der Neutralität nicht wirklich etwas anfangen – hier gibt es definitiv noch viel Gesprächsbedarf. Es gibt aber immer wieder sogenannte „windows of opportunity“, die man nutzen muss. Nach einer Wahl ist so ein Fenster beispielsweise offen.
Die EU-Eliten erkennen vor allem die Rolle freier und alternativer Medien zunehmend als Problem. Wir haben es während der Pressekonferenz gemerkt, wie unangenehm es den etablierten Journalisten war, wenn sie aus ihrer Komfortzone gerissen und mit anderen Fragen konfrontiert werden. Von der Leyen hat kürzlich den Kampf gegen Desinformation ausgerufen. Diese Woche wird das sogenannte „Medienfreiheitsgesetz“ diskutiert. Darin steht unter anderem, dass Medien vor willkürlichen Löschungen in den sozialen Medien geschützt werden sollen – etwas, was wir als patriotisches Medium ja sehr begrüßen würden. Doch was steckt hier tatsächlich dahinter?
Es ist ein Euphemismus, so wie immer, wenn es um eine Bezeichnung der EU geht. Das Medienfreiheitsgesetz ist in Wahrheit der Versuch, Zensur von oben zu verordnen. Dagegen kämpfen wir an. Digital Service Act, Medienfreiheitsgesetz – das alles schlägt in dieselbe Kerbe. Man will alle, die selbst denken, ihre eigenen Schlüsse ziehen und das auch noch öffentlich machen, an der Kandare nehmen und sie in ihren Rechten beschneiden. Dafür nimmt man sogar in Kauf, dass auf den großen Plattformen von Leuten Zensur ausgeübt wird, die bei den entsprechenden Themen in Wahrheit gar keine Experten sind. Was diesbezüglich in den nächsten Jahren auf uns zukommt, verheißt nichts Gutes. Da müssen wir auf jeden Fall sehr, sehr wachsam sein.
Ihre Botschaft an unsere Leser: Wie wird sich Europa nach den Wahlen im Juni verändern? Warum gibt es Grund zur Hoffnung? Welche Umbrüche werden erfolgen und wo werden wir in fünf Jahren stehen?
Ich setze meine ganze Hoffnung in die Wähler: es reicht nicht nur, uns bei den EU-Wahlen zu stärken. Sondern noch – und das sollte auch so bleiben – liegt die wahre Macht oder das letzte Wort beim Rat. Der Rat, das sind die Mitgliedsstaaten und in der Kommission sitzen die Kommissare, die ebenfalls von den Mitgliedsstaaten entsandt werden. Daher ist es zwar wichtig, dass im EU-Parlament die richtigen Parteien die Mehrheit bilden können – aber wichtig ist auch, dass im Rat jeweils die richtigen Minister aus den Mitgliedsstaaten entsandt werden. Darum ist es so entscheidend, dass patriotische Parteien – in Österreich die FPÖ, in Deutschland die AfD, in Italien die Lega und so weiter – in der Regierung sitzen. Dann fassen die richtigen Minister im Rat die Beschlüsse und dann werden die richtigen Kommissare von den richtigen Parteien nach Brüssel geschickt. Und nur dann haben wir wirklich eine Chance, diese verheerende Politik, die derzeit in Brüssel gemacht wird – und die durch die Präsidentin von der Leyen mit dem Fokus auf den Green Deal einen neuen Höhepunkt erreicht hat – in Zukunft zu beenden.
Abschließend: Ihre persönliche Mission in den kommenden fünf Jahren der nächsten Legislatur?
Mehr Kompetenzen zurück zu den Mitgliedstaaten. Dieser Moloch EU, diese Dystopie, diese Horrorvorstellung der Vereinigten Staaten von Europa – die gehört auf jeden Fall bekämpft. Die Mitgliedsstaaten müssen wieder gestärkt werden.
Sehr geehrter Herr Haider, herzlichen Dank für das Gespräch!