Zwei Monate nach dem Rücktritt von Gabriel Attal, der auf den zweiten Wahlgang der Parlamentswahlen folgte, kündigte der Generalsekretär des Élysée, Alexis Kohler, letzte Woche kurz vor 20 Uhr die Zusammensetzung der neuen Regierung unter Premierminister Michel Barnier an. – Ein Kommentar von Matisse Royer
Diese Regierung unter Michel Barnier umfasst 39 Minister: 19 Vollminister (vor allem für die sogenannten sujets régaliens, Souveränitätsaufgaben, die der Staat nach französischem Recht nicht delegieren darf), 15 Delegierte und 5 Staatssekretäre. Das zentristische Präsidentenlager hat bei der Zusammensetzung die Führung übernommen, mit etwa 10 Macronisten unter den 19 wichtigsten Ministerien und insgesamt 18. Sie erscheinen als die großen Gewinner der jüngsten politischen Auseinandersetzungen.
Liberalkonservativer Innenminister
Unter ihnen befindet sich Bruno Retailleau als neuer Innenminister, der am weitesten rechts stehende Minister in dieser Regierung. Die Frage stellt sich: Wird er besser abschneiden als sein Vorgänger Gérald Darmanin? Und mit welcher Unterstützung? Sicherlich wird er vom Bürgermeister von Valence, Nicolas Daragon (LR), unterstützt, der zum delegierten Minister für Alltagssicherheit ernannt wurde. Bei seinem Amtsantritt betonte Retailleau seine Prioritäten.
Bruno Retailleau erklärte: „Ich werde nichts nachgeben, ich werde keine körperlichen oder verbalen Angriffe gegen die Ordnungskräfte tolerieren. […] Die Botschaft ist klar: Die Franzosen wollen mehr Ordnung auf den Straßen, an den Grenzen.“ Er bestand auf seinen drei Prioritäten: „Erstens: Ordnung wiederherstellen. Zweitens: Ordnung wiederherstellen. Drittens: Ordnung wiederherstellen. Ich glaube an Ordnung als Bedingung für Freiheit. Wenn es keine Ordnung gibt, ist die Freiheit bedroht.“
Kann Retailleau jedoch tatsächlich eine feste und rechte Politik durchsetzen? Er ist ein Liberalkonservativer und geht die Gefahr ein, sich isoliert wiederzufinden. Tatsächlich untersteht er dem Justizminister Didier Migaud, dessen Ministerium im protokollarischen Rang dem des Innenministeriums übergeordnet ist. So wird der sozialistische Didier Migaud das politische Tempo vorgeben und Retailleau in eine verwundbare Position bringen. Außerdem hat die Linke bereits begonnen, ihn als „gescheiterten Jean-Marie Le Pen“ anzugreifen. Jean-Marie Le Pen, ist in der französischen Politikszene das Äquivalent des Teufels.
Macron kann zufrieden sein
Emmanuel Macron kann mit dieser Regierung zufrieden sein, in der seine Anhänger am stärksten vertreten sind. Was die republikanische Rechte betrifft, so scheint sie sich trotz unerwarteter Repräsentation zu einem Anhängsel der Zentristen entwickelt zu haben und eine Zweckallianz zu verfestigen. Es wirkt eher wie eine politische Komödie, während Frankreich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert ist. Dazu gehört die Notwendigkeit, einen Staat wieder in Ordnung zu bringen, der trotz seiner hohen Kosten Schwierigkeiten hat, qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen anzubieten. Die Justiz, die Polizei, das Militär, das Bildungswesen und die Krankenhäuser stecken in der Krise, während die Bürger und Unternehmen einer immer stärkeren Steuerbelastung ausgesetzt sind. Die Steuererhöhungen zur Deckung des Staatsdefizits verdeutlichen diese Herrschaft der Mittelmäßigkeit.
Regierung ohne Zukunft?
Für einige ist diese Regierung ohne Zukunft. Michel Barnier ist mit seinem Versuch gescheitert, sich unabhängig von Macron zu aufzustellen und zu etablieren. Dreifach umzingelt von den Macronisten im Élysée Palast, in der Nationalversammlung und in seiner eigenen Regierung, hatte er, angesichts seines begrenzten politischen Gewichts, nur wenig Handlungsspielraum. Jordan Bardella unterstrich diese Einschätzung und kündigte die Aussicht auf ein Misstrauensvotum an: „Diese ‚neue‘ Regierung steht für die Rückkehr des Macronismus durch die Hintertür. Was die Franzosen zweimal demokratisch sanktioniert haben, kann nicht durch klägliche Machtspiele und politisches Kalkül zurückkehren. Es ist daher eine Regierung ohne Zukunft.“ Ein Gefühl, das wohl Millionen von Wählern heute Abend teilen.